Polizei, Uniform, Sicherheit, Beamte
Polizei-Uniform © dennisweiland @ pixabay.com (Lizenz), bearb. MiG

100 Tage im Amt

Polizeibeauftragter: Meldungen zu Racial Profiling und Rechtsextremismus

Seit März gibt es einen Polizeibeauftragten des Bundes. Große Skandale sind durch seine Arbeit bisher nicht aufgedeckt worden. Manch anderes hat er aber schon identifiziert.

Donnerstag, 27.06.2024, 15:41 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 27.06.2024, 15:41 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

Den Bundespolizeibeauftragten haben in seinen ersten 100 Tagen im Amt etliche Beschwerden von Mitarbeitern der Polizei erreicht, bei denen es um Burnout-Erkrankungen, Sexismus oder Chauvinismus in der Polizei ging. „Sexismus gegenüber Frauen ist der absolute Großteil, aber es betrifft eben auch Männer“, sagte Uli Grötsch am Donnerstag bei der Vorstellung einer ersten Zwischenbilanz. Eine Überprüfung wolle er zu Eingaben aus einer Einheit der Bundespolizei einleiten, aus der Hinweise auf eine außergewöhnliche Belastung aufgrund wiederkehrender Dienste an bundesdeutschen Außengrenzen, fernab der Heimatdienststelle, an ihn herangetragen worden seien.

Zu den Themen, die von Bürgern am häufigsten adressiert würden, gehörten Fälle von Racial Profiling sowie der Gebrauch von Schusswaffen durch Polizeibeamte gegenüber verhaltensauffälligen und aggressiven Tatverdächtigen. Auch wenn es laut Grötsch bei den angesprochenen Vorfällen jeweils um die Landespolizei ging, sei es generell wichtig, Handlungssicherheit von Polizisten beim Kontakt zu psychisch erkrankten oder verhaltensauffälligen Menschen zu erreichen. Hierfür sei eine Sensibilisierung für das Thema durch vermehrte Schulungen notwendig, heißt es in der ersten Bilanz des neuen Beauftragten.

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Anlaufstelle für Bürger und Polizisten

Im Januar hatte das Parlament mit den Stimmen der Ampel-Koalition und der Linken die gesetzliche Grundlage für das Amt des Polizeibeauftragten geschaffen. Es soll Polizisten und Bürgern gleichermaßen als Anlaufstelle dienen, um Fehlverhalten oder mögliche strukturelle Missstände anzuzeigen. Anonyme Eingaben nimmt der Beauftragte nicht entgegen. Außerdem darf der jeweilige Sachverhalt nicht länger als ein halbes Jahr zurückliegen.

Die Zuständigkeit des für fünf Jahre gewählten Bundespolizeibeauftragten beschränkt sich auf Bundespolizei, Bundeskriminalamt und die Polizei beim Deutschen Bundestag. Ansonsten sind die Bundesländer für die Polizei zuständig, weshalb es deutschlandweit schon mehrere Landespolizeibeauftragte gibt.

Von „Racial Profiling“ spricht man, wenn Menschen allein aufgrund ihres physischen Erscheinungsbildes oder ethnischer Merkmale von der Polizei kontrolliert werden. Eine solche Ungleichbehandlung verstößt gegen das verfassungsrechtlich verbriefte Diskriminierungsverbot.

Wer wird an der Grenze kontrolliert und wer nicht?

Ein Reisender habe von gezielten Kontrollen von Menschen mit nichtweißer Hautfarbe oder nach sonstigen äußerlichen Merkmalen in einem grenzüberschreitenden Zug berichtet, heißt es in dem Bericht des Beauftragten. Mangels Zuständigkeit werde er eine andere Beschwerde eines Mannes aus Tunesien über das Verhalten von Beamten einer Landespolizei an die zuständige Bürger- und Polizeibeauftragte weiterleiten, teilte der Beauftragte weiter mit.

Der Betroffene hatte sich laut Grötsch beschwert, weil ihn ein Polizist bei einer Verkehrskontrolle und einem negativen Alkoholtest aufgefordert haben soll, eine Urinprobe direkt auf der Straße abzugeben. Als er dies abgelehnt habe, sei er für eine Blutprobe festgenommen worden, berichtete er dem Beauftragten. Auf dem Weg zur Polizeiwache habe ihn der Polizist dann nach seinem Gehalt und dem seiner Frau gefragt.

Laut einer weiteren Eingabe soll der Einsatzleiter einer Polizeidienststelle im Beisein des Betroffenen seine Kollegin gefragt haben: „Kann der überhaupt deutsch?“ Der Einsatzleiter habe „im Beisein vieler anderer Polizeibeamter seine Macht demonstriert und alle anderen Polizeibeamten hätten zugeschaut und sich amüsiert“.

Kaum Verdachtsfälle zu Rechtsextremismus

Zwei Eingaben zu Verdachtsfällen, die Rechtsextremismus betreffen, würden aktuell noch untersucht, sagte Grötsch, der vor seiner Vereidigung SPD-Bundestagsabgeordneter und früher Polizist in Bayern war. In einem Fall habe eine Parlamentarierin die Vermutung geäußert, ein Bundespolizist gehöre einer rechtsextremistischen Gruppierung an. In dem zweiten Fall gehe es um die Auswertung eines Fotos, auf dem eine Tätowierung zu sehen sei, bei der es sich um ein rechtsextremes Symbol handeln könnte. Hier sei aber noch nicht klar, ob der Tätowierte tatsächlich, wie vermutet, Bundespolizist ist.

Insgesamt hat Grötsch bislang 24 Eingaben von Beschäftigten der Polizeibehörden sowie 109 Eingaben von Bürgern entgegengenommen. Der Beauftragte hat in den vergangenen Monaten zudem mehrere Polizeidienststellen besucht sowie mit Einsatzkräften der Bundespolizei gesprochen, die im Umfeld der Fußball-EM für Sicherheit sorgten. Generell gelte, wer im Einsatz immer wieder übelst beschimpft werde, brauche „ein dickes Fell, damit das nichts mit ihm macht auf Dauer“. Deshalb sei eine kontinuierliche Begleitung von Polizeikräften nach schwierigen Einsätzen, etwa auch schweren Unfällen mit Kindern an Bahnhöfen, wichtig, sagte Grötsch. (dpa/mig) Aktuell Panorama

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