Anti-Terror-Paket im Südwesten
Mehr Geld und Personal für Sonderstab „Gefährliche Ausländer“
Der Terroranschlag von Solingen hat Deutschland erschüttert. Der Bund verschärfte deshalb die Gesetze, genau wie NRW. Nun zieht Baden-Württemberg nach – und erntet Kritik. Migration und Sicherheit sind in einem Topf.
Von Nico Pointner und David Nau Dienstag, 24.09.2024, 15:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 24.09.2024, 15:30 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Im Kampf gegen religiös motivierten Terror will die grün-schwarze Landesregierung in Baden-Württemberg die Sicherheitsbehörden mit mehr Befugnissen, mehr Personal und mehr Geld ausstatten. Die grün-schwarze Regierung einigte sich am Montagabend auf ein umfassendes Sicherheitspaket. Es geht dabei um die Bereiche Sicherheit, irreguläre Migration und Prävention.
Hintergrund sind die tödlichen Messerangriffe von Mannheim und Solingen. Dass Einzeltäter sich radikalisierten und scheußliche Taten begingen, sei eine Entwicklung, die sich verstärke, warnte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) am Dienstag. Nachdem der Bund und das Land Nordrhein-Westfalen neue Maßnahmen beschlossen haben, einigten sich Grüne und CDU im Südwesten am Montagabend auf ein Maßnahmenpapier, das 16 Punkte im Bereich Sicherheit aufführt, acht bei der Migration und sieben bei der Prävention. Mehrere Ministerien haben daran mitgewirkt.
Nicht alles davon ist neu, teils werden in dem Papier bereits implementierte Maßnahmen aufgeführt oder Dinge, die bereits im geplanten Doppelhaushalt für 2025 und 2026 hinterlegt sind. „Das ist ein Beleg, dass die Dinge schon längst eingespurt sind“, sagte Kretschmann. Nach Worten von Innenminister Thomas Strobl (CDU) habe man neue Maßnahmen beschlossen mit Kosten in Höhe von 18 Millionen Euro jährlich.
Sonderstab heißt: „Gefährliche Ausländer“
In Baden-Württemberg soll ein neues Staatsschutz- und Anti-Terrorismuszentrum entstehen. Das neue Zentrum soll relevante Akteure unter dem Dach des Landeskriminalamts vernetzen – mit dabei sein sollen nicht nur Polizei, Staatsanwaltschaft und Verfassungsschutz, sondern auch der Sonderstab „Gefährliche Ausländer“ und die Landesmedienanstalt, heißt es in dem Sicherheitspapier.
Künstliche Intelligenz (KI) soll den Ermittlern künftig im Kampf gegen den Terrorismus stärker unter die Arme greifen – etwa bei der Auswertung von Millionen Bild- und Videodateien, beim Durchsuchen extremistischer Inhalte in sozialen Medien und beim Dolmetschen von Chatverläufen. Baden-Württemberg will zudem gemeinsam mit einer externen Hochschule in Baden-Württemberg einen spezifischen Studiengang für die Analyse und Auswertung von Daten für die Polizei entwickeln. Gegen Terror im Netz soll die IT-Infrastruktur der Polizei gestärkt werden.
Zur Fahndung gesuchter Verbrecher möchte sich das Land außerdem nach einem Pilotbetrieb mehrere Geräte für ein automatisches Kennzeichenlesesystem beschaffen. Eine „Task Force Desinformation“ soll zur Sensibilisierung und Aufklärung beitragen.
Maßnahmen gegen irreguläre Migration
Der Sonderstab „Gefährliche Ausländer“ soll gestärkt werden, um kriminelle Ausländer schneller abschieben zu können. Dafür soll der Stab zusätzliche Mittel und Personal erhalten. Laut Justizministerium geht es um 20 zusätzliche Stellen. Eine weitere Asylkammer soll entstehen, um Verfahren zu beschleunigen. Landesweit sind zum Juli 2024 bereits sechs Asylkammern mit 18 zusätzlichen Richterstellen eingerichtet worden. Seit Juni stiegen die Eingangszahlen an den Gerichten allerdings extrem an, heißt es in dem Papier.
Mobile Beratungsteam sollen der Radikalisierung in Flüchtlingsheimen vorbeugen. Extremisten und insbesondere Salafisten nutzten Flüchtlingsunterkünfte zur Radikalisierung, heißt es in dem Papier. Auch die Weiterbildungsangebote zur Extremismusprävention für Lehrer sollen ausgebaut, die Demokratiebildung an Schulen gestärkt werden.
Grüne Jugend: Migration und Sicherheit in einem Topf
Der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Ralf Kusterer, begrüßt die Maßnahmen, diese seien richtig und wichtig. „Manches was jetzt kommen soll, hatten wir vor Jahren gefordert. Vielleicht war die Zeit damals noch nicht reif“, sagte er. Die Umsetzung müsse nun schnell erfolgen.
Kritik kommt hingegen von der Grünen Jugend. „Wir halten es für falsch, Migration in einen Topf mit Sicherheit und Terrorismusbekämpfung zu packen“, teilten die Sprecherinnen des Landesverbands mit, Anne Mann und Elly Reich. „Da werden Themen zusammengeworfen, die nicht zwangsläufig zusammengehören.“ Die Regierung impliziere, dass „Migration per Se ein Sicherheitsproblem wäre“. (dpa/mig) Aktuell Politik
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