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„Sehr sympathisch“

Vom Flüchtling zum Bürgermeister – Ryyan Alshebl ist vereidigt

Seine Geschichte ging um die Welt: Anfang April wurde Ryyan Alshebl (29) zum Bürgermeister von Ostelsheim gewählt. Vor acht Jahren war er vor dem Krieg aus Syrien geflohen. Was erhoffen sich die Menschen in dem kleinen Dorf im Schwarzwald von ihrem neuen Bürgermeister?

Von Sonntag, 09.07.2023, 19:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Samstag, 08.07.2023, 22:26 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Auf seinem Schreibtisch im Rathaus häufen sich schon die Papiere: Als Bürgermeister von Ostelsheim in Baden-Württemberg muss sich Ryyan Alshebl in viele verschiedene Themen einarbeiten. Die schwäbische Gemeinde im Kreis Calw wählte den 29-Jährigen Anfang April mit einer absoluten Mehrheit von 55,41 Prozent zum neuen Rathauschef. Seine Geschichte ging um die Welt, denn acht Jahre zuvor war Alshebl vor dem Krieg in Syrien geflohen und als Flüchtling nach Deutschland gekommen. Seitdem ist viel passiert – und am Freitagabend wurde der junge Mann nun offiziell in seinem Amt vereidigt und verpflichtet.

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Doch Alshebl hat seine Arbeit im Rathaus schon vor ein paar Wochen begonnen. Den ersten Tag beschreibt er als „überwältigend“. Er fühle sich sehr wohl in der Gemeinde. Zuerst wolle er die Themen Kinderbetreuung und Kommunikation angehen. Auch eine lebendige Ortsmitte stand in seinem Wahlprogramm weit oben.

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„Sehr sympathisch“

Das ist den Anwohnern im Dorf besonders wichtig. Denn eine lebendige Mitte fehle derzeit in der ländlich geprägten Gemeinde im Nordschwarzwald. „Wir setzen große Hoffnung in ihn und freuen uns“, sagt ein 75 Jahre alter Rentner vor seinem Haus in Ostelsheim. Alshebl habe in seiner Zeit in Deutschland etwas geleistet.

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Der 42-jährige Max Völkl findet den neuen Bürgermeister sehr sympathisch. Alshebl sei auf allen Festen der Gemeinde präsent. Es habe ihn überrascht, dass der 29-Jährige direkt mit absoluter Mehrheit gewählt worden sei, sagt Völkl. Er sei ein Beispiel, dass Integration funktioniere.

„Geschichte geschrieben“

So erklärt sich auch Alshebl selbst die zahlreichen Anfragen, die ihn nach seiner Wahl erreichten. „Das war eine völlig neue und ungewöhnliche Situation“, erzählt er. Zum Teil sei er mit Journalisten aus Japan oder Südkorea in Kontakt gewesen. Mittlerweile habe er aber gelernt, damit umzugehen. Bei den meisten Anfragen gehe es um seinen „gesellschaftlichen Erfolg“, erklärt er. Es sei wohl auch in anderen Ländern alles andere als selbstverständlich, einen Menschen von weit außen in ein öffentliches Amt zu wählen.

„Wir haben Geschichte geschrieben“, sagte der gebürtige Syrer am Tag nach seiner Wahl. Ostelsheim mit seinen rund 2500 Einwohnerinnen und Einwohnern sei zum Symbol für Weltoffenheit und Toleranz geworden. „Das ist im konservativ geprägten ländlichen Raum nicht selbstverständlich“, erklärte er damals. Mit der Wahl habe man das Gegenteil bewiesen. Alshebl war als parteiunabhängiger Kandidat angetreten – privat ist er Mitglied bei den Grünen. Er hatte sich gegen zwei weitere parteilose Kandidaten durchgesetzt.

Mit Schlauchboot nach Lesbos

Laut Gemeindetag Baden-Württemberg gab es bisher keinen weiteren Bewerber mit syrischen Wurzeln um ein Bürgermeisteramt im Südwesten Deutschlands. Auch bundesweit ist dem „Netzwerk Junge Bürgermeister*innen“ kein weiterer Bürgermeister bekannt, der 2015 als Flüchtling nach Deutschland kam. Darüber hinaus sei Alshebl unter den 20 jüngsten hauptamtlichen Bürgermeistern in Deutschland.

Mit 21 Jahren floh Alshebl aus seiner Heimatstadt as-Suwaida im Süden von Syrien. Dort war er aufgewachsen und zur Schule gegangen. 2015 stand er wie viele Menschen im Land vor dem Dilemma, Kriegsdienst zu leisten oder Syrien zu verlassen. Alshebl entschied sich für die Flucht – er beschreibt sie als „kalt und dunkel“. Von Syrien sei er über den Libanon in die Türkei geflohen. Mit einem Schlauchboot habe er mit anderen Menschen auf die griechische Insel Lesbos übergesetzt.

Ein Novum

Nach seiner Ankunft in Deutschland ging es für ihn über Karlsruhe nach Calw. Dort lebte Alshebl eineinhalb Jahre in verschiedenen Wohnungen und lernte Deutsch. Auch bekam er den deutschen Pass. Nach einem Praktikum im Rathaus Althengstett absolvierte er eine duale Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten – und nun ist er Bürgermeister in Ostelsheim. Eine Wohnung im Ort hat Alshebl nach eigenen Angaben schon gefunden, im September will er umziehen.

Auf seine Vereidigung und Verpflichtung hatte sich der 29-Jährige sehr gefreut, wie er sagt. Diese fand bei einer feierlichen Gemeinderatssitzung in der Festhalle Ostelsheim statt. Zum ersten Mal sprach an diesem Abend ein Geflüchteter aus Syrien die offizielle Verpflichtungsformel für ein Bürgermeisteramt im Südwesten. (dpa/mig) Aktuell Panorama

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