EU-Studie
Schwarze leiden unter Rassismus – besonders in Deutschland
Einer EU-Studie zufolge sind Schwarze in Deutschland am stärksten von Diskriminierung und Rassismus betroffen – auf der Arbeit, bei der Wohnungssuche oder auf der Straße. Experten warnen: Das Problem wird immer größer.
Mittwoch, 25.10.2023, 14:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 26.10.2023, 7:30 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
In einer Studie zu Rassismus gegen Schwarze in gut einem Dutzend EU-Staaten hat Deutschland am schlechtesten abgeschnitten. Demnach gaben 76 Prozent der Befragten an, in den vergangenen fünf Jahren wegen ihrer Hautfarbe, Herkunft oder Religion benachteiligt worden zu sein, wie die Europäische Agentur für Grundrechte (FRA) in Wien am Mittwoch mitteilte.
Das ist der höchste Anteil unter den 13 EU-Ländern, in denen Menschen mit afrikanischen Wurzeln zu Rassismus und Diskriminierung befragt wurden. Österreich hatte laut der Studie ähnlich schlechte Werte.
Problem wird immer größer
Im Durchschnitt erlebten 45 Prozent der knapp 7.000 Studienteilnehmer in Europa in den vergangenen Jahren rassistische Diskriminierung. Laut dem FRA-Bericht ist das Problem also deutlich größer geworden. Denn in einer vorigen Studie aus dem Jahr 2016 hatte der durchschnittliche Anteil noch bei 39 Prozent gelegen. Trotz der hohen Werte bleibt Diskriminierung aber weitestgehend unsichtbar: Nicht einmal jeder zehnte Betroffen meldet sie.
Kurz und Bündig
- Rassistische Diskriminierung: 45 Prozent der Befragten gaben an, in den fünf Jahren vor der Erhebung Opfer von Rassismus geworden zu sein; in der vorherigen Erhebung war der Wert niedriger mit 39 Prozent. In Deutschland und Österreich liegt dieser Anteil aktuell bei über 70 Prozent. Am stärksten betroffen sind junge Menschen und Personen mit Hochschulabschluss. Dennoch ist rassistische Diskriminierung nach wie vor kaum sichtbar, da nur 9 Prozent der Betroffenen sie melden.
- Rassistisch motivierte Übergriffe: 30 Prozent geben an, dass sie rassistisch motivierte Übergriffe erlebt haben, doch fast niemand erstattet Anzeige. Junge Frauen, Menschen mit Hochschulbildung und Menschen mit erkennbarer religiöser Kleidung sind häufiger rassistisch motivierten Belästigungen ausgesetzt.
- Diskriminierendes Profiling: 58 Prozent geben an, dass ihre letzte Polizeikontrolle im Jahr vor der Erhebung das Ergebnis diskriminierenden Profilings war. Diejenigen, die ihre Kontrolle als diskriminierendes ethnisches Profiling empfinden, vertrauen der Polizei deutlich weniger.
- Arbeit: 34 Prozent fühlten sich in den fünf Jahren vor der Erhebung bei der Suche nach einem Arbeitsplatz rassistisch diskriminiert und 31 Prozent erging es am Arbeitsplatz selbst so. Im Vergleich zur Gesamtbevölkerung haben sie häufiger nur befristete Verträge und sind für ihre Tätigkeit überqualifiziert.
- Wohnen und Armut: Die steigende Inflation und die steigenden Lebenshaltungskosten haben dazu geführt, dass mehr Menschen afrikanischer Herkunft einem höheren Armutsrisiko ausgesetzt sind als die allgemeine Bevölkerung. Etwa 33 Prozent kommen finanziell nur mit Mühe über die Runden, und 14 Prozent können es sich nicht leisten, ihre Wohnung warmzuhalten, verglichen mit 18 Prozent bzw. 7 Prozent der Gesamtbevölkerung. Bereits die Wohnungssuche ist für viele ein Problem: 31 Prozent geben an, bei der Wohnungssuche rassistisch diskriminiert worden zu sein.
- Bildung: Jugendliche afrikanischer Herkunft verlassen vorzeitig die Schule dreimal häufiger als Jugendliche allgemein. Im Vergleich zu 2016 gaben im Jahr 2022 mehr Eltern an, dass ihre Kinder in der Schule von Rassismus betroffen sind.
FRA-Direktor Michael O’Flaherty bezeichnete den Trend als „schockierend“. Es müsse sichergestellt werden, „dass auch Menschen afrikanischer Herkunft ihre Rechte wahrnehmen können – ohne Rassismus und Diskriminierung“, sagte er. Die FRA forderte EU-Staaten unter anderem auf, genauere Daten zu rassistischen Vorfällen zu sammeln und rassistisch motivierte Straftaten härter zu bestrafen.
Auch bei Gewalt ist Deutschland weit oben
Auch bei rassistisch motivierten Übergriffen liegt Deutschland laut der Umfrage im Spitzenfeld. Dort erlebten 54 Prozent der Befragten Belästigungen – der höchste Anteil unter den 13 Staaten. Außerdem berichteten in Deutschland 9 Prozent von persönlichen Gewalterfahrungen. Dieser Wert wurde nur von Finnland mit 11 Prozent übertroffen.
Mehr als die Hälfte der befragten Schwarzen in Deutschland fühlten sich bei der Arbeitssuche diskriminiert. Der Mittelwert der 13 Staaten lag bei etwa einem Drittel. In deutschen Schulen sind demnach fast 40 Prozent der Schwarzen Schüler mit rassistischen Beleidigungen oder Drohungen konfrontiert, ähnlich wie in Irland, Finnland und Österreich. (dpa/mig) Gesellschaft Leitartikel
Wir informieren täglich über das Wichtigste zu Migration, Integration und Rassismus. Dafür wurde MiGAZIN mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet. Unterstüzte diese Arbeit und verpasse nichts mehr: Werde jetzt Mitglied.
MiGGLIED WERDEN- Fachkräftemangel vs. Abschiebung Pflegeheim wehrt sich gegen Ausweisung seiner Pfleger
- Nach Budget-Halbierung Regierungsbeauftragter für Reform der Integrationskurse
- „Diskriminierend und rassistisch“ Thüringer Aktion will Bezahlkarte für Geflüchtete aushebeln
- „Hölle“ nach Trump-Sieg Massenabschiebungen in den USA sollen Realität werden
- Verwaltungsgerichtshof Nürnberg muss Allianz gegen rechts verlassen
- Ein Jahr Fachkräftegesetz Bundesregierung sieht Erfolg bei Einwanderung von…