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Sonderborg, Dänemark, Stadt, Häuser, Straße, Himmel
Sonderborg in Dänemark © de.depositphotos.com

Parallelgesellschaft

Zahl der deutschen Zuwanderer in Süddänemark wächst

Viele Deutsche zieht es nach Dänemark. Nicht nur für Urlaube, auch zum Leben. Die meisten sind willkommen, doch es gibt auch Probleme: Deutsche, die sich isolieren. Dabei gibt es eine funktionierende Parallelgesellschaft mit eigenen Kindergärten und Schulen.

Von Montag, 06.05.2024, 12:09 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 06.05.2024, 12:09 Uhr Lesedauer: 5 Minuten  |  

Hygge, familiär, schöne Landschaft: Viele Deutsche zieht es nach Dänemark. Und zwar nicht nur für den Urlaub. Insbesondere die grenznahen Kommunen wie Sonderburg (Sønderborg) und Apenrade (Aabenraa) im Grenzland zu Schleswig-Holstein haben in den vergangenen Jahren einen deutlichen Anstieg an deutschen Zuwanderern verzeichnet. Viele Jahre lebten relativ konstant rund 4.500 Menschen mit deutschem Pass in den grenznahen Kommunen Apenrade, Tondern (Tønder), Hadersleben (Haderslev) und Sonderburg, wie aus Zahlen von Danmarks Statistik hervorgeht.

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Zuletzt ist die Zahl indes deutlich gestiegen: zum Stichtag 1. Januar 2020 lebten 4.670 Menschen mit deutschem Pass in diesen Kommunen, zum Stichtag 2022 rund 5.640 und zum 1. Januar 2023 etwa 7.230. Zum 1. Januar 2024 hat sich die Zahl nochmals um rund 1.000 auf 8.200 erhöht.

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Kommunen froh über deutsche Einwanderer

Der Bürgermeister der Kommune Sonderburg, Erik Lauritzen, ist froh über die Einwanderer aus Deutschland, aber auch aus anderen Ländern. Denn viele Dänen zieht es nach Kopenhagen, das wie Roskilde auf Seeland liegt, oder in eine der anderen großen Städte des Landes. „Es ist sehr schwierig, eine junge Familie oder junge Leute aus Seeland hierherzubekommen“, sagt Lauritzen. „Das ist ein großes Problem für uns.“ Sonderburg sei zwar eine lebendige Stadt, mit hohem Freizeitwert, Kultur, Arbeitsplätzen und einer Universität, „aber wir sind zu weit weg von den großen Städten und das ist unser großes Problem.“ Daher sei die Einwohnerzahl in den vergangenen Jahren bis vor kurzem gesunken.

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Zum 1. Januar 2013 zählte die Kommune Sonderburg noch gut 75.700 Einwohner. Bis 2022 sank die Zahl bis auf etwa 73.700, bis sie zum 1. Januar 2023 auf knapp 74.400 anstieg. Die Nettozuwanderung im Jahr 2022 war 181 Prozent höher als im Jahr 2021, die Geburtenbilanz rund 40 Prozent schlechter, wie aus der Bevölkerungsprognose 2023 bis 2027 der Kommune hervorgeht. Ähnlich sieht es in Apenrade aus: Insbesondere die Zuwanderung aus Deutschland habe positiv zur Bevölkerungsentwicklung beigetragen, heißt es hier.

Kommune braucht Zuwanderer aus mehreren Gründen

Für die Gemeinde sei es wichtig, qualifizierte Arbeitskräfte zu finden, aber auch, dass Familien mit Kindern hierherziehen, weil die Bevölkerung immer älter werde, sagt die Zuzugskoordinatorin von Sonderburg, Tatjana Rode. Es sei einfacher, Menschen aus Deutschland für die Region zu gewinnen, als aus Kopenhagen.

Um den Einwanderern den Neustart zu erleichtern, gibt es einmal im Monat einen Zuzüglerstammtisch, auf der Homepage der Kommune stehen Informationen auf Deutsch, es gibt deutschsprachige Beratung. „Ich glaube, das macht es für viele Zuzügler einfacher, sich Informationen schon vor dem Umzug anzueignen.“ Zudem gibt es mehrmals im Jahr Informationstage für diese Zielgruppe. Auch andere Kommunen wie Apenrade haben Angebote und Informationen für deutsche Zuwanderer.

