Studie bleuchtet Flüchtlingspakt

EU finanziert Menschenrechtsverletzungen in Tunesien und Libyen

Die EU zahlt Tunesien und Libyen Millionen Euro, damit sie Geflüchtete von der Überfahrt nach Europa abhalten. Wie jetzt eine Studie belegt, finanziert die EU mit ihren Geldzahlungen Menschenrechtsverletzungen in diesen Ländern. Experten fordern Zahlungsstopp.

Mittwoch, 29.11.2023, 17:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 29.11.2023, 15:22 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Bei den von der Europäischen Union (EU) mitfinanzierten Grenzschutzinitiativen in Tunesien und Libyen kommt es laut einer am Mittwoch im Brüssel vorgestellten Studie regelmäßig zu schweren Menschenrechtsverletzungen. Den Bericht hatte die Grünen-Fraktion im EU-Parlament in Auftrag gegeben. „Es darf keine Abkommen mit Drittländern geben, wenn es keine Überwachung der Grundrechte, keine demokratische Kontrolle und keine parlamentarische Aufsicht gibt“, kritisierte der EU-Abgeordnete Erik Marquardt (Grüne).

Untersucht wurden EU-finanzierte Programme mit der Küstenwache und der Grenzpolizei in Tunesien und Libyen von 2018 bis 2023. Dem Bericht zufolge gibt es Beweise für Menschenrechtsverletzungen durch tunesische und libysche Behörden innerhalb der von der EU finanzierten Programme. Das widerspreche EU-Recht, schreiben die Autorinnen. Die EU sei verpflichtet, ihre Mittel im Einklang mit den Menschenrechtsstandards einzusetzen, auch wenn sie jenseits ihrer Grenzen tätig sei.

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In der Studie wird eine umfassende Bewertung der Menschenrechtslage in Tunesien und Libyen gefordert. Solange die Situation vor Ort nicht berücksichtigt werde, sollten keine weiteren Mittel zugewiesen oder ausgezahlt werden. Laufende Programme müssten rechtzeitig und regelmäßig auf ihre Menschenrechtslage hin überprüft werden, Anpassungen zeitnah stattfinden und Programme bei Menschenrechtsverstößen ausgesetzt werden. Das Europäische Parlament müsse bei der Planung und Überwachung dieser Programme eine Schlüsselrolle spielen.

Grüne fordern: EU-Gelder an Menschenrechte knüpfen

Aufbauend auf der Studie fordern die Grünen Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in einer Online-Petition auf, EU-Finanzierungen an den Schutz der Menschenrechte zu knüpfen. „Mit EU-Geldern sollten keine Menschenrechtsverletzungen finanziert werden“, heißt es dort. Die Petition hat bereits über 15.000 Unterschriften erhalten.

In den vergangenen Jahren haben die EU und ihre Mitgliedsstaaten ihre Bemühungen verstärkt, die Migration über das Mittelmeer einzuschränken. Eine der wichtigsten Strategien dafür ist die Bereitstellung von Mitteln für Ausrüstung und Ausbildung der Küstenwache und Grenzpolizei für nordafrikanische Staaten.

EU-Mittelmeerpolitik verfehlt Ziel

Diese Politik verfehle ihre Ziele, heißt es in dem Bericht. So habe sich die Zahl der Ankünfte in Italien 2023 gegenüber dem Vorjahr verdoppelt. Auch die Zahl der Menschen, die im Mittelmeer ihr Leben verloren, sei gestiegen. Seit Beginn des Jahres starben oder verschwanden laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) beim Versuch der Überquerung bereits fast 2.500 Menschen. Die Dunkelziffer liegt vermutlich deutlich höher.

Verfasst wurde die Studie „Beyond Borders, Beyond Boundaries. Eine kritische Analyse der finanziellen Unterstützung der EU für Grenzkontrollen in Tunesien und Libyen“ im Auftrag der Grünen von Estela Casajuana, Wissenschaftlerin bei Profundo, einer unabhängigen Forschungsorganisation mit Sitz in den Niederlanden. Mitautorin ist Giorgia Jana Pintus, Projektbeauftragte bei der italienischen Nichtregierungsorganisation ARCI. (epd/mig) Leitartikel Politik

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