Weggang von Burger Lehrern
Einige Kollegen besorgt: Ohnmacht und Anfeindungen
Nach zunehmenden rechten Anfeindungen werden die beiden Burger Lehrkräfte künftig an anderen Schulen unterrichten. Sie hinterlassen an ihrer ehemaligen Schule Unterstützer. Eine meldet sich zu Wort.
Von Silke Nauschütz Mittwoch, 19.07.2023, 14:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 19.07.2023, 11:32 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Nach dem angekündigten Weggang der beiden Lehrkräfte aus der Schule in Burg will sich ein Teil des Kollegiums weiter gegen Rechtsextremismus und für demokratische Werte stark machen. Künftig werde man dazu als Gruppe mit einer Stimme sprechen und nicht mehr einzeln auftreten, sagte Lehrerin Jette Schega der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag. Ein entsprechender Brief an das Schulamt, der bald von der Gruppe verschickt würde, solle das deutlich machen. Den Weggang ihrer Kollegen Laura Nickel und Max Teske bezeichnete Schega als „beschämende Reaktion“, der sich Schulamt, Schulleitung, aber auch das Lehrerkollegium nun stellen müssten.
Nickel und Teske hatten im April in einem Brandbrief tägliche rechtsextremistische Vorfälle an ihrer Schule öffentlich gemacht. Danach waren sie zunehmend rechten Anfeindungen ausgesetzt. Der Staatsschutz ermittele weiter in enger Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft, sagte ein Polizeisprecher der dpa. Die Polizei sei weiter mit der Schule und den betroffenen Lehrkräften im Austausch. Diese haben inzwischen angekündigt, sie wollten die Schule wechseln. Die Lehrerschaft in Burg ist mittlerweile tief gespalten.
Weggang „Reaktion auf Nichthandeln, Ohnmacht und Anfeindungen“
Brandenburgs Bildungsminister Steffen Freiberg (SPD) hatte die Versetzungsanträge der Lehrkräfte zur Kenntnis genommen, wollte die „Einzelfälle“ aber nicht kommentieren. Personalangelegenheiten an Schulen lägen im Verantwortungsbereich der staatlichen Schulämter.
„Ihr Weggang ist eine Reaktion auf Nichthandeln, Ohnmacht und Anfeindungen“, sagte Schega. Sie und andere Lehrkräfte, darunter Nickel und Teske, hatten sich bereits vor Monaten zusammengeschlossen, um unter anderem mit Projekten zur Demokratiebildung eine Veränderung des Klimas an der Schule anzustoßen. So wurde zum Ende des Schuljahres ein Demokratiefest mit Workshops organisiert. Darin ging es um Fragestellungen wie: „Warum fliehen Menschen?“ oder „Schule, ein schöner Ort zum Leben?“
Zahl rechtsextremistischer Vorfälle an Schulen steigt
Nach Bekanntwerden der rechtsextremen Vorfälle hätte es mehr praktische Unterstützung und Ergebnisse von Schulleitung und Schulträger gebraucht, kritisierte Schega. Das Mindeste wäre ein „geschlossenes Wording“ der Lehrerschaft in Burg beim Umgang mit solchen Vorfällen gewesen. „Es ist wichtig, dass wir ins Handeln und Umsetzen kommen und Verantwortung übernehmen.“
Wie das Bildungsministerium mitgeteilt hatte, stieg die Zahl rechtsextremistischer Vorfälle an Schulen in Brandenburg im Schuljahr 2022/2023 deutlich. Die staatlichen Schulämter meldeten bis Anfang Juni 70 solcher Äußerungen oder Vorfälle, während es 30 im gesamten Schuljahr 2021/2022 waren. Das Ministerium hatte gleichzeitig darauf verwiesen, dass das Schuljahr 2021/2022 noch unter dem Zeichen der Corona-Krise stand. Zudem waren die Meldungen angesichts der Debatte über Rechtsextremismus in diesem Jahr gestiegen.
Eltern forderten Entlassung der Lehrer
Als ausgebildeter systemischer Coach hat die Burger Lehrerin Schega für ihre Schüler inzwischen einen „Speakers Corner“ eingerichtet – ein Raum, um sich auszutauschen. Es gebe viele tolle Schüler, die die derzeitige Situation mit aushalten müssten. In solch einem Raum könne darüber nachgedacht werden, wie man mit Bedrohungssituationen umgehe. Die Lehrkräfte seien für die Stärkung der Schülerinnen und Schüler verantwortlich. „Ich muss ja nicht sofort aufs Maul bekommen, es reicht, wenn ich in der Psyche bedroht werde“, stellte Schega dar.
Der Burger Lehrerin fehlt bei allem auch ein genaueres Hinschauen auf die Eltern der Schülerinnen und Schüler. Sogenannte Elternvertreter hatten vor rund zwei Wochen einen anonymen Brief geschrieben und die Entlassung der beiden Lehrkräfte Nickel und Teske gefordert.
Schule sucht nach neuem Personal
Unterdessen sucht die Schule in Burg auch ohne die beiden wegen rechter Anfeindungen weggegangenen Lehrkräfte nach neuem Personal. Gesucht werde ein Lehrer oder eine Lehrerin für die Fächer Erdkunde und Mathematik, twitterte das Brandenburger Bildungsministerium am Dienstag. Aktuelle Stellengesuche für Lehrkräfte in ganz Brandenburg würden regelmäßig eingestellt und am meisten angeklickt, teilte Ministeriumssprecherin Ulrike Grönefeld dazu mit. Die Stelle in Burg sei schon länger ausgeschrieben, die Bewerbungsphase laufe.
Aus Sicht von Schega muss auch die Lehrerausbildung auf den Prüfstand. Schule müsse an praktischen Beispielen schon frühzeitig erlebbar gemacht werden. Bereits beim Start der Ausbildung müssten Hospitationen oder Praktika an Schulen stattfinden. Reine Wissensvermittlung an den Hochschulen reiche nicht. (dpa/mig) Aktuell Panorama
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