Entfernte Häfen zugewiesen
Private Helfer retten Dutzende Flüchtlinge im Mittelmeer
90 Geflüchtete hat die Hilfsorganisation SOS Humanity bei drei aufeinanderfolgenden Einsätzen im Mittelmeer gerettet. Nun ist das Schiff auf dem Weg zum rund 1.000 Kilometer entfernten Hafen von Bari.
Montag, 16.10.2023, 18:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 17.10.2023, 6:33 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Die Hilfsorganisation SOS Humanity hat bei zwei Einsätzen 62 Geflüchtete im Mittelmeer gerettet. Zunächst nahm die „Humanity 1“ in der Nacht auf Montag in der maltesischen Such- und Rettungszone 31 Menschen an Bord, wie die Seenotretter mitteilten. Bei einem zweiten Einsatz am Montagmorgen seien 31 weitere Flüchtlinge und Migranten gerettet worden. Unter den Überlebenden sind den Angaben zufolge mehrere Minderjährige. Am Nachmittag seien bei einer dritten Rettungsaktion 28 Menschen an Bord genommen worden.
Die Menschen seien erschöpft, teilweise seekrank, aber ansonsten in einem stabilen medizinischen Zustand, erklärte SOS Humanity im Internetdienst X, ehemals Twitter.
Keine Nahrung, kein Wasser an Bord
Bei dem ersten Einsatz in der Nacht auf Montag seien die Schutzsuchenden von einem überbesetzten Holzboot an Bord genommen worden. Nachdem der Treibstoff ausgegangen war, sei das Boot manövrierunfähig auf offener See getrieben. Die zweite Rettung sei mit den italienischen Behörden abgesprochen worden, teilte die Organisation mit. An Bord des nicht seetauglichen Schlauchbootes habe sich weder Nahrung noch Wasser befunden.
🔴Breaking: In Absprache mit den italienischen Behörden begab sich die #Humanity1 im Anschluss an die erste Rettung auf die Suche nach einem 2. Seenotfall, der von @alarm_phone gemeldet wurde. Am Morgen fand die Crew das Schlauchboot und konnte 31 weitere Menschen retten. 1/2 pic.twitter.com/I27V6fE0Lz
— SOS Humanity (@soshumanity_de) October 16, 2023
Nachdem ein Fischerboot einen dritten Seenotfall gemeldet habe, habe die Besatzung der „Humanity 1“ am Nachmittag ein überfülltes Fiberglasboot entdeckt, das ebenfalls in der maltesischen Such- und Rettungszone getrieben sei. Bei Ankunft der Rettungsteams habe das Boot bereits Schlagseite gehabt. Zunehmender Wind und über zwei Meter hohe Wellen hätten den Einsatz erschwert.
Italien weist sechs Tage entfernten Hafen zu
Mit den insgesamt 90 Geretteten an Bord sei die „Humanity 1“ nun auf dem Weg nach Bari. Über 1.000 km und mehr als drei Tage Fahrt müsse das Schiff zurücklegen, um den Hafen zu erreichen, den die italienischen Behörden der Crew zugewiesen hätten. Dies sei ein unnötiges Risiko für das Wohlergehen der Geretteten, kritisierte SOS Humanity. Etliche Häfen in Süditalien wären schneller zu erreichen.
Die Schiffe privater Organisationen retten im Mittelmeer immer wieder Geflüchtete vor dem Ertrinken. Am Wochenende nahm die „Geo Barents“ von „Ärzte ohne Grenzen“ 63 Schutzsuchende an Bord. Die italienischen Behörden hätten der Crew daraufhin den Hafen von Genua zugewiesen, der bis zu sechs Tage entfernt liege, teilte die Hilfsorganisation im Internetdienst X, ehemals Twitter, mit.
In the middle of the night, MSF team rescued 63 people in distress on a deflated rubber boat, including 4 women & a dozen of minors. They said they departed from #Libya about 24 hours earlier.
All the survivors are now safe on board #GeoBarents and taken care for by MSF staff ⤵️ pic.twitter.com/SMCtI5ktIa
— MSF Sea (@MSF_Sea) October 15, 2023
80 Tage „unnötige Reise“ zum sicheren Hafen
Das Mittelmeer zählt zu den gefährlichsten Fluchtrouten weltweit. Seit Beginn des Jahres kamen laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) bei der Überquerung 2.440 Menschen ums Leben oder sie werden vermisst. Die Dunkelziffer liegt demnach vermutlich deutlich höher. Eine staatlich organisierte Rettungsmission gibt es zurzeit nicht.
Nach einem Rettungseinsatz weisen die italienischen Behörden den privaten Seenotrettern häufig weit entfernte Häfen zu. „Ärzte ohne Grenzen“ kritisierte, dass die „Geo Barents“ in diesem Jahr 80 Tage mit „unnötig langen Reisen“ zu den ihnen zugewiesenen Häfen verbracht habe. (epd/mig) Leitartikel Panorama
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