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Urwald (Archiv) © JanBartel @ pixabay.com (Lizenz), bearb. MiG

Klimawandel

Brasilien wird von einer Rekord-Dürre heimgesucht

Große Teile von Brasilien sind von einer schweren Dürre erfasst. Das erleichtert die Ausbreitung von Waldbränden. In den kommenden Monaten könnte sich die Situation noch weiter zuspitzen. Die Folgen sind kaum absehbar.

Von Dienstag, 10.09.2024, 10:36 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 10.09.2024, 10:38 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Die Dürrekarten des brasilianischen Nationalen Zentrums für die Überwachung und Warnung vor Naturkatastrophen (Cemaden) sehen erschreckend aus – in einigen Gebieten des Landes hat es seit mehr als 120 Tagen nicht mehr geregnet. In rund 1.400 Gemeinden herrscht demnach eine starke oder extreme Dürre. Besonders betroffen sind der Norden und der mittlere Westen.

Seit den 1990er Jahren werden solche extremen Trockenphasen in Brasilien immer häufiger und immer stärker, die Dürre in diesem Jahr ist die schwerste seit Beginn der Messungen. Sie hat bereits im zweiten Halbjahr 2023 begonnen, nach aktuellen Vorhersagen werden auch in den kommenden drei Monaten weniger Niederschläge als im Durchschnitt erwartet.

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Dürren immer länger und intensiver

„Dürren werden immer länger und immer intensiver“, erklärt die Klimaexpertin Ana Paula Cunha vom Cemaden. Auch wenn es bei einer einzelnen Trockenperiode schwierig sei, den Zusammenhang herzustellen, lasse sich dies klar auf den Klimawandel zurückführen. Dass es seit dem vergangenen Jahr in Brasilien so wenig regnet, hat aber auch mit weiteren Faktoren zu tun: Das Wetterphänomen „El Niño“ sorgte laut Cunha zusammen mit der überdurchschnittlichen Erwärmung des Atlantiks für komplexe Strömungsveränderungen und dann auch dafür, dass die Regenfälle abnahmen.

Wegen der extremen Trockenheit breiten sich auch Waldbrände schneller aus. Aktuell meldet das südamerikanische Land eine Zunahme an Feuern. Von Januar bis August 2024 loderten im brasilianischen Teil des Amazonas laut dem staatlichen Weltrauminstitut Inpe insgesamt 63.189 Feuer. Das ist die höchste Zahl seit zwei Jahrzehnten und eine Verdopplung zum Vorjahr. Auch im Feuchtgebiet Pantanal, einem Hotspot der Biodiversität, werden immer wieder Rekordzahlen von Bränden gemeldet.

Komplexe klimatische Zusammenhänge

Dafür verantwortlich sind auch Viehhalter und Plantagenbetreiber. „Seit Jahrzehnten wird der Wald für Rinderweiden und zunehmend für Sojaplantagen abgefackelt“, erklärt Roberto Maldonado, Leiter des Lateinamerika-Bereichs bei der Naturschutzorganisation WWF Deutschland. Die klimatischen Bedingungen wirkten nun bei den von Menschen gelegten Bränden wie ein Katalysator.

Die Klimaexpertin Cunha warnt vor der Wechselwirkung zwischen der Abholzung und der Intensität von Trockenphasen. Aus Studien sei bekannt, „dass die Abholzung im großen Stil Dürren noch zusätzlich verstärkt“, sagt die Wissenschaftlerin. Die Rodung führt dazu, dass sich Wasser- und Kohlenstoffkreisläufe in der Amazonasregion verändern. Die Zusammenhänge sind komplex, beispielsweise reduziert die Abholzung die Verdunstung über dem Amazonas, sodass sich weniger Wolken bilden.

Kaum vorhersehbaren Folgen

Rund 20 Prozent des ursprünglichen Regenwaldes wurden laut verschiedenen Studien bereits zerstört. Die Wissenschaftler Thomas Lovejoy und Carlos Nobre rechnen damit, dass möglicherweise bei einer zerstörten Fläche von 25 Prozent bereits ein Kipppunkt erreicht wird. Der Amazonas würde sich dann zu großen Teilen in eine Steppe verwandeln, mit kaum vorhersehbaren Folgen – auch für Menschen außerhalb des Landes. Schon jetzt verlassen Millionen Menschen rund um den Globus aufgrund klimatischer Veränderungen ihre Heimat. Es gibt bereits Forderungen nach einem Klima-Asyl.

Die ersten Konsequenzen der extremen Trockenheit zeigen sich bereits – zum Beispiel am Rio Madeira, einem der Hauptzuflüsse des Amazonas, der nun den geringsten Wasserstand seit mehr als 50 Jahren führt. In der Amazonasregion, wo Wasserwege oftmals die einzige Möglichkeit zur Fortbewegung sind, wird die Schifffahrt zunehmend schwieriger. Das brasilianische Nachrichtenportal G1 berichtet zudem über Probleme mit der Wasserversorgung in der Region.

Viel Zeit verloren durch Leugnung

Auch für die Energieversorgung könnte die Trockenheit Folgen haben, denn Brasilien stellt einen großen Teil seines Stroms mit Wasserkraft her. Am Rio Madeira beispielsweise liegen die beiden Wasserkraftwerke Jirau und Santo Antônio. Bereits im vergangenen Jahr war das Kraftwerk Santo Antônio aufgrund von niedrigen Wasserpegeln zeitweise stillgelegt worden.

Um der Dürre zu begegnen, müssten die Gemeinden und Städte mehr in Klimaanpassung investieren, sagt Cunha. Die Regierung unter dem linksgerichteten Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva habe in den vergangenen zwei Jahren begonnen, dafür Pläne zu entwickeln. Unter der Regierung des vorherigen Präsidenten Jair Bolsonaro, der die Konsequenzen des Klimawandels kleinredete, habe man aber viel Zeit verloren. (epd/mig) Aktuell Ausland

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