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Asylverfahren in Drittstaaten (Collage MiG) © de.depositphotos.com

Politisch, juristisch, operativ

Sachverständige äußern Bedenken gegen Asylverfahren in Drittstaaten

Bei der bevorstehenden Ministerpräsidentenkonferenz geht es auch um die Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten. Während Unionspolitiker Kanzler Scholz zu einer Zusage drängen, melden Sachverständige und Menschenrechtsorganisationen erhebliche Bedenken an.

Dienstag, 18.06.2024, 10:12 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 18.06.2024, 11:41 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Wenn am Donnerstag die Regierungschefs der Bundesländer zusammenkommen, wollen sie auch über die Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten beraten. Die Bundesregierung will zum Treffen einen Zwischenbericht zum Thema vorlegen. Der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner sagte, dazu habe es Anhörungen Sachverständiger gegeben. Das Innenministerium stelle derzeit die Ergebnisse zusammen.

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Gefordert wird Auslagerung von Asylverfahren von der CDU. Büchner sagte, das Für und Wider werde breit diskutiert. Er verwies auf Großbritannien, das Asylverfahren nach Ruanda auslagern will, und Italien, das entsprechendes mit Albanien plant. Das Vorhaben Italiens hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) zuletzt als „interessant“ bezeichnet.

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Sachverständige haben Bedenken

Regierungsberater hingegen melden Bedenken und haben sie auch schon öffentlich gemacht. Der Vorsitzende des Sachverständigenrats für Integration und Migration, Hans Vorländer, erklärte, die bisherigen Vorschläge würfen „erhebliche politische, juristische und operative Fragen“ auf. Offen sei vor allem, wie sichergestellt werde, dass Asylbegehrende an der Grenze nicht zurückgewiesen werden dürfen. Das Prinzip der Nichtzurückweisung ist Bestandteil der Genfer Flüchtlingskonvention.

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Maßgeblich für die Auslagerung von Asylverfahren ist Vorländer zufolge, dass die menschen- und asylrechtlichen Standards gewahrt werden. Die Suche nach Partnerstaaten gestalte sich deshalb außerordentlich schwierig, erklärte er. Asylverfahren könnten nur dann in einen Drittstaat verlagert werden, wenn dort politische Stabilität herrsche und es sich um einen Verfassungs- und Rechtsstaat handele, der über eine funktionierende Versorgungs- und Bildungsinfrastruktur verfügt. Zudem warnte er vor einer „allzu großen politischen Abhängigkeit von Drittstaaten“.

Vorländer und der stellvertretende Vorsitzende des Sachverständigenrats, Winfried Kluth, nahmen nach eigenen Angaben im Rahmen eines Sachverständigenaustausches im Bundesinnenministerium Stellung zu Überlegungen, Asylverfahren in sichere Drittstaaten auszulagern. Die Bundesregierung hatte den Bundesländern im vergangenen November bei der Ministerpräsidentenkonferenz zugesagt, zu prüfen, ob angesichts der hohen Zahl Asylsuchender der Schutzstatus von Flüchtlingen auch in Ländern außerhalb der EU geprüft werden könnte unter der Voraussetzung, dass die Genfer Flüchtlingskonvention und die Europäische Menschenrechtskonvention geachtet werden.

Hilfsorganisationen warnen vor Auslagerung

Nach Ansicht von Menschenrechts- und Hilfsorganisationen ist das nicht möglich. Sie warnen vor einer Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten. „Die Auslagerung von Asylverfahren löst die bestehenden Herausforderungen europäischer Asylpolitik nicht, sondern verstärkt diese“, sagte die Asyl-Expertin bei Amnesty International in Deutschland, Sophie Scheytt, am Dienstag in Berlin zu einer gemeinsamen Stellungnahme von Amnesty, Pro Asyl, „Ärzte ohne Grenzen“ und „Brot für die Welt“. Scheytt nannte die Auslagerung von Verfahren in Drittstaaten eine „gescheiterte politische Idee“, die weder rechtlich noch praktisch möglich sei.

Laut einem Gutachten von Amnesty hat jede bisherige Maßnahme zur Auslagerung von Asylverfahren, die tatsächlich in die Praxis umgesetzt wurde, zu erheblichen Menschenrechtsverletzungen geführt. Darüber hinaus hätten solche Verfahren schwerwiegende gesundheitliche und psychische Folgen für die Menschen, gab der politische Referent für Flucht und Migration von „Ärzte ohne Grenzen“, Felix Braunsdorf, zu bedenken. So habe es in den Lagern in Nauru, in die Schutzsuchende von Australien, überstellt wurden, eine hohe Zahl von Suizidgedanken und -versuchen, darunter auch von Kindern, gegeben.

Die Bundesregierung hat sich zum Thema Auslagerung von Asylverfahren bislang nicht eindeutig positioniert. Die Unionsländer hingegen drängen die Bundesregierung zu konkreten Schritten. „Wir erwarten von Bundeskanzler Olaf Scholz klare Aussagen, wie Asylverfahren in Transit- und Drittstaaten außerhalb der EU stattfinden können“, sagte der hessische CDU-Ministerpräsident und Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Boris Rhein, am Wochenende der „Augsburger Allgemeinen“. Beim Ministerpräsidententreffen kommen die Regierungschefs der Bundesländer zunächst intern, dann zu Beratungen mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zusammen. (epd/mig) Aktuell Politik

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