Omas gegen Rechts
„Mit Rechtsextremen dealt man nicht“
Seit einigen Jahren taucht dort, wo in Thüringen gegen Rechtsextremismus protestiert wird, regelmäßig eine Gruppe älterer Menschen auf: „Omas gegen Rechts“. Es sind auch ein paar Männer unter den Mitgliedern.
Von Sebastian Haak Donnerstag, 21.12.2023, 17:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 21.12.2023, 13:40 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Es ist wieder einer dieser Tage, an denen die „Omas gegen Rechts“ auf der Straße stehen: Auf einem der Schilder, das die älteren Frauen in den Händen halten, ziehen sie eine historische Parallele. 1933 habe der damalige Reichskanzler Franz von Papen den Nationalsozialisten von Adolf Hitler zur Macht verholfen, heißt es auf der dünnen Holzplatte. Nun, 90 Jahre später, drohe Ähnliches. Dabei, so steht auf dem Schild, gelte doch: „Mit Rechtsextremen dealt man nicht.“
Dieses Schild steht für die schlimmste Befürchtung, die die „Omas gegen Rechts“ mit Blick auf die Thüringer Landtagswahl im nächsten Jahr umtreibt. „Wir haben große Angst, dass die AfD dann eine Sperrminorität bekommt und dass die CDU umfällt und entgegen aller Beteuerungen doch mit der AfD koaliert“, sagt Renate Wanner-Hopp, eine der Frauen. „Wenn wir uns fragen, wie 1933 passieren konnte, dann fürchte ich, wir erleben gerade wieder, wie das geschehen ist – wir sind mittendrin.“
Entstehung der Bewegung in Österreich
Die „Omas gegen Rechts“, die hier auf der Straße stehen, sind formal die „Omas gegen Rechts Erfurt“, so heißt der eingetragene Verein, zu dem sie sich zusammengeschlossen haben und in dessen Vorstand Wanner-Hopp sich engagiert. Bundesweit gibt es viele vergleichbare Gruppen – nach Angaben von Wanner-Hopp etwa 150 insgesamt. Entstanden ist die Bewegung 2017 in Österreich. Im Sommer 2024 soll es ein erstes deutschlandweites Treffen dieser Menschen geben, sagt Wanner-Hopp. Stattfinden werde es in Erfurt.
Innerhalb Thüringens ist die Erfurter Regionalgruppe die größte und auch aktivste. Gegründet im Jahr 2019, waren sie in den vergangenen Jahren immer wieder anzutreffen, wenn Menschen sich gegen Rechtsextremismus engagiert haben. Nicht nur in der Landeshauptstadt, sondern zum Beispiel auch in Weimar oder Jena.
Nach Angaben von Wanner-Hopp hat der Verein etwa 40 Mitglieder, darunter auch vier Männer, die kein Problem damit haben, im Vereinsnamen nicht genannt zu werden. Einige der Vereinsmitglieder sind wie Wanner-Hopp bereits im Ruhestand, andere sind noch berufstätig. Unter ihnen sind unter anderem Historiker, Juristen, Bürokaufleute, Erzieherinnen.
„Die Omas und Opas haben einen verbindenden Charakter“
Für den zivilgesellschaftlichen Protest in Thüringen gegen rechtsextremes Gedankengut hätten die Frauen inzwischen eine ganz wichtige Funktion, sagt die Linke-Landtagsabgeordnete Katharina König-Preuss. „Die Omas und Opas haben einen verbindenden Charakter – sowohl was Generationen angeht als auch politisch“, sagt sie. Zudem würden diese Menschen in der Politik anders wahr- und von manchen auch ernster genommen werden als junge Menschen, die sich gegen Rechtsextremisten stellen. „Schon wegen der Lebenserfahrung, die sie mitbringen.“
Ausschließlich auf Zuspruch stoßen die Omas und Opas allerdings trotzdem nicht. Nicht an diesem Tag, da im Thüringer Landtag der Bau von Windrädern in Thüringer Wäldern massiv erschwert wird, weil CDU, AfD und FDP gemeinsam für einen entsprechenden Gesetzesentwurf stimmen. Das ist genau jenes Abstimmungsverhalten, gegen das sich die Gruppe wendet. Und auch sonst halten es Vertreter der Thüringer CDU nicht für angebracht, Vergleiche mit Franz von Papen zu ziehen. „Bei aller Sympathie für das Engagement der Damen: Demokraten sollten anderen Demokraten nicht ihr Engagement für die Demokratie absprechen“, sagt die stellvertretende CDU-Landesvorsitzende Beate Meißner.
Ihr Protest, sagt Wanner-Hopp, habe „auch etwas mit Selbstwirksamkeit zu tun.“ Angesichts der politischen Entwicklung in Deutschland dürfe niemand zu Hause auf dem Sofa bleiben, auch nicht im fortgeschrittenen Lebensalter. (dpa/mig) Aktuell Panorama
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