Flüchtlingspolitik
EU vor Abschluss von Flüchtlingspakten mit Jordanien und Marokko
Mit neuen Abkommen mit Drittstaaten sollen Menschen davon abgehalten werden, nach Europa zu flüchten. Bei zwei Ländern soll das ganz schnell gehen. Auch der Sonderbevollmächtigte der Bundesregierung steht vor einer Unterzeichnung.
Mittwoch, 18.12.2024, 10:58 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 18.12.2024, 11:00 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Die EU-Kommission steht im Kampf gegen „irreguläre“ Migration kurz davor, Abkommen mit Jordanien und Marokko zu unterzeichnen. Eine neue EU-Partnerschaft mit Jordanien sei in Vorbereitung, schreibt Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in einem Brief an die 27 EU-Mitgliedstaaten. „Unser Ziel sollte es sein, Anfang nächsten Jahres eine strategische und umfassende Partnerschaft zu unterzeichnen.“
Diese solle sich auf Bereiche von beiderseitigem Interesse stützen und Jordaniens Widerstandsfähigkeit und Modernisierung stärken, um das wirtschaftliche Potenzial einer EU-Partnerschaft auszuschöpfen. Von der Leyen hatte zuvor Jordaniens König Abdullah II. besucht.
Der Kommissionspräsidentin zufolge soll zudem ein Budgethilfeprogramm in Höhe von 152 Millionen Euro für Marokko auf den Weg gebracht werden. Dies solle ebenfalls Anfang 2025 abgeschlossen werden und einer besseren Zusammenarbeit bei der Migration helfen. Im Kern geht es darum, dass die unterzeichnenden Staaten sich verpflichten, ihre Grenzen dichtzumachen, damit Menschen nicht Richtung Europa flüchten.
Kritik an anderen Migrationsabkommen
Die EU hatte in der Vergangenheit bereits Flüchtlingsabkommen mit anderen Ländern getroffen. So wurden beispielsweise Tunesien im vergangenen Jahr mehr als 100 Millionen Euro für einen verstärkten Grenzschutz zugesagt, um Migration in Richtung Europa zu verhindern.
Kritiker sehen in den Abkommen eine Gefahr für die Menschenrechte. Die europäische Bürgerbeauftragte Emily O’Reilly bemängelte etwa am Abkommen mit Tunesien, dass die EU-Kommission keine konkreten Kriterien für ein Ende der finanziellen Unterstützung festgelegt hat, falls das nordafrikanische Land Menschenrechte verletzte. Hilfsorganisationen hatten wiederholt über massive Menschenrechtsverletzungen berichtet.
Stamp soll Asylbewerber aus Kolumbien stoppen
Nicht nur auf EU-Ebene gibt es Bestrebungen zur Verhinderung von Flüchtlingsbewegungen Richtung Europa, sondern auch auf nationaler Ebene. Der Sonderbevollmächtigte der Bundesregierung für Migrationsabkommen, Joachim Stamp (FDP), etwa ist am Dienstag zu Gesprächen mit Regierungsvertretern nach Kolumbien gereist. Aus dem Land sollen keine Asylbewerber, sondern Arbeitskräfte kommen. „Wir werden in Bogota auch öffentlich darauf hinweisen, dass das Asylrecht kein geeigneter Weg in den deutschen Arbeitsmarkt ist“, sagte Stamp vor seinem Abflug der Deutschen Presse-Agentur.
In den ersten elf Monaten dieses Jahres haben 3.510 Kolumbianer in Deutschland erstmals Asyl beantragt. Damit belegte Kolumbien in der Liste der zugangsstärksten Herkunftsländer den neunten Platz. Zum Vergleich: Im Jahr 2018 waren es laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 133 Antragsteller aus Kolumbien. Die Anerkennungsquote für Menschen aus Kolumbien lag zuletzt bei 0,4 Prozent.
Kolumbianische Pflegekräfte sorgten für Schlagzeilen
Für Schlagzeilen sorgte zuletzt ein Fall aus Niedersachsen, wo sich Menschen zusammengetan hatten, um eine Abschiebung von kolumbianischen Pflegekräften zu verhindern, deren Asylanträge abgelehnt worden waren. Das Heim, in dem die Kolumbianer beschäftigt waren, hatte öffentlich protestiert. Es sei nicht nachvollziehbar, Pflegekräfte in ein Land abzuschieben und sie zeitgleich aus demselben Land anzuwerben, lautete die Kritik. Kürzlich wurde eine Lösung für den Verbleib der Pfleger in Deutschland gefunden. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte sich dem Fall angenommen.
Viele Menschen aus Kolumbien, die den Weg über das Asylrecht beschritten, kämen für eine reguläre Arbeitsmigration infrage, sagte Stamp. „Deshalb habe ich mit der kolumbianischen Regierung eine Migrationspartnerschaft vereinbart“. Diese werde nun umgesetzt. Sein Ziel sei es, „dass wir zügig die Zahl der aussichtslosen Asylanträge reduzieren“.
Stamp hatte sich Ende November dafür ausgesprochen, Kolumbien als sogenanntes „sicheres Herkunftsland“ einzustufen, damit Asylanträge von Menschen aus dem Land im Schnellverfahren entschieden werden – in der Regel negativ. In diesem Fall wären die in Deutschland händeringend gesuchten und gebrauchten kolumbianischen Pfleger in Niedersachsen vermutlich längst abgeschoben worden. (dpa/mig) Aktuell Politik
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