Online vs. Offline
Digitalisierung: Wie sich das soziale Miteinander wandelt
Wo sich Menschen fremd sind, sind Vorurteile am größten. Die digitale Revolution rückt Menschen rund um den Globus näher zusammen, fördert den interkulturellen Austausch. Doch kann dieser Wandel auch Vorurteile abbauen?
Mittwoch, 19.07.2023, 0:48 Uhr|zuletzt aktualisiert: Freitag, 22.12.2023, 12:49 Uhr Lesedauer: 4 Minuten |
Die Gesellschaft befindet sich im Wandel. Damit sind nicht nur die globalen Migrationsbewegungen gemeint, die dafür sorgen, dass der weltweite kulturelle Austausch zunimmt und der Anteil der Personen mit Migrationshintergrund in der Bevölkerung immer weiterwächst. Auch wenn das eine nicht zu unterschätzende Integrationsherausforderung mit sich bringt, gibt es eine weitere Entwicklung, die unsere Gesellschaft nachhaltig verändern wird.
Gemeint ist das Digitale Zeitalter, von vielen auch – in Anspielung auf die industrielle Revolution – als digitale Revolution bezeichnet. Diese ist nicht erst vor kurzem entstanden, sondern findet ihre Anfänge in der Entwicklung des Internets und dem Verkauf der ersten Homecomputer für private Haushalte. Heute ist diese Entwicklung weit fortgeschritten. Internet ist mittlerweile allgegenwärtig und für jeden überall und günstig verfügbar. Computer werden im privaten Bereich immer mehr ersetzt durch Smartphones.
Diese Entwicklung beeinflusst unser Leben zunehmend: Kurzmitteilungen sind mittlerweile der neue Standard, um Neuigkeiten auszutauschen und Nachrichten bekommt man mittlerweile umfassender übers Internet wie über das Fernsehen oder die Tageszeitung. Letztere bieten mittlerweile ihre Tagesausgaben auch schon als digitale Version im World Wide Web an. Diese Entwicklung macht es augenscheinlich schwerer, als Gesellschaft miteinander zu agieren. Der persönliche Kontakt gerät immer mehr in den Hintergrund, Emotionen und Gefühle werden zunehmend über sog. Emojis übermittelt.
Die neue Realität
Sicherlich schafft die digitale Revolution auch viele neue Möglichkeiten über Grenzen und Kulturen hinweg. So entsteht seit einigen Jahren mit dem Bereich der E-Sport eine völlig neue Art von sportlichem Wettkampf, der es Spielern ermöglicht, sich weltweit miteinander in einem Spiel zu messen, obwohl man Tausende von Kilometern entfernt ist. Im Bereich der Architektur wiederum hat die digitale Revolution mithilfe der virtuellen Realität es geschafft, dass man durch Häuser wandern kann, die noch gar nicht gebaut wurden. Es wird das Gefühl vermittelt, als würde man sich in Echt durch ein Gebäude bewegen. Im Bereich der virtuellen Realität ist es möglich, etwas zu schaffen, das es so in Wirklichkeit gar nicht gibt – oder eigentlich nicht verfügbar ist.
Besonders eine Branche hat diese Vorteile erkannt und macht sich diese zunutze. Im Bereich des Online-Gamings gehen viele Anbieter dazu über, für Spieler nicht nur Spiele zu schaffen, sondern sie bieten diese in eine Form von virtueller Realität an. Was früher im Freundeskreis um einen Tisch herum stattfand, wird heute in virtuellen Räumen ausgetragen, mit Spielen, die noch vor 20 Jahren unvorstellbar waren. Selbst die klassischen Spielbanken oder Spieltreffs wie auf NetBet oder Tausenden anderen Anbietern verlagern sich zunehmend ins Digitale und übernehmen immer öfter den Nervenkitzel. Der direkte Kontakt mit anderen Personen, mit Freunden findet kaum mehr statt, auch der Smalltalk nur noch in virtuellen Räumen per Chat.
Nicht ohne Risiken
Diese Entwicklungen sehen Experten mit zahlreichen Risiken verbunden. Je weniger Austausch mit Menschen, desto größer das Risiko, den sozialen Halt zu verlieren. Im Falle von Glücksspielen drohen zudem wichtige Hürden wegzufallen, wenn man keine Freunde mehr um sich hat, die einen vor etwaigen Verlusten warnen. Wer alleine spielt, ist häufiger depressiv. Gerade Menschen mit Migrationshintergrund sind besonders anfällig, weil sie häufiger von den Hauptursachen für Glücksspielsucht betroffen sind: Arbeitslosigkeit, Langeweile und die Suche nach Abwechslung und Spannung. Vielen fällt es nicht leicht, den Spagat zwischen verantwortungsvollem Spielen und dem Streben nach „Kick“ und Spannung zu meistern.
Doch es gibt auch Vorteile dieser Entwicklung. In virtuellen Räumen trifft man auf Menschen, auf die man im echten Leben niemals begegnet wäre. Menschen aus anderen Ländern und Kulturen. Diesem Vorteil wiederum steht die Frage entgegen, ob der virtuelle Kontakt tatsächlich mit dazu beiträgt, dass Vorbehalte und Vorurteile abgebaut werden. Studien belegen, dass Vorurteile dort am größten sind, wo es zwischen Einheimischen und Einwanderern die wenigsten Kontakte gibt. Diese Studien beziehen sich jedoch auf Kontakte im realen Leben und nicht im Netz.
Die Dosis macht’s
Befürworter der virtuellen Realität sind überzeugt von den Vorteilen. Für viele Menschen in den Flüchtlingsunterkünften sind digitale Spiele die einzige Möglichkeit, ihre Zeit totzuschlagen, überhaupt mit anderen Menschen in Kontakt zu kommen oder mit ihren Familien zu reden über große Entfernungen hinweg – wenn auch virtuell. Asylbewerber dürfen in der Regel nicht arbeiten und müssen mehrere Monate, teilweise sogar Jahre warten, bis über ihre Asylanträge entschieden werden. Nicht selten folgt auf einen negativen Bescheid ein langwieriger Rechtsstreit vor Gericht.
Ob es zwischen der virtuellen Realität und der echten Welt tatsächlich ein Konflikt gibt, hängt entscheidend von der Dosis ab. Wer die Vorteile der virtuellen Realität nutzt, aber mit beiden Beinen im echten Leben steht, sollte auf der sicheren Seite sein. Sicherlich wird die Zukunft der virtuellen Realität auch davon abhängen, in welche Richtung sie sich entwickelt und ob sie richtig eingesetzt wird – sowohl von Anbietern als auch von Verbrauchern. Experten fordern bereits die Vermittlung von Medienkompetenz in Schulen, damit Jugendliche auf diese neue Welt vorbereitet sind. (dd) Panorama
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