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Zusammenhalt (Symbolfoto) © Thirdman von Pexels

Studie

Studie: Soziale Ungleichheit beim Ehrenamt nimmt zu

Auch für ehrenamtliches Engagement gibt es Hürden. Laut dem vierten Engagementbericht der Bundesregierung sind diese in den vergangenen Jahren sogar höher geworden. Betroffen sind unter anderem Menschen mit Einwanderungsgeschichte.

Mittwoch, 04.12.2024, 18:35 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 04.12.2024, 18:35 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Menschen mit Behinderungen oder Migrationshintergrund sowie arme Menschen engagieren sich in Deutschland im Vergleich seltener ehrenamtlich. Dies geht aus dem am Mittwoch veröffentlichten vierten Engagementbericht der Bundesregierung hervor. Die Diakonie Deutschland mahnte eine stabile Finanzierung des Ehrenamtes an.

Dem Bericht zufolge hat sich die soziale Schere bei der Beteiligung am freiwilligen Engagement weiter geöffnet. Demnach engagieren sich deutlich mehr sozial gut gestellte Personen ehrenamtlich als Menschen mit niedrigen Einkommen. Der Unterschied hat sich dem Bericht zufolge zwischen 1999 und 2019 verdoppelt.

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Staatsangehörigkeit spielt eine Rolle

Nach Angaben des Bundesfamilienministeriums engagieren sich fast 29 Millionen Menschen ehrenamtlich in Deutschland. Schwerpunkt des von unabhängigen Sachverständigen erarbeiteten Engagementberichts sind die Voraussetzungen für freiwilliges Engagement. Gleiche Zugangschancen seien von hohem gesellschaftlichen Wert, hieß es. Ungleiche Beteiligung führe dazu, dass nicht alle Gruppen ihre Interessen gleichermaßen in Projekte, Institutionen oder Vereine einbringen können.

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Besonders schwer haben es den Angaben zufolge Menschen, die an der Armutsschwelle leben, und Erwerbslose. Menschen mit Behinderungen müssen erhebliche Barrieren überwinden, um mitwirken zu können. Auch die Staatsangehörigkeit spielt eine Rolle. Zwar engagieren sich ein Drittel der Eingebürgerten in Deutschland ehrenamtlich. Doch sind es bei den Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit seit Geburt 43 Prozent und unter Ausländern nur 17 Prozent. Im Bevölkerungsdurchschnitt liegt die Engagementquote bei knapp 40 Prozent.

Expertin: Es liegt nicht an der Motivation

Der geringe Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund liegt nach Angaben des am Berichts beteiligten Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM-Institut) nicht an mangelnder Motivation oder Hilfsbereitschaft. Die Sozialwissenschaftlerin Sabrina Zajak vom DeZIM-Institut sagte, wenn man freiwilliges Engagement außerhalb von Vereinen und Organisationen betrachte, etwa die informelle Nachbarschaftshilfe, seien Menschen mit Migrationshintergrund sogar deutlich überrepräsentiert.

Gut 38 Prozent der nur informell Engagierten haben den Angaben zufolge einen Migrationshintergrund, helfen auf diese Weise anderen und gestalten ihr Umfeld mit. „Aber diese Formen von solidarischem Handeln werden durch die gängigen Definitionen im Freiwilligensurvey bisher nicht sichtbar gemacht“, erklärt Zajak. Dadurch könne sich das Vorurteil verfestigen, Menschen mit Migrationshintergrund würden nicht helfen wollen – was gesellschaftliche Spaltung schüre und weitere Diskriminierung fördere.

Hürden erschweren Zugang

Der höhere Anteil informell Engagierter mit Migrationshintergrund ist laut Bericht auch darauf zurückzuführen, dass es viele Hürden gibt, die den Zugang zu offiziellen Strukturen erschweren. Zentral für den Weg ins freiwillige Engagement seien Netzwerke, aus denen heraus neue Freiwillige rekrutiert werden. Befragte ohne Migrationshintergrund etwa hätten öfter angegeben, schon einmal von einem Verein oder einem Verband gefragt worden zu sein, ob sie sich engagieren wollen (23,2 bzw. 18,3 Prozent). Wer als „fremd“ wahrgenommen werde, bekomme mit geringerer Wahrscheinlichkeit derlei Anfragen. Auch mangelndes Zutrauen spiele hier eine Rolle.

„Mangelnde Zugangsmöglichkeiten ins Engagement dürfen wir als Gesellschaft nicht hinnehmen. Denn Engagement bedeutet nicht nur, sich für das Gemeinwohl einzusetzen, sondern auch das Zusammenleben konkret zu gestalten und Interessen einzubringen“, betont Zajak. „Gleichberechtigte Teilhabe ist wichtig für eine Demokratie, die Vielfalt anerkennt. Darum müssen wir uns auch weniger offensichtlicher Barrieren bewusst werden und sie abbauen.“

Sachverständige fordern Abbau von Hürden

Die Diakonie Deutschland drängt auf stabile Rahmenbedingungen für das Ehrenamt. Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch sagte, die Unsicherheit über den zukünftigen Bundeshaushalt führe bereits dazu, dass sich Hauptamtliche nach neuen Jobs umsähen. „Mit ihnen geht der notwendige, stabile fachliche Rückhalt für das freiwillige Engagement verloren“, erklärte Schuch. Dies sei kaum zu kompensieren.

Die Sachverständigen-Kommission empfiehlt der Politik und den Institutionen, die Ehrenamtliche beschäftigen, den Barrieren und Hürden für gesellschaftliches Engagement entgegenzuwirken. Andernfalls werde sich die soziale Ungleichheit beim Ehrenamt noch verschärfen. Der Bericht beruht auf empirischen Studien und internationalen Forschungsergebnissen. Das Kabinett will auch eine Ehrenamtsstrategie verabschieden. Jede Bundesregierung legt einmal in vier Jahren einen Engagementbericht vor. (epd/mig) Aktuell Gesellschaft

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