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„Im großen Stil“?

Gesetzespaket für Abschiebungen am Mittwoch im Kabinett

Die Bundesregierung kommt dem Druck der Union nach. Mit neuen Gesetzen soll die Zahl der Geflüchteten in Deutschland gesenkt werden - durch Abschiebungen. In diesem Punkt steht nun eine Kabinettsentscheidung an. Experten bezweifeln das Vorhaben.

Montag, 23.10.2023, 15:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 23.10.2023, 12:59 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

Bundesinnenministerin Nancy Faeser will in dieser Woche konkrete Maßnahmen für effektivere Abschiebungen auf den Weg bringen. „Ich werde unser umfassendes Gesetzespaket für mehr und schnellere Rückführungen am Mittwoch ins Kabinett einbringen. Wer in Deutschland kein Bleiberecht hat, muss unser Land wieder verlassen“, sagte Faeser der „Rheinischen Post“. Die SPD-Politikerin hatte die Pläne bereits vorletzte Woche vorgestellt.

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Faeser verwies darauf, dass die Zahl der Rückführungen in diesem Jahr schon um 27 Prozent höher sei als im Vorjahreszeitraum. „Dennoch müssen wir Regelungen vorsehen, mit denen wir unser Recht konsequenter und schneller durchsetzen können.“ Das Rückführungspaket sehe dafür ein Bündel restriktiver Maßnahmen vor. Dazu gehöre auch, Straftäter und Gefährder konsequenter und schneller auszuweisen und abzuschieben. Zugleich werde man weiter sehr intensiv über Abkommen mit den Herkunftsländern verhandeln, damit diese ihre Staatsangehörigen auch tatsächlich zurücknehmen.

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Der Gesetzentwurf sieht mehr Befugnisse für Behörden und Polizei vor, um Abschiebungen durchzusetzen. Die Höchstdauer des sogenannten Ausreisegewahrsams, mit dem ein ausreisepflichtiger Ausländer festgesetzt werden kann, soll von 10 auf 28 Tage verlängert werden, damit die Behörden mehr Zeit für die Vorbereitung einer Abschiebung erhalten.

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Mehrere Abschiebeerleichterungen

Vorgesehen ist zudem, dass Polizisten zur Durchsetzung einer Abschiebung auch andere Räume als die des Betroffenen betreten können. Damit soll beispielsweise in Gemeinschaftsunterkünften sichergestellt werden, dass die Person auch tatsächlich angetroffen wird. Ob das rechtlich zulässig ist, ist an anderer Stelle Gegenstand einer Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht. Zudem sollen künftig Verstöße gegen Einreise- und Aufenthaltsverbote ein Grund für Abschiebehaft sein sowie Ankündigungen von Abschiebungen entfallen. Ausnahme sollen dabei Familien mit Kindern unter zwölf Jahren sein.

Bundeskanzler Olaf Scholz hatte in einem „Spiegel“-Interview erklärt: „Wir müssen endlich im großen Stil diejenigen abschieben, die kein Recht haben, in Deutschland zu bleiben.“ Wer sich nicht auf Schutzgründe berufen könne und keine Bleibeperspektive habe, müsse gehen. „Wir müssen mehr und schneller abschieben“, sagte der SPD-Politiker. CDU-Chef Friedrich Merz sagte in der ZDF-Sendung „Berlin direkt“ am Sonntag auf die Frage, ob er darin eine Trendwende sehe: „Das scheint so zu sein.“ Es sei aber dahingestellt, ob Scholz hierfür auch Zustimmung in der eigenen Partei habe. Klar sei, dass die Zahl der Einwanderer sinken müsse.

Esken gegen Flüchtlinge auf „falschem Weg“

SPD-Chefin Saskia Esken sagte am Montag im Deutschlandfunk, Ziel sei es, die „Stimmung für Migration“ zu stärken. „Wir brauchen ja Zuwanderung für unseren Arbeitsmarkt“, sagte sie. Wer auf dem „falschen Weg“ der Fluchtroute nach Deutschland komme, der müsse auch wieder gehen: „Die Fluchtroute ist nicht die richtige für Menschen, die bei uns eine wirtschaftliche Perspektive suchen“, sagte Esken. Dafür gebe es das Fachkräfteeinwanderungsgesetz. Wer die richtigen Qualifikationen mitbringe oder den Willen, sich zu qualifizieren, der könne über diesen Weg nach Deutschland kommen.

FDP-Fraktionschef Christian Dürr begrüßte die Äußerungen von Scholz. „Der FDP ist es ein großes Anliegen, mehr Ordnung in die Migrations- und Flüchtlingspolitik zu bringen“, sage er der „Welt“. „Daher bin ich dem Bundeskanzler dankbar für seine klaren Worte. Olaf Scholz äußert das, was die breite Mehrheit der Deutschen möchte und wofür seine Vorgängerin nie die Kraft hatte.“

Experten warnen vor Scheinlösungen

SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese sagte der Zeitung: „Es ist richtig, dass der Bundeskanzler klare Kante zeigt.“ Unionsfraktionsvize Andrea Lindholz stellte aber infrage, dass Scholz seine rot-grün-gelbe Koalition hinter sich bringen kann. Die bisherigen Entwicklungen weckten Zweifel daran, dass es der Ampel ernst sei mit mehr Abschiebungen. „Denn dafür braucht es nicht nur beim Bundeskanzler, sondern in allen Ampel-Parteien den politischen Willen“, sagte die CSU-Politikerin der „Welt“.

Ob das neue Gesetz zu mehr Abschiebungen führt, bezweifeln Experten aus einem ganz anderen Grund. Denn Abschiebungen scheitern nicht an mangelnden Gesetzen, sondern an fehlenden Papieren und der fehlenden Bereitschaft von Zielländern, die Personen aufzunehmen. Migrationsforscher Jochen Oltmer hat von Parteien zuletzt mehr Ehrlichkeit in der Flüchtlingspolitik gefordert. Das Vorgaukeln von Lösungen führe zu enttäuschten Wählern, was wiederum die AfD stärke. (dpa/epd/mig) Aktuell Politik

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