Italien
Weiterer Schiff nach Seenotrettung im Mittelmeer festgesetzt
Italien hat das Seenotrettungsschiff „Humanity 1“ für 20 Tage festgesetzt. Begründung: Die Seenotretter hätten Menschen in Seenot in Gefahr gebracht. Die Besatzung des Rettungsschiffs weist die Vorwürfe zurück. Die Zahl der Toten auf Fluchtrouten erreicht Rekordhoch.
Mittwoch, 06.03.2024, 16:15 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 06.03.2024, 16:18 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Nach der Rettung von fast 80 Menschen aus Seenot im Mittelmeer ist die „Humanity 1“ in Italien festgesetzt worden. Die Behörden hätten am späten Montagabend eine 20-tägige Festsetzung angeordnet, erklärte die Seenotrettungsorganisation SOS Humanity am Mittwoch in Berlin.
Die Entscheidung sei damit begründet worden, dass die „Humanity 1“ eine gefährliche Situation für die Menschen in Seenot verursacht habe. „Tatsächlich war es die von der EU finanzierte sogenannte libysche Küstenwache, die das Leben der Flüchtenden im Wasser sowie unserer Rettungscrew gefährdeten“, betonten die Retter. „Wäre die sogenannte libysche Küstenwache nicht aufgetaucht, um Überlebende widerrechtlich nach Libyen zurückzubringen, hätten wir die Rettung geordnet durchgeführt“, erklärte der Kapitän der „Humanity 1“. Weil die Küstenwache jedoch gewaltsam eingegriffen habe, seien die Menschen in Panik ins Wasser gesprungen und die Rettung habe zunächst abgebrochen werden müssen.
77 Menschen wurden schließlich von der Besatzung der „Humanity 1“ gerettet und nach Crotone im Süden Italiens gebracht. Rund 20 Menschen seien gewaltsam an Bord des libyschen Patrouillenboots geholt und nach Libyen zurückgezwungen worden, erklärten SOS Humanity. Überlebende hätten zudem berichtet, dass die Libyer eine Person im Wasser zurückgelassen hätten.
70 Gerettete im Lampedusa an Land
Weitere 70 von der „Sea-Watch 5“ aus dem Mittelmeer gerettete Menschen gingen unterdessen in Lampedusa an Land, wie die Betreiberorganisation Sea-Watch in der Nacht zum Mittwoch im sozialen Netzwerk X, vormals Twitter, mitteilte. Ursprünglich war dem Schiff der Hafen von Reggio Calabria an der Spitze des italienischen Stiefels zugewiesen worden, wegen hohen Wellengangs, der den Weg nach Norden blockierte, hatten die Seenotretter um eine andere Anlaufstelle gebeten. Nachdem die italienische Küstenwache diesen Wunsch rund 36 Stunden lang verweigert habe, habe sie nun alle 70 Geretteten nach Lampedusa gebracht, erklärte Sea-Watch.
Das Mittelmeer zählt zu den gefährlichsten Fluchtrouten weltweit. 2023 kamen laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) mehr als 3.000 Menschen bei der Überfahrt ums Leben oder sie werden vermisst. Seit Beginn dieses Jahres sind es demnach bereits mehr als 250. Die Dunkelziffer liegt vermutlich weit höher.
Tote auf Fluchtrouten erreicht Rekordhoch
IOM-Angaben zufolge das vergangene Jahr auf den internationalen Fluchtrouten das tödlichste seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 2014. Mindestens 8.565 Menschen starben dem „Missing Migrants Project“ der IOM zufolge. „Die Zahl der Todesopfer im Jahr 2023 stellt einen tragischen Anstieg von 20 Prozent im Vergleich zu 2022 dar und unterstreicht den dringenden Handlungsbedarf, damit weitere Todesopfer verhindert werden“, erklärte die Organisation am Mittwoch.
Die hohen Todeszahlen sind den Angaben zufolge dem Umstand verschuldet, dass sichere und reguläre Migrationswege nach wie vor begrenzt sind. Deshalb versuchten jedes Jahr Hunderttausende Menschen, über irreguläre Routen unter unsicheren Bedingungen zu migrieren. „Etwas mehr als die Hälfte der Todesfälle war die Folge von Ertrinken, 9 Prozent wurden durch Fahrzeugunfälle und 7 Prozent durch Gewalt verursacht“, so die Organisation. Das Projekt „Missing Migrants“ wurde 2014 nach zwei verheerenden Schiffsunglücken vor der Küste von Lampedusa (Italien) ins Leben gerufen. (epd/mig) Aktuell Panorama
Wir informieren täglich über das Wichtigste zu Migration, Integration und Rassismus. Dafür wurde MiGAZIN mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet. Unterstüzte diese Arbeit und verpasse nichts mehr: Werde jetzt Mitglied.
MiGGLIED WERDEN- Fachkräftemangel vs. Abschiebung Pflegeheim wehrt sich gegen Ausweisung seiner Pfleger
- Nach Budget-Halbierung Regierungsbeauftragter für Reform der Integrationskurse
- „Diskriminierend und rassistisch“ Thüringer Aktion will Bezahlkarte für Geflüchtete aushebeln
- „Hölle“ nach Trump-Sieg Massenabschiebungen in den USA sollen Realität werden
- Verwaltungsgerichtshof Nürnberg muss Allianz gegen rechts verlassen
- Ein Jahr Fachkräftegesetz Bundesregierung sieht Erfolg bei Einwanderung von…