Schleswig-Holstein
„Zebra“ registriert Höchststand rechter Gewalt
Mehr Opfer rechter Angriffe hat der Verein „Zebra“ 2023 erfasst. Vorfälle gab es in allen Landesteilen Schleswig-Holsteins. Rund jeder fünfte Betroffene ist ein Kind oder Jugendlicher. Eine Entwicklung wirft Fragen auf.
Sonntag, 28.04.2024, 12:26 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 24.06.2024, 15:23 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Nach Recherchen des Vereins „Zebra“ sind in Schleswig-Holstein 2023 so viele Menschen Opfer rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalttaten geworden wie nie seit Erhebung der Statistik der Organisation 2017. Im vergangenen Jahr wurden 136 Fälle erfasst, wie Berater Felix Fischer bei der Vorstellung des Monitorings des Vereins „Zebra – Zentrum für Betroffene rechter Angriffe“ sagte. Davon waren 187 Menschen betroffen. Im Vorjahr waren 104 Fälle registriert worden.
„Der Anteil der betroffenen Kinder und Jugendlichen ist mit rund 20 Prozent weiterhin besorgniserregend hoch“, sagte Fischer. Auf Vorurteilen beruhende Gewalt- und Ausgrenzungserfahrungen könnten auf deren weitere Entwicklung jeweils enorme Auswirkungen haben. „Die meisten Angriffe waren rassistisch motiviert.“ Dies traf auf mehr als zwei Drittel der Fälle zu. Es habe auch mehr Angriffe aus antisemitischen oder queerfeindlichen Motiven gegeben.
Rechtsextremismus von hoher körperlicher Gewalt geprägt
„Wie auch in den Jahren zuvor sind immer noch mehr als die Hälfte aller von uns aufgenommenen Angriffe, Körperverletzungen oder gefährliche Körperverletzungen“, sagte Fischer. Rechte, rassistische und antisemitische Angriffe seien von einer hohen körperlichen Gewalt geprägt. „Gleichzeitig hat sich die Anzahl der Bedrohungen und Nötigungen im Vergleich zu 2022 mehr als verdoppelt.“ Ein möglicher Erklärungsansatz sei eine Verschärfung des § 241 im Strafgesetzbuch von 2021, es könne sich um einen zeitlich verzögerten Effekt handeln. Die nun gestiegene Anzahl umfasse in vielen Fällen Bedrohungen, die vor der Gesetzesänderung noch nicht den Straftatbestand erfüllten.
Projektleiterin Annika Vajen schilderte anhand eines Beispiels aus dem vergangenen Jahr, wie auch vermeintlich harmlosere Bedrohungen massive Folgen für die Betroffenen haben können. Eine Familie wurde im Zug auf der Suche nach einem Sitzplatz von einem weiteren Fahrgast angegangen. „Die Familie wurde rassistisch beleidigt und der Angreifer baute sich bedrohlich vor ihr auf. Dem Vater, der sich beschützend vor seine Familie stellte, wurde ins Gesicht gespuckt.“ Die Familie habe das Abteil verlassen, um sich einer drohenden körperlichen Auseinandersetzung zu entziehen.
Die meisten Vorfälle in Kiel, Flensburg und Lübeck
„Die Mutter leidet unter starken Angstzuständen, die ihren Alltag beeinträchtigen. Eine Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln löst bei ihr auch fast ein Jahr nach dem Angriff akute Atembeschwerden aus“, sagte Vajen. Aufgrund ihrer Angst in engen Räumen habe sie ihren Deutschkurs abbrechen müssen und körperliche Beschwerden schienen einen psychosomatischen Hintergrund zu haben.
Angriffe registrierte der Verein in allen Teilen Schleswig-Holsteins, die meisten jedoch in Kiel, Flensburg und Lübeck sowie im Kreis Pinneberg. In dem Kreis stieg die Zahl der Angriffe von 5 (2021) auf zuletzt 22 an (2023). Die Hälfte der Vorfälle fand in Elmshorn oder zwei angrenzenden Orten statt. Die Hintergründe seien noch unklar, hieß es dazu. (epd/mig) Aktuell Panorama
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