Flüchtlingspolitik
Faeser erteilt Forderung nach Obergrenzen erneut Absage
Die von CSU-Chef Söder ins Spiel gebrachte Obergrenze für Geflüchtete lehnt Innenministerin Faeser ab. Sie favorisiert eine europäische Lösung. Menschenrechtler werfen der Politik Untätigkeit vor: Probleme hausgemacht.
Montag, 25.09.2023, 14:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 25.09.2023, 14:47 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat den Vorschlag einer jährlichen Obergrenze für Geflüchtete in Deutschland von CSU-Chef Markus Söder abgelehnt. „Obergrenzen sind halt insofern nicht einzuhalten, weil wir europäisches Recht haben, internationales Recht, wir können gar nicht das Individualrecht auf Asyl alleine reduzieren“, sagte Faeser am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Anne Will“ und fügte hinzu: „Wir sind an die Genfer Flüchtlingskonvention, an die Europäische Menschenrechtskonvention gebunden.“ Derweil forderte Söder Kanzler Olaf Scholz (SPD) auf, das Thema Migration zur Chefsache zu machen.
Faeser sagte: „Das einzige, was wirklich helfen wird, ist eine europäische Lösung.“ Da müsse seitens der Europäischen Union mehr kommen an Verteilung. Die Kommunen seien an der Belastungsgrenze.
Söder für „Deutschland-Pakt“
Der bayerische Ministerpräsident Söder hatte eine „Integrationsgrenze“ für die Aufnahme von Geflüchteten von etwa 200.000 Menschen ins Gespräch gebracht. In der Sendung „Anne Will“ bekräftigte er, bei der Zahl 200.000 gehe es um eine Richtgröße, „in der Integration in unserem Land noch gelingen kann“. Man benötige Grenzschutz, den Stopp von Sonderaufnahmeprogrammen, die nur Deutschland mache, es brauche Rückführung und eine Veränderung der Anreize, beispielsweise beim Bürgergeld. Söder betonte, er sei nicht für die Abschaffung des individuellen Asyls. „Wir brauchen eine Wende hin zu einer nachhaltigen Migrationspolitik.“
Für einen Deutschland-Pakt gegen „unkontrollierbare Zuwanderung“ stehe er sofort bereit, sagte Söder. Er forderte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf, bei dem Thema Migration Führung zu zeigen. „Der Bundeskanzler, der wochenlang geschwiegen hat, der müsste jetzt mal ran an das Thema.“
Aus vielen Ländern und Kommunen kamen zuletzt zunehmende Warnungen vor einer Überlastung. Bis Ende August registrierte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mehr als 204.000 Erstanträge auf Asyl – ein Plus von 77 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Trotz dieses Anstiegs bleiben die Zahlen aber weit hinter denen aus den Jahren 2015 und 2016 zurück. Damals wurden 442.000 bzw. 722.000 Erstanträge gezählt. Anders ist jetzt, dass wegen des russischen Kriegs mehr als eine Million Menschen aus der Ukraine in Deutschland Schutz suchten, die allerdings keinen Asylantrag stellen müssen.
Merz: Müssen schnell die Zahl der Flüchtlinge reduzieren
CDU-Chef Friedrich Merz unterstützte den Söder-Vorschlag einer Obergrenze. „Ja, das ist machbar. Aber leicht ist es nicht“, sagte er der „Augsburger Allgemeinen“. „Wir reden ja nicht nur über Wohnungen oder Schulen, wir reden auch über Krankenhäuser, vernünftige Ausbildung und echte Integration. Das ist eine gehörige Kraftanstrengung. Die wird uns nur gelingen, wenn diejenigen, die rechtskräftig abgewiesen worden sind, auch konsequent abgeschoben werden.“
Merz forderte, die Einreise Tausender Menschen pro Monat nach Deutschland zügig zu begrenzen. „Wir müssen dieses Problem lösen, sonst wächst uns das über den Kopf“, sagte er. „Wenn wir die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung und die Integrationsfähigkeit unseres Landes nicht überstrapazieren wollen, müssen wir schnell die Zahlen der Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, reduzieren.“
Hilfsorganisationen: Probleme oft hausgemacht
Menschenrechtsorganisationen und Flüchtlingshelfer wiederum werfen der Politik wiederholt Untätigkeit bei der Schaffung von Infrastruktur für Geflüchtete vor. Fehlende Unterkünfte und andere Probleme seien oft hausgemacht, um mit der dann folgenden vermeintlichen Überlastung Politik gegen Geflüchtete zu machen. Auch SPD und Grüne werfen der bayerischen Staatsregierung nun gar vor, Bundesgelder zur Flüchtlingsversorgung nur unzureichend und mit Verzögerung an die Städte und Gemeinden weiterzureichen. Das Geld sei für die Aufnahme und Versorgung von Geflüchteten vorgesehen.
2022 wurden nach Angaben der Bundesregierung knapp 13.000 ausreisepflichtige Personen aus Deutschland abgeschoben. Laut Ausländerzentralregister waren Ende 2022 rund 304.000 Menschen ausreisepflichtig, davon etwa 248.000 mit einer Duldung. Geduldete sind Menschen, die zwar ausreisepflichtig sind, aber aus bestimmten Gründen nicht abgeschoben werden können. (dpa/mig) Aktuell Politik
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