Phantomdebatte?
Diskussion um Heimatbesuche von Geflüchteten
Immer wieder gibt es Berichte über Schutzsuchende, die zeitweise in ihr Herkunftsland reisen. Zahlen dazu gibt es nicht. Der Migrationsbeauftragte warnt vor Verlust des Schutzstatus bei Missbrauch.
Sonntag, 18.08.2024, 13:13 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 18.08.2024, 13:17 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Immer wieder gibt es Spekulationen, dass Geflüchtete auch ohne rechtlich zulässige Gründe vorübergehend in ihre Heimat zurückkehren. Im Fall von Schutzsuchenden aus Afghanistan hat das jetzt erneut eine Diskussion ausgelöst – auch wenn den Behörden dazu keine Zahlen vorliegen. Hintergrund ist eine Recherche von RTL, wonach Reisebüros in Hamburg angeblich für Menschen aus Afghanistan Reisen an den Hindukusch organisieren.
Der Migrationsbeauftragte der Bundesregierung, Joachim Stamp (FDP), warnt Flüchtlinge nun davor, zu Freizeit- oder Urlaubszwecken in ihre Heimatländer zu reisen. Dem Boulevardblatt „Bild“ sagte er: „Deutschland muss weltoffen bleiben, aber nicht blöd. Die Behörden müssen sicherstellen, dass Menschen, die bei uns Schutz beantragt haben, aber im Heimatland Urlaub machen, unmittelbar ihren Schutzstatus verlieren und nicht mehr in Deutschland bleiben können. Punkt.“
Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) sagte der Deutschen Presse-Agentur, Reisen in das angebliche Verfolgungsland stellten natürlich auch den Schutzstatus infrage. Und, „wenn es leicht zugängliche Reisewege nach Afghanistan gibt, besteht auch die Möglichkeit der Rückführungen.“
Schutzstatus nach Heimatreisen wird geprüft
Reisen in das Herkunftsland können im Einzelfall durchaus zulässig sein – zum Beispiel wegen einer schweren Erkrankung oder des Todes von engen Familienangehörigen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) in Nürnberg teilt auf Nachfrage mit, dass nach bekanntgewordenen Heimatreisen in jedem Einzelfall geprüft werde, ob der gewährte Schutz zu widerrufen sei.
Genaue Daten, wie oft der Schutz aufgehoben wurde, hat die Behörde nach eigenen Angaben jedoch nicht. Das Bamf veröffentlicht demnach zwar eine allgemeine Statistik über Schutzprüfungen – die auch aus anderen Gründen als Heimatreisen stattfinden. Jedoch erfolgt keine detaillierte Aufschlüsselung, aus welchem Grund eine Aufhebung der Schutzentscheidung geprüft wurde oder erfolgt ist.
Zur Zulässigkeit von Heimatreisen sagt ein Sprecher: „Dabei geht das Bamf im Einklang mit der Rechtsprechung grundsätzlich davon aus, dass diese nur unter spezifischen Voraussetzungen erlaubt sind.“ So sei beispielsweise eine kurze Rückreise zur „Erfüllung einer sittlichen Verpflichtung“ – wie der Teilnahme an einer Beerdigung oder dem Besuch eines schwerkranken Familienangehörigen – kein Grund für einen Widerruf.
Heimatbesuche schon früher öffentlich diskutiert
Debatten über Heimatbesuche von Menschen, die in Deutschland Schutz suchen, gab es schon in früheren Jahren, etwa bei Reisen von Menschen aus Syrien. Für Aufsehen sorgte 2017 ein Antrag der AfD im Baden-Württembergischen Landtag, Heimataufenthalte von Geflüchteten zu untersuchen.
Das Innenministerium teilte daraufhin nach einer Umfrage in den Ausländerbehörden mit, dass seit dem Jahr 2014 circa 160 Fälle bekannt geworden seien, in denen die Menschen einmal oder mehrmals in ihre Heimat zurückgekehrt seien. Dabei sei von einer gewissen Dunkelziffer auszugehen. Als Anlass wurden beispielhaft persönliche, familiäre oder geschäftliche Gründe genannt.
Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen teilte 2017 auf eine Kleine Anfrage mit, dass nach den dort vorliegenden Erkenntnissen die betreffenden Flüchtlinge nicht in ihre Heimatländer reisten, um dort „Urlaub“ zu machen. (dpa/mig) Leitartikel Politik
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