Pressefreiheit
Bundesverwaltungsgericht setzt „Compact“-Verbot teilweise aus
Das Bundesverwaltungsgericht hat das Verbot des rechtsextremistischen „Compact“-Magazins teilweise aufgehoben – entlastet ist das Medium damit nicht. Das Innenministerium bleibt bei seiner Rechtsauffassung.
Donnerstag, 15.08.2024, 12:48 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 15.08.2024, 12:48 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Das rechtsextremistische Magazin „Compact“ hat einen Teilerfolg im juristischen Streit um sein Verbot durch das Bundesinnenministerium errungen. Das Bundesverwaltungsgericht gab einem Eilantrag der Compact-Magazin GmbH auf aufschiebende Wirkung ihrer Klage in Teilen statt, wie das Gericht am Mittwoch in Leipzig mitteilte. (AZ: BVerwG 6 VR 1.24)
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte das Magazin im Juli verboten. Es darf nun unter Auflagen vorläufig weiter erscheinen. Das Bundesinnenministerium hält sein Verbot auch nach der ersten Gerichtsentscheidung weiter für begründet und will seine Position im Hauptsacheverfahren umfassend darlegen.
Anhaltspunkte für Verletzung der Menschenwürde
Das Bundesverwaltungsgericht erklärte, einzelne Ausführungen in den Print- und Online-Publikationen von „Compact“ ließen zwar Anhaltspunkte insbesondere für eine Verletzung der Menschenwürde erkennen. Zudem deute „Überwiegendes“ darauf hin, dass die Magazin-Macher in vielen Beiträgen eine kämpferisch-aggressive Haltung gegenüber elementaren Verfassungsgrundsätzen einnehmen.
Mit Blick auf die Meinungs- und Pressefreiheit bestehen laut Gericht jedoch Zweifel an der Verhältnismäßigkeit des Verbots. Vor dem Hintergrund von in weiten Teilen nicht zu beanstandenden Beiträgen in den „Compact“-Ausgaben stelle sich die Frage, ob verletzende Passagen für die Ausrichtung der Vereinigung insgesamt derart prägend sind, dass ein Verbot gerechtfertigt sei.
Andere Maßnahmen statt Verbot
Statt eines generellen Verbots halten die Bundesverwaltungsrichter presse- und medienrechtliche Maßnahmen wie Veranstaltungsverbote, orts- und veranstaltungsbezogene Äußerungsverbote sowie Einschränkungen und Verbote von Versammlungen für möglich. Ob „Compact“ sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richtet und damit rechtmäßig verboten wurde, soll erst in einem Hauptsacheverfahren abschließend beurteilt werden.
Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums erklärte am Mittwoch in Berlin, das Ministerium habe das verfassungsfeindliche und aggressiv-kämpferische Agieren der Compact-Magazin GmbH in der Verbotsverfügung umfassend begründet und durch Beweismaterial der Sicherheitsbehörden belegt. Für das Hauptsacheverfahren würden derzeit auch Beweismittel ausgewertet, die bei Durchsuchungen zur Durchsetzung des Vereinsverbots sichergestellt wurden.
FDP kritisiert Faesers Vorgehen
Das Bundesinnenministerium hatte seine Entscheidung im Juli damit begründet, dass die Publikation sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richte. Faeser bezeichnete „Compact“ als „zentrales Sprachrohr der rechtsextremistischen Szene“.
Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) kritisierte am Mittwoch das Vorgehen Faesers beim Verbot von „Compact“: „Es wäre in einem Rechtsstaat hilfreich, vor der Einleitung von derartigen drakonischen Maßnahmen auch mildere Mittel in Betracht zu ziehen“, sagte Kubicki den Zeitungen der Funke Mediengruppe (online).
Journalistenverband: Pressefreiheit gestärkt
Der Deutsche Journalisten-Verband sieht in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, das Verbot von „Compact“ durch das Bundesinnenministerium außer Kraft zu setzen, ein klares Bekenntnis zum Grundrecht der Pressefreiheit. Bundesvorsitzender Mika Beuster sagte am Mittwoch in Berlin: „Damit steht fest, dass das ‚Compact‘-Verbot ein politischer Schnellschuss war.“
Der Leiter des „Compact“-Magazins, Jürgen Elsässer, sagte in einem auf der Plattform X verbreiteten Video nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts: „Sieg, Sieg, Sieg!“ „David siegt gegen Goliath, ‚Compact‘ siegt über Faeser, die Demokratie siegt über die Diktatur und das Volk siegt über das Regime!“ Er kündigte an, das Magazin fortsetzen zu wollen. (epd/mig) Aktuell Recht
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