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Familie in Armut (Symbolfoto) © de.depositphotos.com

Solingen-„Sicherheitspaket“

Leistungskürzungen für Asylbewerber in der Kritik

Kommen weniger Schutzsuchende nach Deutschland, wenn sie hier nicht mit Leistungen rechnen können? Menschenrechtler und Unionspolitiker bezweifeln die Wirkung von Leistungskürzungen. Die Caritas warnt vor gesellschaftlichen Folgen der Debatte.

Sonntag, 01.09.2024, 13:50 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 01.09.2024, 13:50 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Der Asyl- und Migrationsforscher Maximilian Pichl kritisiert das als Reaktion auf den Solinger Messeranschlag beschlossene Sicherheitspaket der Bundesregierung. Der Wissenschaftler bezweifelte am Samstag im Deutschlandfunk etwa, dass die von der Ampel-Koalition geplante Kürzung von Sozialleistungen für Flüchtlinge, für die ein anderes EU-Land zuständig ist, verfassungskonform ist. „Ich halte das mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zu Sozialleistungen für Asylbewerber nicht für vereinbar“, sagte Pichl, der an der Hochschule Rhein-Main in Wiesbaden zu den Themen Asyl- und Migrationsrecht forscht.

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Außerdem könne das Maßnahmenpaket der Bundesregierung unerwünschte Folgen haben: Sollte die Koalition ihr Vorhaben wahr machen, sogenannten Dublin-Flüchtlingen die Sozialleistungen komplett zu streichen, dürfte sich das nach Einschätzung des Wissenschaftlers als „großer Treiber für Kriminalität“ erweisen. Alternativ könnten Flüchtlinge ohne jegliche Einkünfte untertauchen, „weil sie in extreme Notlagen geraten und verelenden“.

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Frei hält Leistungsstreichungen für Asylbewerber nicht für wirksam

Die Unionsfraktion meldet ebenfalls Bedenken an, macht allerdings andere Gründe geltend: Sie glaubt nicht an die Wirkung der von der Bundesregierung angepeilten Leistungsstreichungen für Schutzsuchende. „Es sind nur Fälle betroffen, in denen das Übernahmeersuchen positiv beschieden wurde und eine soziale Absicherung im Zielstaat besteht. Das reduziert den Anwendungsbereich deutlich“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, der „Rheinischen Post“.

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Frei meint damit, dass die betroffenen anderen EU-Länder eine Rücküberstellung aus Deutschland zustimmen müssen, damit die Flüchtlinge in der Zwischenzeit in Deutschland keine Leistungen mehr über das absolut notwendige Maß hinaus beziehen können. Diese Zustimmung werde aber bei weitem nicht immer erteilt. „Und was nun in Zukunft geschehen wird, liegt auf der Hand: Unsere Nachbarländer werden die Zustimmung noch häufiger versagen als ohnehin schon oder gar noch weniger registrieren“, prognostizierte Frei.

Das Problem werde nicht durch mehr Rückführungen gelöst, betonte Frei. „Sondern wir müssen über den Zugang reden.“ Darüber wolle die Union in der kommenden Woche bei Gesprächen mit der Ampel-Regierung und den Ländern reden.

Caritas-Präsidentin warnt vor Retraumatisierung von Flüchtlingen

Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa warnt angesichts der aktuellen Debatte über das Asylrecht vor Schäden am gesellschaftlichen Frieden in Deutschland und einer Retraumatisierung von Geflüchteten. „Wir hören aus den Migrationsdiensten der Caritas, dass die Ereignisse und Debatten der letzten Wochen die Schutzbedürftigen massiv verunsichern“, sagte sie dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. „Sie fühlen sich retraumatisiert und fürchten sich vor Diskriminierung und vor religiös und rassistisch motivierter Gewalt in Deutschland.“

Die Taten einzelner Krimineller dürften den sozialen Frieden in Deutschland nicht zerstören, mahnte Welskop-Deffaa. „Wir dürfen nicht zulassen, dass unser Herz verhärtet und sich unser Blick verschließt für die Nöte unserer Mitmenschen, egal welcher Herkunft.“

Aus Bulgarien nach Deutschland

Die Bundesregierung hatte in dieser Woche Pläne vorgestellt, dieser Gruppe von Schutzsuchenden keine Leistungen mehr anzubieten, um sie von einer Weiterreise nach Deutschland aus einem anderen EU-Land abzuhalten. Dies ist eine von diversen Maßnahmen, die infolge der tödlichen Messerattacke von Solingen beschlossen wurden.

Beim „Fest der Vielfalt“ zum 650. Solinger Stadtjubiläum hatte ein Attentäter drei Menschen erstochen und acht Menschen verletzt. Mutmaßlicher Täter ist der inhaftierte 26-jährige Syrer Issa Al H., der Anfang 2023 als Asylbewerber nach Deutschland kam. Ihm wird unter anderem die Mitgliedschaft in der Terrororganisation IS vorgeworfen.

Der Mann sollte 2023 nach Bulgarien abgeschoben werden, wo er zuerst einen Asylantrag in der EU gestellt hatte. Die Überstellung scheiterte aber, weil die Behörden den Mann am geplanten Termin nicht antrafen und keine weiteren Versuche unternommen wurden. (epd/dpa/mig) Aktuell Panorama

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