Verfassungsschutzbericht
Rechtsextreme und „Reichsbürger“-Szene wachsen weiter
Russische Cyberangriffe, Gefahr durch Fundamentalisten, wachsende rechtsextreme Szene: Die Sicherheitslage wird nach Einschätzung des Verfassungsschutzes von innen und außen bedroht. Die größte verfassungsfeindliche Gruppe ist weiter die rechtsextreme Szene – viele gewaltbereit. Linke fordert Taten statt Aktionspläne.
Dienstag, 18.06.2024, 12:36 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 18.06.2024, 12:54 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Der russische Angriffskrieg in der Ukraine und der Krieg in Gaza verschärfen nach Einschätzung des Verfassungsschutzes auch die Sicherheitslage in Deutschland. Die Sicherheitslage bleibe angespannt, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Dienstag bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts für das Jahr 2023 in Berlin. Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, sprach von einem „aktuell einem sehr hohen Niveau von Bedrohungen“ und „komplexen Herausforderungen“. Verursacht wird die Gefahr auch weiterhin durch die rechtsextremistische Szene, deren Anhängerschaft im vergangenen Jahr weiter gewachsen ist.
Haldenwang sagte, seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel gebe es ein gestiegenes Gefährdungspotenzial durch sogenannte „Islamisten“. Ihre Zahl in Deutschland ist laut seinem Bericht mit 27.200 Personen nahezu unverändert geblieben (2022: 27.480). Dennoch schätzt der Inlandsgeheimdienst die Gefährdung seit dem Angriff der Hamas auf Israel als erhöht ein. Faeser verwies auf die kürzliche Messerattacke in Mannheim, bei der ein Polizist getötet wurde, und wiederholte ihre Absicht, Gewalttäter und Gefährder künftig auch nach Syrien und Afghanistan abschieben zu wollen. Das Sicherheitsinteresse Deutschlands habe hierbei Priorität, sagte sie.
Faeser betonte auch die andauernde Bedrohung durch russische Spionage, Cyberattacken und Desinformation, mit der versucht werde, Wut und Hass zu säen. Seit Juni arbeitet in Faesers Ministerium eine ressortübergreifende Stelle, die ausländische Manipulationsversuche möglichst frühzeitig erkennen soll.
Vernetzung der Neuen Rechten
Haldenwang verwies zudem auf die Gefahren durch inländische Akteure. Die Vernetzungsaktivitäten der sogenannten Neuen Rechten hätten weiter zugenommen, sagte er. Die Bedeutung dieser Akteure für die rechtsextremistische Szene steige. Der Verfassungsschutz rechnete Ende vergangenen Jahres rund 40.600 Personen der rechtsextremen Szene zu. Das waren knapp 2.000 mehr als im Jahr zuvor. Mehr als jeder Dritte (rund 14.500 Personen) von ihnen gilt als gewaltbereit. Die klassisch rechtsextreme Szene bleibt damit die größte verfassungsfeindliche Gruppe in Deutschland.
Auch die Szene der „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ wuchs dem Jahresbericht zufolge: Ende 2023 gehörten ihr rund 25.000 Personen an, ebenfalls rund 2.000 mehr als im Jahr zuvor. Zehn Prozent von ihnen werden als gewaltbereit eingestuft.
Die Linke fordert Taten statt Aktionspläne
Die Sprecherin für Antifaschismus der Gruppe Die Linke im Bundestag, Martina Renner, fordert angesichts der Bedrohung von rechts Taten statt Pläne. „Der Verfassungsschutzbericht zeigt die gleiche Entwicklung, auf die die Opferberatungsstellen bereits hingewiesen haben: Die rechtsextreme Gefahr wächst, Rassismus und rechte Gewalt bedrohen große Teile der Bevölkerung. Statt zum wiederholten Male nur Maßnahmen anzukündigen oder die bereits seit Jahren laufenden Maßnahmen zu präsentieren, müssen nun endlich Taten folgen“, so Renner.
Sie fordert im Bund und in den Ländern die Einrichtung von Staatsanwaltschaften mit Schwerpunkt auf rechte Gewalt. Opferberatungsstellen und Mobile Beratungsteams müssten zudem dauerhaft gefördert werden. „Rechtsextreme und ihre Organisationen – Kameradschaften genauso wie die Alternative für Deutschland als deren gefährlichste und wichtigste Organisation – müssen, wo immer es geht, ausgegrenzt werden. Nur so kann dieser gefährlichen Entwicklung begegnet werden“, erklärt die Linke-Politikerin.
Das linksextremistische Personenpotenzial schätzt der Verfassungsschutz dem Bericht zufolge auf 37.000, 500 mehr als im Vorjahr. Mehr als jeder vierte (11.200) wird als gewaltbereit eingestuft. (epd/mig) Aktuell Panorama
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