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Aiwangers Ehrenrunde

Flugblatt macht einfach weiter

Volles Haus mit stehendem Applaus: Als Ministerpräsident Söder seine Entscheidung über Aiwangers Verbleib im Amt bekanntgibt, badet der schon im Bierzelt in der Menge. Die Botschaft ist klar: Flugblatt war gestern, jetzt ist Wahlkampf.

Von Sonntag, 03.09.2023, 14:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Freitag, 15.09.2023, 16:25 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Hubert Aiwangers Ehrenrunde beginnt am Sonntag schon wenige Minuten, bevor Bayerns Ministerpräsident in München mit einer Pressekonferenz zur Zukunft seines Stellvertreters beginnt. Der Freie-Wähler-Chef steigt am Eingang des Bierzelts in Grasbrunn (Landkreis München) auf eine Bierbank, grüßt in die Menge, genießt den Applaus, schüttelt Hände. Der Weg nach vorn zur Bühne ist nicht der kürzeste, sondern führt mehrmals von einer Seite zur anderen – an möglichst vielen Besuchern vorbei. Einzelne „Hubsi, Hubsi“-Rufe erschallen. Aiwanger lächelt.

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Ob er da schon weiß, dass Söder ihn vorerst als Vize und Wirtschaftsminister behält – trotz aller Vorwürfe rund um ein antisemitisches Flugblatt, das in der Schulzeit bei Aiwanger in der Schultasche gefunden wurde und zuletzt die Koalition ins Wanken gebracht hatte? Die Entscheidung habe er erst von Journalisten mitbekommen, sagt Aiwanger nach seinem Auftritt. Sollte er sich zu Beginn seines Auftrittes darüber unsicher gewesen sein, lässt er sich das nicht anmerken. In CSU-Kreisen wurde allerdings darauf verwiesen, dass Aiwanger sehr wohl schon am Samstagabend erfahren habe, dass er im Amt bleiben darf.

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„Ein schmutziges Machwerk“

Im Gegenteil: „Das war ein schmutziges Machwerk“, ruft Aiwanger auf der Bühne ins Mikrofon. „Die Freien Wähler sollten geschwächt werden.“ Doch die Partei sei durch die Vorwürfe „gestärkt worden“, sagt er, noch während Markus Söder sein Statement abgibt. „Wir haben ein sauberes Gewissen.“ Seine Gegner seien mit ihrer „Schmutzkampagne gescheitert“. Applaus.

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Von dieser „Kampagne“ würden sich später noch einige Beteiligte distanzieren müssen, ruft Aiwanger. Eine Besucherin meint: „Ich finde, er braucht Unterstützung.“ Sie ist aus dem Nachbar-Landkreis zu Aiwangers Auftritt geradelt. „Dabei bin ich bisher nicht Freie Wählerin gewesen.“ Auf Aiwanger-Plakaten am Festzelt prangt der Slogan: „Wir stehen zu dir!“

Söder: „Kein Schwarz-Grün“

Eine gute halbe Stunde lang nimmt der 52-jährige Niederbayer im weißen Hemd mit hochgekrempelten Ärmeln seine Lieblingsgegner ins Visier: die Ampel-Regierung in Berlin und besonders die Grünen. Eine klassische Aiwanger-Wahlkampfrede mit bekannten Botschaften: Erbschaftsteuer abschaffen, Heizungsgesetz kippen, der arbeitenden Bevölkerung helfen statt Bürgergeld-Beziehern. Und vor allem „an dem festhalten, was sich bewährt hat“.

Aus Aiwangers Sicht bedeutet das für Bayern: CSU und Freie Wähler sollten auch nach der Landtagswahl regieren. Schließlich sei seine Partei der „Garant dafür, dass die Grünen nicht in die bayerische Landesregierung kommen“. Etwa zeitgleich betont CSU-Chef Söder ungefähr 20 Auto-Minuten entfernt in der Staatskanzlei: „Es wird definitiv in Bayern kein Schwarz-Grün geben.“

Zum nächsten Termin

Am Ende seiner Rede ist Aiwangers Hemd am Rücken durchgeschwitzt, viele Besucher spenden stehend Applaus. Der Freie-Wähler-Chef schüttelt Hände, trägt sich in ein Goldenes Buch ein, gibt einem der jüngsten Musiker in der Blaskapelle einen 50-Euro-Schein in die Hand. „Gigantisch“, sagt ein Besucher über Aiwangers Auftritt. Und da das Volksfest, auf dem das Bierzelt steht, aus einem Pferdemarkt entstand, geht es auch noch raus zu einigen Pferden. Nach einem letzten Abstecher ins Bierzelt steigt Aiwanger in eine schwarze Limousine und fährt davon.

Ob er nach allem, was in den vergangenen Tagen war, der Forderung von Ministerpräsident Söder nachkommt, etwa Gespräche mit Vertretern jüdischer Gemeinden zu suchen? „Das muss ich jetzt prüfen, um in den nächsten Tagen hier die Gespräche zumindest vorzubereiten“, sagt Aiwanger. Eine Journalistin fragt, was er jetzt tun werde angesichts der Vorfälle um das Flugblatt, für die er sich entschuldigt hatte. Buße tun? „Zum nächsten Termin fahren, zum nächsten Termin fahren“, sagt Aiwanger. (dpa/mig) Aktuell Politik

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