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Vorstellung des Jahresberichts des Deutschen Institut für Menschenrechte © Christian Marquardt/AFP

Jahresbericht

Menschenrechtsinstitut kritisiert deutsche Migrationspolitik

Das Institut für Menschenrechte stellt der deutschen Migrationspolitik ein schlechtes Zeugnis aus. Es sei gezeichnet von Abwehr und Abschreckung, heißt es im neuen Jahresbericht. Danach gibt es auch auf dem Arbeitsmarkt Handlungsbedarf.

Montag, 09.12.2024, 17:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 09.12.2024, 17:25 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Das Deutsche Institut für Menschenrechte (DIMR) sieht durch die verschärfte Migrationsdebatte Grundrechte infrage gestellt. In seinem am Montag in Berlin vorgestellten 9. Menschenrechtsbericht kritisiert das Institut einschneidende Verschärfungen im Migrationsrecht und eine Politik, die auf Abwehr und Abschreckung von Schutzsuchenden setze. Direktorin Beate Rudolf sagte, es bereite ihr große Sorgen, „dass Politikerinnen und Politiker demokratischer Parteien vorschlagen, das Grundrecht auf Asyl abzuschaffen oder dass sie das menschenwürdige Existenzminimum infrage stellen“.

Sie bezog sich damit auf Forderungen aus den Unionsparteien, das individuelle Asylrecht auf den Prüfstand zu stellen, die Asylbewerberleistungen für Ausreisepflichtige zu streichen oder das Bürgergeld für arbeitsfähige Menschen infrage zu stellen. „Wenn heute das Existenzminimum von Schutzsuchenden abgesenkt wird, kann es morgen andere treffen“, sagte Rudolf: „Menschenrechte gelten für alle oder für niemanden.“

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Ausbeutung im Transport- und Baugewerbe verhindern

Der aktuelle Menschenrechtsbericht über die Lage in Deutschland sieht Defizite in der Migrationspolitik, der Wohnungspolitik, bei der Inklusion von Menschen mit Behinderungen und bei den Folgen der Rohstoff-Beschaffung auf indigene Gruppen in den Lieferländern. Vor diesem Hintergrund kritisierte Rudolf, dass die Bundesregierung das deutsche Gesetz für die Einhaltung von Menschenrechts-Standards in den Lieferketten zugunsten schwächerer europäischer Regelungen wieder abschaffen will. Dazu will das Kabinett möglicherweise am Mittwoch einen Beschluss fassen.

Auch bei der Behandlung von Ausländer auf dem Arbeitsmarkt gibt es dem Institut zufolge massive Defizite. Es empfiehlt Maßnahmen zur Bekämpfung ausbeuterischer Arbeitsverhältnisse. Ein wichtiger Schritt wäre hier aus Sicht des Instituts die Einführung einer Dokumentationspflicht für Subunternehmerketten im Transport- und Baugewerbe. Betroffen sind insbesondere ausländische Arbeitnehmer, die in ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen festsitzen und faktisch recht- und schutzlos ihren Arbeitgebern ausgeliefert sind.

Kritik an der Bezahlkarte: empirisch widerlegt

Kritik erntet auch die Bezahlkarte für Geflüchtete. „Hartnäckig hält sich die Behauptung, dass Bargeldleistungen einen Anreiz (Pull-Faktor) für Migrant:innen darstellen, um nach Deutschland zu kommen. Doch Wissenschaftler:innen können diesen behaupteten Zusammenhang nicht bestätigen“, heißt es in dem DIMR-Jahresbericht. Vielmehr sei die Annahme des Konzepts von Push- und Pull-Faktoren höchst umstritten. Es sei „mittlerweile vielfach empirisch widerlegt“.

Das Institut legte einen weiteren Bericht zum wachsenden Antisemitismus in Deutschland nach dem Hamas-Massaker am 7. Oktober vergangenen Jahres in Israel vor. Darin verlangt es die Bekämpfung des Antisemitismus als „menschenrechtliches Gebot“. Der Bericht warnt vor den negativen Folgen der Polarisierung und dem Zwang zur Positionierung angesichts des Gaza-Kriegs. Es sei kein Widerspruch, mit den israelischen Opfern der Hamas mitzufühlen und zugleich mit den zivilen Opfern im Gaza-Streifen und im Libanon, sagte Rudolf.

Der Bericht wurde zum Tag der Menschenrechte am Dienstag vorgelegt. Der Tag erinnert an die Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen am 10. Dezember 1948. Das Deutsche Institut für Menschenrechte ist eine unabhängige nationale Menschenrechtsinstitution. Es wird vom Bundestag finanziert. Das Institut setzt sich nach eigenen Angaben unter anderem dafür ein, dass Deutschland die Menschenrechte im In- und Ausland einhält und fördert. (epd/dpa/mig) Aktuell Panorama

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