Analyse beschreibt deutsche Zuwanderer

Rode arbeitet seit 2015 als Zuzugskoordinatorin. Eines hat sie in den Jahren gelernt: die Zuzügler gibt es nicht. „Es ist keine homogene Gruppe. Sie haben alle verschiedene Gründe, warum sie nach Dänemark ziehen möchten.“

Aber welche Deutsche zieht es vermehrt zum nördlichen Nachbarn und warum? Diese und weitere Fragen sollte eine umfassende Analyse des „Teknologisk Instituts“ im Auftrag der Gemeinden Apenrade und Sonderburg beantworten, die im Januar veröffentlicht wurde. Demnach ist die Hälfte der deutschen Zuwanderer in der Gemeinde Sønderborg im erwerbsfähigen Alter zwischen 18 und 60 Jahren. 65 Prozent haben entweder eine Berufsausbildung oder einen Universitätsabschluss als höchsten Abschluss. Der Anteil an Familien mit Kindern ist gestiegen.

Die Einwanderer haben Deutschland demnach unter anderem wegen des Wunsches nach einem besseren Lebensumfeld (69 Prozent) und dem Wunsch, in einem anderen Land zu leben (65 Prozent), verlassen. Für 46 Prozent spielte die Unzufriedenheit mit der politischen Führung in Deutschland eine wichtige Rolle. Insbesondere die Zuwanderer, die 2022 und 2023 angekommen sind, haben Deutschland oft aus Unzufriedenheit mit der Politik – etwa im Umgang mit der Coronapandemie und in Migrationsfragen – verlassen (61 Prozent). „In den Gesprächen, die ich mit deutschen Zuzüglern führe, kommt auch immer wieder die Unzufriedenheit mit dem deutschen Schulsystem zum Ausdruck“, ergänzt Rode.

 Zusammenleben funktioniert – im Großen und Ganzen

Das Zusammenleben funktioniert im Großen und Ganzen ganz gut, findet Lauritzen. „Natürlich gebe es auch Leute, die sagen: ‚Jetzt ist das genug.‘ Beispielsweise, wenn in acht von zehn leer stehenden Häusern in einem kleinen Dorf Deutsche ziehen.“ Die meisten freuten sich aber über die Zuzügler, weil wieder Licht in den Fenstern sei, wieder Kinder im Dorf seien. Dies komme ja auch den örtlichen Vereinen und dem Dorfleben zugute. Denn die meisten deutschen Einwanderer wollen dazu gehören, sich integrieren, wie Lauritzen sagt.

Das einzig wirkliche Problem, das Lauritzen sieht, sind die Familien, die nach Dänemark ziehen, weil sie mit dem deutschen Schulsystem nicht zufrieden sind. „Dann kommen sie hierher und unterrichten ihre eigenen Kinder zu Hause. Das finde ich nicht gut.“ Möglich ist dies, weil es eine Schulpflicht wie in Deutschland nicht gibt. Man darf Kinder auch zu Hause unterrichten. Lauritzen hat aber Sorge, dass die Kinder so isoliert werden. Er hofft, dass diese Familien „unseren Schulen eine Chance geben“.

Immobilien vergleichsweise günstig

Ein nicht zu unterschätzendes Argument für einen Umzug direkt hinter die Grenze sind die im Vergleich niedrigeren Immobilienpreise. Viele Familien können sich in Deutschland ein Haus und die dazugehörigen Kaufnebenkosten nicht leisten, wie Lasse Sternkopf Petersen, Immobilienmakler bei Nybolig Padborg, sagt. In den Orten hinter der Grenze seien die Häuser günstiger und beim Kauf fielen fast keine Nebenkosten an. Ungefähr die Hälfte der Kunden des Unternehmens in Pattburg (Padborg) und Krusau (Kruså) in der Kommune Apenrade sind Deutsche. Die Nachfrage sei immer noch verhältnismäßig hoch – auch wenn es nicht mit dem Anfragevolumen aus Coronazeiten zu vergleichen sei.

Im Grenzland sprechen viele nur Deutsch

Und noch etwas erleichtert den Zuzug nach Süddänemark: Viele Menschen sprechen hier deutsch. Es gibt die deutsche Minderheit, die etwa eigene Kindergärten und Schulen betreibt. Und für einige ist es laut Rode auch lukrativ (zunächst) nur in Dänemark zu wohnen und weiterhin in Deutschland zu arbeiten. Dennoch rät Rode allen, die nach Dänemark ziehen, Dänisch zu lernen. „Die Sprache ist das A und O, wenn man hier richtig Fuß fassen möchte.“ (dpa/mig) Aktuell Panorama

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