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Polizei im Einsatz (Archiv) © de.depositphotos.com

Lagebericht

364 mutmaßliche Rechtsextremisten in Sicherheitsbehörden

Die Sicherheitsbehörden sehen bei 364 ihrer eigenen Beschäftigten Anhaltspunkte für rechtsextremistische Bestrebungen. Das geht aus dem Lagebild des Verfassungsschutzes hervor. Die Gewerkschaft der Polizei fordert Entfernung aus dem Dienst und mehr Unterstützung für Opfer.

Von Montag, 01.07.2024, 16:29 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 01.07.2024, 16:29 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hat sich innerhalb von eineinhalb Jahren mit insgesamt 739 Fällen von Mitarbeitern der Sicherheitsbehörden beschäftigt, zu denen Hinweise auf mögliche rechtsextremistische Einstellungen und Aktivitäten aufgetaucht sind. In rund jedem zweiten Fall (49 Prozent) seien tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gefunden worden, stellt der Verfassungsschutz in seinem aktuellen Lagebericht zu Rechtsextremisten in den Sicherheitsbehörden fest. Der Bericht betrachtet den Zeitraum vom 1. Juli 2021 bis zum 31. Dezember 2022 und nimmt sowohl die Landesbehörden als auch die des Bundes in den Blick.

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Am häufigsten festgestellt wurden den Angaben zufolge extremistische Äußerungen in sozialen Medien oder Chats, politisch motivierte Beleidigungen sowie Kontakte zu oder Mitgliedschaften in extremistischen Organisationen und Parteien oder deren Unterstützung. Nur in wenigen Fällen seien gewaltorientierte Handlungen aufgefallen.

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Von insgesamt 364 Beschäftigten, bei denen es konkrete Anhaltspunkte für Verstöße gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gab, waren 175 bei den Bundessicherheitsbehörden beschäftigt. 189 Fälle entfielen laut Bericht auf die Landesbehörden. Das Bundesinnenministerium weist allerdings darauf hin, dass sich sowohl bei den Verdachtsfällen als auch bei den Fällen, in denen sich tatsächliche Anhaltspunkte fanden, jeweils zu mehr als der Hälfte um Fälle handelt, die bereits im zurückliegenden Lagebericht ausgewiesen wurden. Grund dafür sei die bislang oft lange Dauer der Disziplinar- und arbeitsrechtlichen Verfahren. Für den Bund könnten diese durch die am 1. April in Kraft getretene Reform des Bundesdisziplinargesetzes beschleunigt werden.

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Gefahr durch Soldaten und Polizisten im „Reichsbürger“-Milieu

„Es sind gemessen an mehr als 384.000 Beschäftigten allein im Bund wenige Fälle“, betont Faeser. Trotzdem sei es wichtig, dass hier genau hingeschaut werde. Durch eine gute Zusammenarbeit zwischen Landes- und Bundesbehörden seien auch extremistische Sachverhalte entdeckt worden, die dem Verfassungsschutzverbund bisher unbekannt gewesen seien, berichtet BfV-Präsident Thomas Haldenwang. Er sagte: „Welche konkreten Gefahrenpotenziale von Extremisten ausgehen, die im öffentlichen Dienst tätig sind oder waren, hat die „Reichsbürger“-Gruppierung um Heinrich XIII. Prinz Reuß gezeigt.“

Reuß und seinen mutmaßlichen Mitverschwörern wird vorgeworfen, Mitglieder einer terroristischen Vereinigung gewesen zu sein beziehungsweise diese unterstützt zu haben. Es soll ein bewaffneter Umsturz geplant gewesen sein. Dabei sollen die Mitglieder der Gruppe bewusst Tote in Kauf genommen, so die Anklage.

Weniger Verdachtsfälle durch mangelndes Problembewusstsein

Die von Haldenwangs Behörde veröffentlichten Zahlen bilden allerdings nicht nur den Umfang des Phänomens in den Sicherheitsbehörden des jeweiligen Bundeslandes ab, sondern auch das Problembewusstsein, das jeweils vor Ort herrscht. Mit anderen Worten: Wo Vorgesetzte eher wegschauen oder rechtsextreme Vorfälle verharmlosen, gibt es automatisch weniger Verdachtsfälle.

Den höchsten Anteil aktenkundiger Verdachtsfälle weist – gemessen an der Zahl der Beschäftigten – mit 0,67 Prozent Berlin auf. In der Bundeshauptstadt war im August 2020 ein „Konzept zur internen Vorbeugung und Bekämpfung von möglichen extremistischen Tendenzen“ vorgestellt worden, wonach Mitarbeiter verpflichtet sind, entsprechende Sachverhalte zu melden. In Hessen lag der Anteil bei 0,2 Prozent, in Sachsen bei 0,13 Prozent.

Gewerkschaft fordert mehr Unterstützung für zu Unrecht Beschuldigte

Bei der Bundespolizei, die im betrachteten Zeitraum rund 54.000 Beschäftigte hatte, kamen den Angaben zufolge 16 Fälle hinzu. Beim Bundeskriminalamt (BKA) und dem Bundesnachrichtendienst (BND), wo deutlich weniger Beamte arbeiten, fielen jeweils zwei mutmaßliche Rechtsextremisten auf. Unter den 263.000 Menschen, die im Geschäftsbereich des Verteidigungsministeriums tätig waren, wurden in den eineinhalb Jahren 53 sogenannte Altfälle sowie 75 neue Fälle betrachtet.

Beamtinnen und Beamte, die sich nicht auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung bewegen, müssten so schnell wie rechtsstaatlich möglich aus dem Dienst ausscheiden, sagt der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jochen Kopelke. „Beschäftigte des öffentlichen Dienstes müssen populistischen, rassistischen und extremistischen Einflüssen gegenüber resilient sein“, betont er. Wichtig sei jedoch auch, dass der Dienstherr bei falschen Verdächtigungen und nicht gerechtfertigten Disziplinarverfahren für eine komplette Rehabilitation, der zu Unrecht Beschuldigten sorge. (dpa/mig) Leitartikel Panorama

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