Verstoß gegen Menschenrechte
EU-Gericht verurteilt Deutschland wegen Abschiebung nach Griechenland
Immer wieder wird Griechenland für seinen Umgang mit Flüchtlingen kritisiert. Dennoch wird in das Land abgeschoben. Nun spricht der Gerichtshof für Menschenrechte ein Urteil – und bescheinigt Deutschland einen Verstoß gegen die Menschenrechtskonvention. Bayerns Innenminister ist verärgert.
Mittwoch, 16.10.2024, 12:10 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 16.10.2024, 17:17 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Im Zusammenhang mit einer Abschiebung nach Griechenland hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Deutschland verurteilt. Die deutschen Behörden hätten sicherstellen müssen, dass ein Flüchtling nach seiner Abschiebung nach Griechenland ein angemessenes Asylverfahren erhalte und keiner Misshandlung ausgesetzt sei, entschieden die Richter in Straßburg.
Deutschland muss nun 8.000 Euro Schadenersatz zahlen. Auch Griechenland wurde zu einer Strafzahlung verurteilt. Athen habe hier gegen das Verbot der unmenschlichen Behandlung aus der Europäischen Menschenrechtskonvention verstoßen, hieß es.
Geklagt hatte ein 1993 geborener Syrer, der 2018 zunächst nach Griechenland floh und anschließend weiter nach Deutschland reiste. Am Tag seiner Ankunft in Deutschland wurde er aufgrund eines Abkommens wieder nach Griechenland abgeschoben, obwohl er seine Absicht geäußert hatte, hier Asyl zu beantragen. In Griechenland wurde er dann für mehr als zwei Monate in einer Polizeistation inhaftiert.
Verstoß gegen Menschenrechtskonvention
Deutschland habe damit gegen die Menschenrechtskonvention verstoßen, urteilte das Gericht. Denn die Behörden hätten sich vergewissern müssen, dass der Mann in Griechenland nicht unter Bedingungen festgehalten werde, die gegen das Verbot der unmenschlichen Behandlung verstießen.
Der Europarat, zu dem der EGMR gehört, hatte Griechenland in den vergangenen Jahren immer wieder für seinen Umgang mit Migranten kritisiert. Das Land müsse die Bedingungen in den Flüchtlingsunterkünften deutlich verbessern, hieß es zuletzt im Juli in einem Bericht des Anti-Folter-Komitees. Europarat und EGMR sind von der EU unabhängig und setzen sich für die Wahrung der Menschenrechte in den 47 Mitgliedsstaaten ein.
Herrmann warnt vor fatalen Folgen
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann fürchtet nach dem EGMR-Urteil fatale Folgen für die deutsche Abschiebepraxis. „Dieses Urteil ist absurd. Dass jeder einzelne EU-Mitgliedsstaat die Menschenrechtslage in anderen Mitgliedsstaaten prüfen muss, ist doch völlig unrealistisch“, sagte der CSU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur in München. Es sei allein Sache der EU, sowohl bei einem Beitrittsgesuch zur Union als auch danach sicherzustellen, dass in allen Mitgliedsstaaten die Menschenrechte gewahrt würden.
Laut Herrmann wäre eine entsprechende Rechtsauffassung für den Kampf gegen die irreguläre Migration „fatal“. „Darüber hinaus ist das auch nicht Sinn und Zweck eines Staatenverbunds“, sagte er. „Wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte feststellt, dass es hier innerhalb der Union Missstände gibt, dann muss die EU dagegen angehen“, betonte Herrmann. Griechenland sei ja auch aufgrund der unmenschlichen Behandlung des betroffenen Flüchtlings zu einer Strafzahlung verurteilt worden. „Es kann aber nicht sein, dass EU-Mitgliedsstaaten nun jede einzelne Abschiebung auf den Prüfstand stellen, um eine menschenwürdige Behandlung auch außerhalb der eigenen Zuständigkeit sicherzustellen.“ (dpa/mig) Aktuell Recht
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