Statistisches Jahrbuch Bayern
Herrmann will Syrer halten, die er nicht reingelassen hätte
Das Statistische Jahrbuch zeigt: Arbeitende Ausländer stützen den Wohlstand in Bayern. Deshalb will Innenminister Herrmann gut ausgebildete Syrer im Freistaat halten – die er am liebsten gar nicht ins Land gelassen hätte.
Montag, 16.12.2024, 11:21 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 16.12.2024, 11:21 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Angesichts sinkender Geburten- und hoher Sterberaten in Bayern hat Innenminister Joachim Herrmann (CSU) die Bedeutung von qualifizierter Zuwanderung für den Wohlstand und wirtschaftlichen Aufschwung betont. „Wir sind auf ein gesundes Maß an Einwanderung angewiesen, um die Wirtschaft zu stärken und unser Sozialsystem zu festigen“, sagte Herrmann bei der Vorstellung des Statistischen Jahrbuchs des Jahres 2024 für Bayern in Fürth.
Hingegen bringe die „hohe Zuwanderung nichtqualifizierter Personen zunehmend die Gesellschaft an die Belastungsgrenze. Deshalb müssen wir die unkontrollierte irreguläre Migration mit einer echten Asylwende begrenzen“, forderte Herrmann. Mit „irregulärer“ Migration sind Grenzübertritte von Menschen gemeint, die mangels legaler Fluchtwege ohne gültige Dokumente einreisen. „Nichtqualifiziert“ hingegen sind Personen, die keine Ausbildung gemacht haben, keine Berufserfahrung mitbringen oder nicht studiert haben.
„Irreguläre“ Migranten finden Arbeit in Bayern
Wie Zahlen der Landesarbeitsagentur belegen, gibt es jedoch keinen Zusammenhang zwischen „irregulärer“ Migration und der Qualifikation von Personen – jedenfalls nicht so, wie der Herrmann ihn sieht. Danach gibt es starke Fortschritte bei der Integration von Flüchtlingen in den bayerischen Arbeitsmarkt – also von Menschen, die zunächst „irregulär“ eingewandert sind.
Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten aus den acht wichtigsten Asylherkunftsländern habe sich seit 2013 mehr als versechsfacht, heißt es von der Regionaldirektion Bayern. Inzwischen seien – Stand Mai – fast 84.000 Menschen aus Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia und Syrien in Arbeit. Auch bei ukrainischen Staatsangehörigen nehme die Entwicklung Fahrt auf, hieß es. Im Mai lag die Zahl ihrer versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse mit 36.300 um rund 10.000 höher als ein Jahr davor. Laut Arbeitsagentur ist dies zudem der höchste Wert aller Bundesländer.
Der Trend ist zudem weiter positiv. So haben im laufenden Jahr bereits mehr als 11.800 Ukrainer einen Job oder eine Ausbildung gefunden oder haben sich selbstständig gemacht. Das sind fast doppelt so viele wie im ganzen Jahr 2023. Und auch bei den Menschen aus den acht wichtigsten Asylherkunftsländern haben mit 20.200 bereits mehr Menschen als 2023 ihre Arbeitslosigkeit beendet.
25.000 Syrer arbeiten, hälfte als Fachkraft
Unter den in Bayern lebenden Ausländern sind den Angaben Herrmanns zufolge 93.000 Menschen aus Syrien. Hinzu kommen noch fast 20.000 Einwanderer aus Syrien, die inzwischen die deutsche Staatsangehörigkeit angenommen haben. Allein im vergangenen Jahr waren das mehr als 10.000.
Fast 25.000 Syrer gingen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach, davon mehr als die Hälfte sind Fachkräfte oder höher Qualifizierte. Bayern habe ein Interesse daran, dass gut ausgebildete Kräfte auch nach Ende des Bürgerkriegs in dem arabischen Land in Deutschland blieben – gemeint sind ebenfalls Menschen, die zunächst „irregulär“ eingewandert sind.
Integration ist „komplexer Prozess“
Der Vorsitzende der Geschäftsführung der Regionaldirektion Bayern, Markus Schmitz erklärt: „Die erfolgreiche berufliche Integration geflüchteter Menschen in den bayerischen Arbeitsmarkt belegt eindrucksvoll, wie Menschen durch Chancen und Unterstützung einen wichtigen Beitrag für unsere Gesellschaft leisten können.“ Integration und wirtschaftlicher Fortschritt könnten Hand in Hand gehen.
Allerdings gebe es weiter Potenzial, erklärte die Arbeitsagentur: Derzeit seien in Bayern rund 25.500 erwerbsfähige Leistungsberechtigte aus den acht Asylherkunftsländern sowie knapp 25.800 ukrainische Kriegsflüchtlinge arbeitslos gemeldet. „Eine erfolgreiche Integration in Beschäftigung ist ein komplexer Prozess“, betont Schmitz. Sie könne nur schrittweise vollzogen werden und hänge von mehreren Faktoren wie Sprachkenntnissen, der Anerkennung von Abschlüssen, sozialen Netzwerken oder Kinderbetreuung ab. Daher brauche man einen langen Atem.
Einwanderungssaldo: Plus 100.000 Personen
Wie aus dem Statistischen Jahrbuch weiter hervorgeht, sind im vergangenen Jahr knapp 100.000 Menschen mehr aus dem Ausland nach Bayern zugezogen, als aus dem Freistaat ins Ausland weggezogen sind. Indien stelle inzwischen eine der größten Gruppen unter den Zuwanderern mit guter beruflicher Qualifikation.
Zum Vergleich: Im Bayern sind 2023 insgesamt 116.500 Babys geboren worden, aber 146.500 Menschen starben. Da nur wenige Tausend Menschen aus anderen Bundesländern nach Bayern kamen, ist der Bevölkerungszuwachs von 71.200 auf 13,18 Millionen Menschen ausschließlich auf die Zuwanderung aus dem Ausland zurückzuführen. (dpa/mig) Aktuell Politik
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