„Schwarzer Peter“ & weiße Barbies
Spielzeug spiegelt auch Werte und Rassismus wider
Ein ganzheitlicher Blick in die Welt des Spielzeugs macht klar: Spielzeug ist immer auch politisch. Das veranschaulicht das Spielzeugmuseum Nürnberg. Dort wurden 70 rassistische Spielzeuge identifiziert, 700 sind mindestens problematisch.
Von Thomas Tjiang Donnerstag, 22.08.2024, 15:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 22.08.2024, 15:25 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Spielzeug ist alles andere als Kinderkram. Das gilt zumindest für das Nürnberger Spielzeugmuseum, das einen ganzheitlichen und wissenschaftlichen Blick auf seinen Gesamtbestand mit gut 90.000 Objekten wirft. „Spielzeug ist immer auch politisch“, stellt Museumschefin Karin Falkenberg klar, „denn es ist nie frei von Haltungen und Wertungen, die in unserer Gesellschaft existieren“.
Falkenberg hat mit einem diversen Team die Sammlungen des Museums auf diskriminierenden Rassismus gegenüber schwarzen Menschen durchforstet. Dabei ging es um eine stereotype Darstellung, die Menschen mit afrikanischen Wurzeln zeigt. Das gelte beispielsweise für ein altes „Schwarzer Peter“-Kartenspiel, das einen Schwarzen Mann mit wulstigen Lippen und Kulleraugen zeigt. Es trifft auch auf eine gut 100 Jahre alte „Schwarze Tanzfigur“ zu, die nach dem Aufziehen zu tanzen beginnt.
70 rassistische Spielzeuge
Insgesamt 70 rassistische Spielzeuge hat das Museum in seinem Bestand identifiziert. Weitere gut 700 Objekte gelten als mindestens problematisch. Manche Stücke aus der Sammlung zeigt das Museum nicht mehr, sondern behält sie im Depot unter Verschluss. Sichtbar werden diese Stücke durch eine leere Vitrine. Andere Spielobjekte sind zweisprachig kommentiert zu sehen.
Zusätzlich haben sie eine ergänzende Inszenierung erhalten. Der „Schwarze Peter“ erhält eine aktive Figur, die selbstbewusst zum Tritt gegen das „Schwarze Peter“-Kartenhaus ausholt. Die Alabama-Tanzfigur erhält als alternative Erzählung drei Bilder im Hintergrund. Darauf steigt er von seinem Tanzpodest heraus, wirft den Aufziehschlüssel weg und geht seiner eigenen Wege.
Weiße Barbies
„Wir dürfen durch das unkommentierte Ausstellen nicht zur Reproduktion von Nürnberger Spielzeugmuseum“, beschreibt Falkenberg die Position ihres Hauses. Dass sie trotzdem einige Exponate zeigt, habe einen guten Grund: „Wir dürfen als Museum und wissenschaftliche Einrichtung nichts tabuisieren.“ Mittlerweile haben sie mehrere Anfragen anderer Museen aus dem Bundesgebiet erreicht, um sich über Vorgehen und Erfahrungen auszutauschen.
Damit ist für die Leiterin des Spielzeugmuseums die Arbeit noch längst nicht erledigt. So fällt ihr etwa beim Thema Spielpuppen auf, dass 90 Prozent des weltweiten Angebots für die Kinderzimmer weiße Barbies & Co. sind. Schaut man auf die Weltbevölkerung, haben Weiße allerdings nur einen Anteil von zehn Prozent. „Spielzeug ist nicht unschuldig“, betont Falkenberg.
Menschenunwürdige Spielzeug-Herstellung
Eine weitere Dimension des politischen Spielzeugs spiegele sich im Lieferkettengesetz wider. So thematisiert etwa die Nichtregierungsorganisation Fair Toys die manchmal menschenunwürdige Arbeit in Fabriken in Fernost. Der Nürnberger Verein hatte sich vor vier Jahren im Spielzeugmuseum gegründet und im letzten Jahr erstmals sein Siegel für soziale und ökologische Verantwortung in der Spielwarenproduktion vergeben.
Am Wert von Spielzeug lässt Falkenberg naturgemäß keinen Zweifel. Spielzeug begleite die Menschheitsgeschichte von Anfang an. Spielsachen seien „Symbole unserer Kultur, Quellen unserer Geschichte und ein Spiegel unseres Fortschritts“, sagt die Museumsleiterin. (epd/mig) Feuilleton Leitartikel
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