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Ayla Güler Saied, Professorin, Rassismus, Diskriminierung, Migazin
Prof. Dr. Ayla Güler Saied © MiG

Unsere U17-Weltmeister

Fußball im Spannungsfeld von Sport und Rassismus

Unsere U17 ist Fußball-Weltmeister. Herzlichen Glückwunsch, auch an Trainer Wück, der rassistischen Statements die rote Karte gezeigt hat. Wir sollten daraus lernen.

Von Donnerstag, 07.12.2023, 14:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 07.12.2023, 15:35 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

Die deutsche U17 Nationalmannschaft hat gegen das französische Team die Fußball-Weltmeisterschaft in Indonesien gewonnen. Nach den verlorenen Europa- und Weltmeisterschaften des A-Nationalteams der vergangenen Jahre, sollte das eigentlich für alle Fußball-Fans ein uneingeschränkter Grund zur Freude sein. Jedoch gab es im Vorfeld und Nachgang des Turniers rassistische Narrative, in denen die „Herkunft“ der nicht deutsch gelesenen Spieler gezielt genutzt wurde, um diskriminierende Statements zu tätigen.

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Die Tatsache, dass die deutsche Staatsangehörigkeit das Eintrittsticket in das Nationalteam ist, spielt bei Teilen der Gesellschaft, die eine national konnotierte, Blut- und Abstammungsgemeinschaft imaginieren, keine Rolle. Damit reihen sie sich in einen politisch wirkmächtigen Diskurs ein, der auch auf gesamtgesellschaftlicher Ebene das Zusammenleben für Anders markierte, erschwert.

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Der gesellschaftspolitische Soundtrack

Das U17- Turnier wurde, wie auch andere Meisterschafts-Turniere von Teilen der Gesellschaft von einem rassistischen Soundtrack begleitet. Diese Narrative, die in Bezug auf nicht-deutsch gelesene Spieler zum Ausdruck kommen, sind auch ein Spiegel vergangener und aktueller gesellschaftlicher und politischer Diskurse. Das Erstarken der AfD, die Debatten der Regierungsparteien um restriktive Migrationsbegrenzung auf der einen und erleichterte Einbürgerung für „gut Integrierte“ auf der anderen Seite, bedeuten jedes Mal erneut eine Spaltung in „Wir“ und „die Anderen“. Ein gesamtgesellschaftliches WIR scheint schier unvorstellbar.

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Die Mitte-Studien zeigen seit Jahren, dass Rassismus und andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit nicht nur am Rand der Gesellschaft, sondern in der Mitte verankert sind. Es bestehen also im Kontext der Demokratiebildung große Herausforderungen und Anforderungen an die Gesamtgesellschaft.

„Diese Diversität bringt uns nach vorne“

Auswahltrainer Christian Wück hat die rassistischen Beleidigungen, die hier nicht wiederholt werden, gegen einige seiner U17-Nationalspieler verurteilt. Wück konstatierte im Tagesschau Interview unter anderem: „Alle Spieler sind in Deutschland geboren, haben die deutsche Staatsangehörigkeit. Dieser Rassismus macht also keinen Sinn.  […] Diese Diversität bringt uns nach vorne.“

Das U17 Team hat trotz der Widrigkeiten, die ihnen entgegengebracht wurden, gewonnen. Eine bessere Antwort hätte es für all jene, die rassistisch diskriminieren, nicht geben können. Hätte das Team verloren, wären zusätzlich zu den rassistischen Diskriminierungen, eine fehlende Identifikation mit Deutschland und fehlende Integration als Grund genannt worden.

