Flüchtlingsrat kritisiert Symbolpolitik
Baden-Württemberg gibt erste Bezahlkarten an Flüchtlinge aus
Geflüchtete in ganz Baden-Württemberg erhalten staatliche Leistungen künftig nicht mehr in bar. Sie sollen bei Einkäufen Bezahlkarten nutzen. Damit würden Auslandsüberweisungen verhindert und Schleuserkriminalität bekämpft. Der Flüchtlingsrat weist das zurück – energisch.
Dienstag, 03.12.2024, 10:35 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 03.12.2024, 9:40 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Geflüchtete in ganz Baden-Württemberg bekommen Bezahlkarten auf Basis eines landesweit einheitlichen Systems. Mit diesen können sie zum Beispiel einkaufen, Geld abheben oder überweisen. „Durch eine gezielte Steuerung und Kontrolle der Gelder tragen wir aktiv zur Bekämpfung von Schleuserkriminalität bei“, erklärte Migrationsstaatssekretär Siegfried Lorek (CDU) laut Mitteilung bei der Ausgabe der ersten Karten in der Erstaufnahmeeinrichtung in Eggenstein-Leopoldshafen (Landkreis Karlsruhe). „Zudem reduzieren wir durch die Umstellung Anreize für eine irreguläre Asylmigration nach Deutschland.“ Die Karten seien so eingestellt, dass das Guthaben nicht an Verwandte ins Ausland übertragen werden kann.
Mit den Karten können Geflüchtete beispielsweise beim Einkauf bezahlen und in der Regel nur 50 Euro pro Person im Monat in bar abheben. Die Behörden können zudem entscheiden, an welche IBAN Überweisungen möglich sind oder auf welchen Online-Plattformen mit der Karte bezahlt werden kann.
Flüchtlingsrat: Bezahlkarte schürt Vorurteile
Aus Sicht des Flüchtlingsrats Baden-Württemberg ist die Bezahlkarte hingegen „ein Paradebeispiel für die aktuelle Migrationspolitik, die sich nicht an Fakten orientiert, sondern die dazu beiträgt, Vorurteile über geflüchtete Menschen zu schüren“. Es gebe „keinerlei empirische Grundlage für die massenhaft verbreitete Fehlannahme, geflüchtete Menschen würden in großem Stil nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bezogene Leistungen ins Ausland überweisen“, teilt Anja Bartel aus der Leitung der Geschäftsstelle unter anderem mit. „Hierfür sind diese Leistungen schlichtweg viel zu niedrig.“ Das Geld reiche gerade so zur Deckung des persönlichen Bedarfs in Deutschaland. Asylbewerbern stehen in Deutschland weniger Geld zur Verfügung als Bürgergeldempfängern.
Zudem verursache die Bezahlkarte bisher in Landkreisen, in denen sie mit vielen Einschränkungen versehen ist, Probleme bei Geflüchteten, ehrenamtlichen Helfern, Sozialarbeitenden oder in der Verwaltung. Bartel verweist auf technische Probleme oder Einzelfallentscheidungen über Abhebebeträge. „Damit trägt die Bezahlkarte nicht zu einer Entlastung der Behörden bei, sondern verkommt zum Bürokratiemonster.“
Ministerium betont Fortschritte
Baden-Württemberg hatte sich mit 13 Bundesländern auf die Einführung der Bezahlkarten geeinigt. In den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes sollen diese ab Dezember ausgerollt werden. In Stadtkreisen und Landratsämtern soll die Ausgabe erster Karten Lorek zufolge im Januar beginnen.
Stadt- und Landkreise, die schon ein Bezahlkartensystem eingeführt haben, werden laut dem Ministerium nach und nach auf das landeseinheitliche System umsteigen. „Nach Abschluss des Rollouts müssen keine Bargeldbestände mehr gelagert, verwaltet und ausgegeben werden“, sagte Lorek. „Die Karte bietet eine sichere und moderne Möglichkeit, Leistungen bereitzustellen.“ Auf gegenteilige Erfahrungsberichte aus Pilotprojekten ging der Minister nicht ein. (dpa/mig) Aktuell Politik
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