20 Euro/Monat
Lindner will geflüchtete Kinder benachteiligen
Die Unterstützung für Kinder soll um 20 Euro pro Monat steigen. Grund: steigende Lebenshaltungskosten. Nach dem Willen von Finanzminister Lindner sollen Kinder von Asylbewerbern davon ausgenommen werden. Flüchtlingsräte kritisieren die geplante Benachteiligung.
Sonntag, 17.09.2023, 17:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 18.09.2023, 6:10 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Die Kinder von Asylbewerbern sollen nach dem Willen von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) bei der Einführung der Kindergrundsicherung schlechter gestellt werden als Kinder aus Familien, die Bürgergeld beziehen. Lindner sagte der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“, SPD und Grüne wollten bei Asylbewerbern dauerhaft 20 Euro mehr pro Monat zahlen: „Das unterstütze ich nicht.“ Die Regelsätze seien angemessen, „und wir sollten gerade beim Asylbewerberleistungsgesetz keine falschen Signale senden“, sagte Lindner der Zeitung.
Hintergrund ist der sogenannte Sofortzuschlag von monatlich 20 Euro für Kinder aus Familien, die Bürgergeld bekommen, Kinder aus Asylbewerberfamilien und Familien, die den Kinderzuschlag beziehen. Er wird seit dem 1. Juli 2022 ausgezahlt. Die Ampel-Koalition hatte die Extra-Hilfe für die betroffenen Familien gemeinsam beschlossen. Hauptgrund waren die durch die Inflation stark steigenden Lebenshaltungskosten. Der Zuschlag wird zudem im Vorgriff auf die Kindergrundsicherung gezahlt, die Kinderarmut lindern soll, aber nicht vor 2025 wirksam wird.
Dissens zwischen SPD-Arbeits- und FDP-Finanzministerium
Nach Angaben aus dem Familienministerium hat die Ampel vereinbart, dass Asylbewerber-Familien nicht unter die Neuregelung der Familienleistungen durch die Kindergrundsicherung fallen werden.
Deren Kinder bekommen aber heute ebenfalls den 20-Euro-Sofortzuschlag. Dieser soll für die Bürgergeld-Bezieher in die Kindergrundsicherung übernommen werden – fällt aber für Asylbewerber-Familien weg, da er nur bis zur Einführung der Kindergrundsicherung gezahlt wird. Um das zu verhindern, hatte das SPD-geführte Bundesarbeitsministerium eine entsprechende Regelung im Rahmen der Kindergrundsicherung vorgeschlagen. Dem stimmt das FDP-geführte Finanzministerium nicht zu.
Pro Asyl und Flüchtlingsräte kritisieren Ungleichbehandlung
Der Dissenz ist eines „der juristischen und technischen Details“, deretwegen laut Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) der Gesetzentwurf für die Kindergrundsicherung nicht am vergangenen Mittwoch im Kabinett beschlossen werden konnte. Aus dem Familienministerium verlautete, man erwarte eine Einigung zwischen Arbeits- und Finanzministerium.
Derweil fordern Pro Asyl sowie Landesflüchtlingsräte, geflüchtete Kinder nicht sozial auszugrenzen. „Schon jetzt leben geflüchtete Kinder oft prekär – für andere Kinder normale Aktivitäten oder Anschaffungen sind für sie nicht denkbar“, erklärte Wiebke Judith, rechtspolitische Sprecherin von Pro Asyl. Der geplante Ausschluss sei Teil einer „unwürdigen und auf Abschreckung gerichteten Sozialpolitik“.
Sozialleistung kein Abschreckungsinstrument
Pro Asyl und Flüchtlingsräte kritisieren schon lange, dass nach Deutschland geflüchtete Menschen sozialrechtlich systematisch schlechter gestellt werden. Hierzu gehört das Asylbewerberleistungsgesetz, welches niedrigere Leistungssätze als das Bürgergeld und zum Teil Sachleistungen statt Bargeld vorsieht.
Weder die geltenden Regelungen noch die in der aktuellen Debatte häufiger gewordenen Rufe nach einer Streichung von Sozialleistungen seien mit dem Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts zum Asylbewerberleistungsgesetz vereinbar, kritisieren Pro Asyl und Flüchtlingsräte. In diesem wurde 2012 festgehalten, dass die Menschenwürde nicht aus migrationspolitischen Zwecken relativiert werden darf. Heißt: Sozialleistungen dürfen zur Abschreckung nicht klein gehalten werden. (epd/mig) Leitartikel Politik
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