Rettungsschiff, Sea Eye, Mittelmeer, Hafen, Meer
Rettungsschiff "Sea-Eye 4" © Guillaume Duez

Aus für Rettungsschiff

EU-Staaten treiben Kampf gegen Schleuser voran

Die EU-Länder wollen Schleppern das Handwerk legen und verständigen sich auf eine gemeinsame Position. Faeser mahnt: humanitäre Unterstützung und Seenotrettung nicht kriminalisieren. Zeitgleich stellt „Ärzte ohne Grenzen“ den Betrieb von Rettungsschiff ein.

Sonntag, 15.12.2024, 13:21 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 15.12.2024, 13:21 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Die EU-Staaten wollen Menschenschmuggel stärker bekämpfen. Die Strafen für Schleuserkriminalität sollen innerhalb der Europäischen Union einheitlich sein, entschieden die EU-Staaten und einigten sich damit auf eine gemeinsame Verhandlungsposition. Die Einigung diene als Grundlage für Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament. Das Gesetz soll den derzeitigen EU-Rechtsrahmen aus dem Jahr 2002 ersetzen.

Die geplanten Regeln sehen vor, dass Menschenschmuggel – etwa die Hilfe bei illegaler Einreise gegen Bezahlung – in allen Mitgliedstaaten strafbar ist. Die Strafen sollen mindestens drei Jahre Haft betragen, in besonders schweren Fällen – etwa bei organisierter Schleusung oder der Anwendung von Gewalt – mindestens acht Jahre. Wenn durch den Schmuggel der Tod eines Migranten verursacht wird, soll die Strafe auf mindestens zehn Jahre steigen.

___STEADY_PAYWALL___

Bundesinnenministerin Nancy Faeser betonte, dass ein hartes und entschiedenes Vorgehen gegen gefährliche Schleuserbanden in der gesamten EU wichtig sei. „Hier geht es um organisierte Kriminalität und um gefährliche, oftmals bewaffnete Tätergruppen“, sagte die SPD-Politikerin in einer Mitteilung. „Sie nutzen die Not von Menschen aus, um sie in lebensgefährlichen Booten oder Fahrzeugen in die EU zu schmuggeln.“

Faser: Humanitäre Unterstützung nicht kriminalisieren

Faeser mahnte aber auch an, dass humanitäre Unterstützung für Geflüchtete oder die Rettung von Menschen aus Seenot nicht kriminalisiert werden dürfe. Um das zu gewährleisten, gaben die EU-Staaten grünes Licht für eine sogenannte humanitäre Klausel. Diese soll sicherstellen, dass nicht alle Formen der Unterstützung für Migranten als Menschenschmuggel gelten, insbesondere wenn es um die Hilfe für enge Familienangehörige oder grundlegende humanitäre Hilfe geht. Die Klausel geht auf einen ursprünglichen Vorschlag der EU-Kommission zurück.

Hilfsorganisation und Menschenrechtler kritisieren, dass EU-Staaten nicht nur gegen gewerbsmäßig tätige Schleuser vorgehen, sondern oft auch Geflüchtete selbst kriminalisieren. So würden Menschen, die beispielsweise von Schleusern ans Steuer eines Fahrzeugs oder eines Bootes gesetzt werden, als Schleuser verhaftet und angeklagt. Diese Menschen würden dafür kein Geld erhalten, sondern würden dazu gezwungen, auch um der eigenen Flucht wegen.

„Ärzte ohne Grenzen“ stellt Betrieb von Rettungsschiff ein

In der Vergangenheit wurden selbst private Seenotretter wiederholt wegen vermeintlichen Rechtsverstößen kriminalisiert, wie ein Blick nach Italien zeigt. So kündigte die Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ an, den Betrieb ihres Rettungsschiffes „Geo Barents“ im Mittelmeer einzustellen. Die massiven Beschränkungen der Arbeit durch die italienischen Behörden machten einen Weiterbetrieb derzeit untragbar, erklärte die Organisation am Freitag. In den vergangenen zwei Jahren sei das Schiff viermal von den italienischen Behörden festgesetzt worden, insgesamt für 160 Tage.

Grundlage für die Strafe ist das sogenannte Piantedosi-Dekret von 2023, das die Rettungsschiffe dazu zwingt, nach dem ersten Einsatz den meist weit entfernten zugewiesenen Hafen anzusteuern, ohne auf dem Weg weitere Menschen aus Seenot an Bord zu nehmen. So habe die „Geo Barents“ ein halbes Jahr allein mit den langwierigen Fahrten zu den Häfen verbracht. Nach reiflicher Überlegung habe die Organisation deshalb entschieden, die „Geo Barents“ „angesichts solch absurder italienischer Gesetze und Vorgehensweisen“ aus dem Verkehr zu ziehen, erklärte der Koordinator für die Rettungseinsätze, Juan Matias Gil.

Das Mittelmeer gilt als eine der gefährlichsten Fluchtrouten weltweit. Dabei gibt es keine staatlich organisierte Seenotrettung. Lediglich private, vorwiegend von Spenden finanzierte Initiativen halten nach Geflüchteten in Not Ausschau. Das Aus für das Rettungsschiff „Geo Barents“ macht das Mittelmeer noch ein Stück gefährlicher. Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration IOM starben in diesem Jahr bisher 2.140 Menschen bei der Überquerung des Mittelmeers. Die Dunkelziffer liegt vermutlich viel höher. (dpa/mig) Aktuell Politik

Zurück zur Startseite
MiGLETTER (mehr Informationen)

Verpasse nichts mehr. Bestelle jetzt den kostenlosen MiGAZIN-Newsletter:

UNTERSTÜTZE MiGAZIN! (mehr Informationen)

Wir informieren täglich über das Wichtigste zu Migration, Integration und Rassismus. Dafür wurde MiGAZIN mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet. Unterstüzte diese Arbeit und verpasse nichts mehr: Werde jetzt Mitglied.

MiGGLIED WERDEN
Auch interessant
MiGDISKUTIEREN (Bitte die Netiquette beachten.)