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Bezahlung mit einer Karte (Symbolfoto) © de.depositphotos.com

Bezahlkarte für Asylbewerber

Welche Vor- und Nachteile das System birgt

Die Bezahlkarte für Asylbewerber bringt für Geflüchtete in Deutschland einschneidende Veränderungen mit sich. Ob sich das System bewähren wird, wird die Praxis zeigen. Auf dem Papier sind die Vor- und Nachteile des Systems bereits bekannt.

Donnerstag, 16.05.2024, 0:55 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 16.05.2024, 14:59 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

Für Asylwerber in Deutschland steht eine Änderung bevor. Nach umfangreichen Gesprächen hat sich die Ampel-Regierung auf einen Entwurf für eine bundesweite Einführung einer Bezahlkarte für Asylbewerber geeinigt. Nachdem die Eingabe im März auch vom Bundestag verabschiedet wurde, steht fest: Staatliche Leistungen werden künftig nicht mehr in bar ausbezahlt, sondern können über eine spezielle Bezahlkarte in Anspruch genommen werden. Was bedeutet diese Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes für Anspruchsberechtigte?

Bezahlkarte in den Bundesländern

Bereits im November hatten die Ministerpräsidenten und Bundeskanzler Olaf Scholz die Bezahlkarte als mögliches neues System für die Verwaltung von Leistungen für Asylbewerber ins Gespräch gebracht. Seither hat sich viel getan und zum Stichtag 1. März 2024 hat der Bundestag schließlich beschlossen: Geflüchtete werden staatliche Leistung in Zukunft über eine Geldkarte zur Verfügung gestellt bekommen.

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Die Einführung des neuen Systems erfolgt in den einzelnen Bundesländern bisweilen individuell. In Bayern beispielsweise läuft bereits ein Pilotprojekt in diversen Gemeinden. Auch in Mecklenburg-Vorpommern sind bereits strukturelle Vorbereitungen getroffen. Hier soll die Bezahlkarte ebenfalls früher kommen als in den anderen Bundesländern.

Eine Herausforderung könnte diese individuelle Herangehensweise an die Einführung der Bezahlkarte darstellen, wenn es um eine bundesweite Nutzung des neuen Leistungssystems geht. So könnten Asylbewerber aus Bayern und Mecklenburg-Vorpommern, die ihre Bezahlkarte früher ausgehändigt bekommen, beispielsweise auf Hürden treffen, wenn sie die Leistungen in anderen Bundesländern nutzen möchten. Bayern und Mecklenburg-Vorpommern wollen sich inhaltlich aber eng an die erarbeiteten Punkte der Arbeitsgruppe halten. Damit wären für Menschen aus den beiden Bundesländern keine gravierenden Einschränkungen in der Praxis zu erwarten.

Das sind die Hintergründe der Bezahlkarte

Bereits am 6. November 2023 erging in der Besprechung des Bundeskanzlers mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder der Beschluss, einen gemeinsamen Entwurf für eine Bezahlkarte als zusätzliches Leistungssystem zu entwickeln. Der Beschluss ging auf den Wunsch der einzelnen Bundesländer zurück, eine grundlegende Änderung im Asylbewerberleistungsgesetz vorzunehmen.

Bislang wurden staatliche Hilfen an Migranten in der Regel bar ausbezahlt. Asylwerber erhalten dabei Geld von den Kommunen, um das Leben in Deutschland bestreiten zu können. Behauptet wird oft, Geflüchtete würden einen Teil des Geldes auch in die Heimat senden, um die Familie dort materiell zu unterstützen. Dieses Vorgehen ist rechtlich gesehen unproblematisch, hat jedoch für Diskussionen gesorgt.

Deshalb sind mit der Geldkarte Überweisungen und die Nutzung im Ausland grundsätzlich nicht möglich. Im Supermarkt soll die Bezahlkarte aber problemlos genutzt werden können. Problematisch ist, dass auf Märkten und kleinen Läden Bezahlungen mit Karten oft nicht möglich sind.

So soll die Bezahlkarte in der Praxis funktionieren

Für Asylbewerber ist in erster Linie interessant, wie sie die Bezahlkarte im Alltag nutzen und damit die ihnen zustehenden Leistungen in Anspruch nehmen können. Viele wesentliche Funktionen sind in den Mindeststandards festgelegt, auf die sich die Bundesländer geeinigt haben.

Grundlegend wird die Bezahlkarte als guthabenbasierte Karte mit Debit-Funktion ausgehändigt. Die Nutzung erfolgt ähnlich einer EC-Karte, jedoch ohne Dispokredit. Ist das Guthaben aufgebraucht, muss die Karte zunächst wieder aufgeladen werden, bevor sie wieder als Zahlungsmittel genutzt werden kann.

Der Datenschutz soll eine große Rolle spielen. Kommunen dürfen beispielsweise nicht prüfen, wie viel Geld sich noch auf der Karte befindet. Das wäre nämlich nicht nur datenschutzrechtlich unerlaubt, sondern würde ein dauerhaftes Gefühl der Kontrolle mit sich bringen.

Für die Zuteilung der Leistungen stellen die zuständigen Behörden den regionalen Banken entsprechende Mittel zur Verfügung, die dann von der Bank auf die Bezahlkarte der Berechtigten aufgebucht werden. Eine Kontobindung besteht dafür nicht.

Herausforderungen der Karte

Die bisher angedachten Funktionen des neuen Leistungssystems könnten für Nutzerinnen und Nutzer Herausforderungen mit sich bringen. Das gilt vor allem für ländliche Kommunen, in denen die Kartenzahlung oft noch nicht flächendecken möglich ist. Insbesondere kleine Einzelhändler oder gastronomische Angebote wie Eisdielen oder Imbissbuden bieten keine elektronische Zahlung an. Damit wäre Geflüchteten im Alltag benachteiligt und die uneingeschränkte Nutzung der Bezahlkarte nicht möglich. Hier warnt auch der Integrationsbeauftragte der Bundesregierung vor einer weiteren Ausgrenzung von asylsuchenden Menschen.

In der Praxis nach Einführung der Bezahlkarte wird zeigen, welche weiteren Herausforderungen sich mit dem neuen Leistungssystem auftun. (dd) Panorama

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