Steilvorlage für AfD
Rostock sucht Sachbearbeiter für „Remigration“
Während Hunderttausende Bundesbürger wegen Remigrationsplänen der AfD auf die Straße gehen, sucht die Stadt Rostock per Stellenanzeige nach einen oder eine „Sachbearbeiter*in II Remigration“ in Vollzeit. Er soll über Aufenthaltstitel, Abschiebungen entscheiden und Rückkehrberatung anbieten.
Donnerstag, 01.02.2024, 12:59 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 04.02.2024, 11:08 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Das als Unwort des Jahres gekürte Wort „Remigration“ ist in Rostock offenbar offiziell in Gebrauch. In einer Stellenanzeige sucht die Hansestadt zum nächstmöglichen Zeitpunkt einen oder eine „Sachbearbeiter*in II Remigration“ in Vollzeit. Auf Anfrage teilt die Stadt mit, dass Verwaltungen den Begriff schon lange als verkürzenden Sammelbegriff sowohl für freiwillige Rückkehrangebote als auch für Abschiebungen von Ausländern, die zur Ausreise verpflichtet seien, nutzen. Auch in der Wissenschaft sei Remigration seit jeher ein Standardbegriff der Migrationsforschung, hieß es von der Stadt.
„Rechtsextreme wollen jetzt das Wort aus ideologischen Gründen vereinnahmen und umdeuten. Ihnen geht es dabei offensichtlich darum, Deportation und Vertreibung hinter einer Begrifflichkeit zu verstecken, die gewohnter klingt und von vielen Menschen angenommen wird“, hieß es in der Stellungnahme der Stadt. Der Missbrauch des Begriffs durch Rechtsextremisten sollte daher nicht zum Anlass genommen werden, die korrekte Nutzung des Wortes im Verwaltungsalltag zu beenden.
Rostocks Steilvorlage für AfD
Derweil nutzt die AfD die Rostocker Stellenanzeige als Steilvorlage. Der AfD-Fraktionsvorsitzende im Schweriner Landtag, Nikolaus Kramer, betonte, die Stadt gehe mit gutem Beispiel voran und helfe dabei, den Begriff Remigration aus der „linken Tabuzone“ zu holen. Remigration stehe für den Paradigmenwechsel einer jahrzehntelang verfehlten Migrationspolitik, sagte Kramer. Sie umfasst aus Sicht des AfD-Politikers ein Bündel an Maßnahmen und Steuerungsinstrumenten zur Umkehrung der „Migrationsströme“ und zur Überwindung der demografischen Krise.
Das Sachgebiet Remigration ist im umstrukturierten Rostocker Migrationsamt angesiedelt und befasst sich mit Aufgaben im Zusammenhang mit freiwilligen Ausreisen, Duldungen und Rückführungen. Laut Aufgabenbeschreibung der Stellenanzeige soll der oder die neue Sachbearbeiter:in Aufenthaltstitel prüfen, über Abschiebungen entscheiden, Rückkehrberatung anbieten und eine „Affinität zu den Themen Migration und Integration“ mitbringen.
SPD: AfD nicht auf den Leim gehen
Der Fraktionschef der SPD-Landtagsfraktion, Julian Barlen, sagte, bundesweit äußerten aktuell Vertreter der AfD und rechtsextremer Kreise diebische Freude über die Tatsache, dass die Hansestadt Rostock die Stelle eines Sachbearbeiters für Remigration ausgeschrieben habe. „Man darf dieser rechtsextremen Strategie der Tarnung nicht auf den Leim gehen.“ Die heutigen Rechtsextremen meinten mit „Remigration“ nicht rechtmäßige Abschiebungen, sondern schlichtweg die Vertreibung missliebiger Personen, sogar solcher mit deutschem Pass.
Eine Jury hatte das Wort „Remigration“ kürzlich zum „Unwort des Jahres“ 2023 gewählt. Bundesweit für Schlagzeilen sorgte der Begriff im Zusammenhang mit einem Treffen radikaler Rechter in Potsdam im November vergangenen Jahres, bei dem auch AfD-Politiker teilgenommen haben. Seitdem demonstrieren Hunderttausende Bundesbürger gegen Rechtsextremismus im Allgemeinen und gegen die AfD im Besonderen.
Aktualisierung vom 1.2.24: Die Stadtverwaltung schaltete am Donnerstag die umstrittene Online-Stellenanzeige für einen oder eine „Sachbearbeiter*in II Remigration“ im Internet inaktiv. „Wir suchen aber weiter“, sagte ein Stadtsprecher am Donnerstag. (dpa/mig) Aktuell Panorama
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E-mail, formuliert an die Oberbürgermeisterin der Stadt Rostock:
Werte Frau Oberbürgermeisterin der Hansestadt Rostock, werte Frau Eva-Maria Kröger,
bitte freundlichst um kurze Audienz bezüglich des folgenden Sachverhaltes:
https://www.migazin.de/2024/02/01/steilvorlage-afd-rostock-sachbearbeiter-remigration/
Mit Verlaub – war diese Anzeige wirklich ernstgemeint? Die Stadt Rostock hatte mit den Vorfällen in Lichtenhagen im Jahr 1992 bereits für massive Negativschlagzeilen gesorgt. Und nun diese Annonce? Ich würde Sie freundlichst bitten, nicht nur die Annonce löschen zu lassen (was wohl bereits geschehen ist), sondern bitte _öffentlich_ klarzustellen, dass hier _offensichtlich_ menschliches Versagen (andere plausible Erklärung?) bei der Formulierung der Stellenausschreibung vorgelegen hat. Ich bedanke mich dafür im Voraus, freue mich auf einen nächsten Erholungsurlaub an der Ostsee und verbleibe
Mit freundlichen Grüßen,
Martin Stenzel