Rechtsterrorismus
Forscher warnt vor Verharmlosung der Reuß-Gruppe
In Frankfurt stehen die mutmaßlichen Rädelsführer der konspirativen Gruppe um Heinrich Prinz Reuß vor Gericht. Hätte sie ihre Anschlagspläne verwirklicht, hätte das Menschen das Leben gekostet, ist der Rechtsterrorismusexperte Dittrich überzeugt.
Montag, 20.05.2024, 12:07 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 20.05.2024, 12:07 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Der Rechtsextremismusexperte Miro Dittrich hat vor einer Verharmlosung der mutmaßlich rechtsextremistischen Terrorgruppe um den Frankfurter Geschäftsmann Heinrich XIII Prinz Reuss gewarnt. Er finde die Verharmlosung der Anschlagspläne der Reuß-Gruppe erschreckend, sagte Dittrich dem „Evangelischen Pressedienst“. Es sei etwa von einer „Rollator-Gang“ gesprochen worden. In der Öffentlichkeit habe auch der zum Teil auf Außenstehende absurd wirkende Verschwörungsglauben im Fokus gestanden.
Natürlich sei es nicht realistisch, dass die Gruppe es geschafft hätte, die Demokratie abzuschaffen, wie es ihr Plan mit einem mutmaßlichen Anschlag auf den Reichstag in Berlin gewesen sei. „Aber es geht um eine konkrete rechtsterroristische Bedrohung. Hätte die Gruppe ihre Anschlagspläne in die Tat umsetzen können, hätte das sehr wahrscheinlich mehrere Menschen das Leben gekostet“, sagte der Senior Researcher am Berliner Center für Monitoring, Analyse und Strategie (CeMAS).
Die 26 Angeklagten, die sich in drei Verfahren in Stuttgart, München und Frankfurt vor Gericht verantworten müssen, scheinen laut Dittrich bereit gewesen zu sein, einen Anschlag zu verüben. Darunter seien Leute, die im Militär ausgebildet wurden, die eine große Waffensammlung und Zugang zum Bundestag hatten. Laut Anklageschrift waren sie überzeugt, das Startsignal für den Umsturz könne jederzeit kommen.
50 rechtsterroristische Fälle seit 2011
CeMAS hatte im April die deutschlandweit erste Datenbank zu Fällen von Rechtsterrorismus seit dem NSU veröffentlicht. Darin sind rund 50 rechtsterroristische Fälle seit 2011 aufgeführt. „Die Öffentlichkeit denkt bei Rechtsterrorismus in Deutschland an die Anschläge in Halle und Hanau und vielleicht jetzt an das Verfahren gegen die Reuß-Gruppe. Aber dass doch deutlich mehr in der jüngeren Vergangenheit passiert ist, geht oft unter“, sagte Dittrich.
Der Rechtsextremismusforscher unterscheidet zwischen drei Strömungen von Rechtsterrorismus. Das, was allgemein als Reichsbürger-Szene bezeichnet wird, sei dem verschwörungsideologischen Souveränismus zuzuordnen, darunter falle auch die Gruppe Reuß.
Ziel: „Rassenkrieg“
Die am stärksten wachsende Strömung sei jedoch der sogenannte militante Akzelerationismus. Grundtenor des Akzelerationismus ist laut Verfassungsschutz die Annahme, dass die westliche Zivilisation in ihrer jetzigen Form dem Untergang geweiht und ein „Rassenkrieg“ unausweichlich sei. „Mittlerweile gibt es sechs Verurteilte in Deutschland, die dieser Strömung angehören und die terroristische Anschläge begehen wollten“, sagte Dittrich. Das seien meist sehr junge Menschen, die sich an der Spitze der rechtsextremen Entwicklung sehen, auch der Attentäter von Halle gehöre dazu. Ziel dieser Strömung sei es, Terroranschläge zu begehen, um so einen Bürger- oder „Rassenkrieg“ auszulösen und aus dem Chaos einen faschistischen Staat zu erschaffen.
Die dritte Strömung ist laut Dittrich der vigilante Terrorismus. Damit seien Personen mit der Überzeugung gemeint, Gewalttaten im Namen eines vermeintlichen „Volkswillens“ zu verüben, um damit die Ordnung wiederherzustellen, die der Staat angeblich nicht umsetzen kann. (epd/mig) Aktuell Panorama
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