Innensenator tobt
Kirchenasyl in Bremen: Gericht verbietet vorerst Abschiebung
Eine versuchte Abschiebung aus einem Bremer Gemeindezentrum löste zuletzt heftige Kritik aus. Bremens Innensenator tobt und warnt vor Konsequenzen für das Kirchenasyl. Derweil kassiert seine Behörde vor Gericht eine deutliche Niederlage.
Dienstag, 10.12.2024, 10:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 10.12.2024, 10:09 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Die Bremer Kirchen gewähren nach Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) im bundesweiten Vergleich statistisch am häufigsten Kirchenasyl. Die Kirchen im kleinsten Bundesland hätten dieses Jahr 202 Menschen aufgenommen, die von einer Abschiebung bedroht sind. Das seien rund 29 Fälle pro 100.000 Einwohner und damit mehr als in jedem anderen Bundesland. Kirchen gewähren Menschen, denen offensichtlich zu Unrecht die Abschiebung droht, Asyl. Gerichte kassieren regelmäßig Asylbescheide des Bamf ein.
Bremens Innensenator Ulrich Mäurer hat dafür kein Verständnis. „Wir sind inzwischen in einer Größenordnung, die ihresgleichen sucht“, kritisiert der SPD-Politiker im Gespräch mit dem „Weser-Kurier“. Mäurer warnt vor Konsequenzen. „Nach der Innenministerkonferenz habe ich die kirchliche Leitung in Bremen gewarnt, dass die bremische Praxis das gesamte Kirchenasylverfahren gefährdet“, sagte der Innensenator. Wenn sich die Bremer Kirchen nicht an Vereinbarungen halten, könnte das Bamf auf das Verfahren in Zukunft verzichten und Menschen gleich abschieben.
Gericht verbietet Abschiebung
Wie eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts in Bremen im Eilverfahren jedoch zeigt, hat das Kirchenasyl zuletzt erneut dafür gesorgt, dass der 25-jährige Somalier Ayub I. nicht voreilig abgeschoben wurde. Nach Angaben des Bremer Flüchtlingsrates haben Bremer Richter die Abschiebung vorerst verboten. Das Gericht habe am Montag angeordnet, dass von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gegen Ayub I. abzusehen sei, teilte der Flüchtlingsrat mit. Somit dürfe er nicht abgeschoben werden, bevor das Gericht im Hauptverfahren endgültig entschieden habe. Er könne in dieser Zeit sogar das Kirchenasyl verlassen.
Der Fall von Ayub I. hatte zuletzt für Aufsehen gesorgt und Kritik ausgelöst. In der Nacht zum 3. Dezember hatten Polizeikräfte versucht, das Kirchenasyl im evangelischen Zion-Gemeindezentrum in Bremen aufzulösen. Rund hundert Menschen verhinderten die Abschiebung mit friedlichen Mitteln unter Glockengeläut. Daraufhin informierte das Bremer Migrationsamt das Bamf und schlug vor, die Überstellungsfrist nach dem Dublin-Verfahren zu verlängern, wie ein Sprecher der Innenbehörde bestätigte. Das Bamf habe die Frist am Freitag um ein Jahr bis zum 7. Dezember 2025 verlängert.
Der Somalier befindet sich seit September im Kirchenasyl. Er sollte nach Finnland abgeschoben werden, weil er dort über die russische Grenze in die EU eingereist war. Nach Überzeugung des Flüchtlingsrates und des kirchlichen Vereins „Zuflucht“ hat der Mann in Finnland keine Chance auf ein faires Verfahren und muss befürchten, weiter nach Russland abgeschoben zu werden. In der Nacht zum Samstag war die bisherige Überstellungsfrist nach dem Dublin-Verfahren ausgelaufen. (epd/dpa/mig) Aktuell Recht
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