Identität im Fußballgeschäft

Diese Nicht-Anerkennungspraxis, die sehr junge Spieler trifft und damit ihre Identität lediglich auf ihre vermeintliche ethnische oder nationale Herkunft reduziert, ist auf mehreren Ebenen kontraproduktiv. Es liegt sicherlich nicht nur an finanziellen Kriterien oder am guten Wetter, dass Fußball-Spieler wie İlkay Gündoğan erst sehr erfolgreich bei Manchester City, aktuell beim FC Barcelona und Hakan Çalhanoğlu bei Inter Mailand unter Vertrag stehen. Auch in England und Italien herrscht in Teilen der Fanszenen ohne Frage Rassismus. Die ethnische Herkunft der Spieler indes steht aber in Öffentlichkeit und auf dem Feld – anders als in Deutschland – an hinterer Stelle. Sie sind in erster Linie Fußballer. Das ist der große Unterschied, der nicht nur auf dem Feld relevant ist, sondern auch auf gesamtgesellschaftlicher Ebene.

Dass hoch qualifizierte Fachkräfte bereits nach kurzer Zeit Deutschland wieder verlassen, resultiert unter anderem aus dem politischen und gesellschaftlichen Klima, das Spaltungen und Ungleichheiten verursacht. Auch die strukturellen Defizite im Bildungssystem und auf dem Wohnungsmarkt, wie auch Rassismus, wirken für potenzielle Fachkräfte unattraktiv.

Deswegen stellte kürzlich der Präsident des Arbeitgeberverbandes Rainer Dulger im Kontext von potenziellen Fachkräften aus dem Ausland die legitime Frage „Was bieten wir denn?“ und appellierte an die Politik, rasch etwas gegen den Fachkräftemangel zu tun. Zudem forderte er eine „Willkommenskultur wie in anderen großen Einwanderungsländern.“

Fußball als Milliardengeschäft folgt anderen Regeln des Kommerzes und der Konkurrenz als der reguläre Arbeitsmarkt. Dennoch ist selbst hier Rassismus wirksam und die Sportverbände, die mehrheitlich weiß und männlich besetzt sind, sind hier gefordert, ihrer Fürsorgepflicht für die Spieler nachzukommen – wenn es sein muss, mit juristischen Mitteln.

Fairplay gilt auf und neben dem Feld

Im Fußball sollte ausschließlich die sportliche Leistung eines Spielers zählen. Rassistische Nebenschauplätze, die von Ewiggestrigen eröffnet werden, um Spieler zu diskriminieren und zu entwürdigen, müssen vom DFB und den Vereinen als gesamtgesellschaftliche Verantwortung gesehen und geahndet werden. Die Spieler müssen vor rassistischer Diskriminierung geschützt und empowert werden. Es darf nicht erneut die Aufgabe von rassistisch diskriminierten Spielern sein, Teilen der Mehrheitsgesellschaft Rassismus erklären zu müssen.

Die Causa Mesut Özil hat gezeigt, dass dies ein Eigentor für alle Beteiligten war. Aus diesem Grund sollte der Ball an all jene zurückgespielt werden, denen nationale Phantasmen wichtiger sind als der Erfolg von jungen Spielern, die die heutige Bundesrepublik auf sportlicher Ebene repräsentieren. Die gesellschaftliche Diversität ist Realität, und es ist nur im Sinne des Fairplays, dass sich diese Realität endlich auch im Fußball wiederfindet. Diese Fairplay-Regeln gelten für alle – auf und neben dem Spielfeld – und können in Artikel 1, 2 und 3 des Grundgesetzes nachgelesen werden. Meinung

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  1. Levent Öztürk sagt:

    Deutschland ist sehr gespalten! Auf der einen Seite Migranten, Migranten-Jugendliche und Migranten-Kinder, die sich aufgrund von medialer und öffentlich getätigter täglicher, latenter und allgegenwärtiger rassistischer Hassverbreitung und Hetze zu Recht nicht mit Deutschland identifizieren können und auf der anderen Seite die täglich wachsende AfD-Wählerschaft, die alle ebenfalls aufgrund von medialer und öffentlich getätigter täglicher, latenter und allgegenwärtiger rassistischer Hassverbreitung und Hetze, alle Migranten ob integriert oder nicht lieber ausweisen und nicht als Teil der deutschen Gesellschaft sehen möchten, weil Hetzer der AfD ihnen dann ein besseres Leben ohne Migranten in Deutschland versprechen.