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Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) in Nürnberg © claudiodivizia/123rf.com

Baerbock in Syrien

Faeser: Bundesamt prüft Schutzstatus von Syrern

Wie umgehen mit den nach Deutschland geflohenen Flüchtlingen aus Syrien nach dem Machtwechsel in dem Land? Die Innenministerin nennt vier Punkte. Baerbock spricht mit dem neuen syrischen Machthaber.

Sonntag, 05.01.2025, 13:03 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 05.01.2025, 19:21 Uhr Lesedauer: 5 Minuten  |  

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will anhand von vier Punkten über die Zukunft von geflüchteten Syrern in Deutschland entscheiden. In bestimmten Fällen könnte der Schutzstatus aufgehoben werden, wie die Zeitungen der Funke Mediengruppe berichten. „So wie es unser Recht vorsieht, wird das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Schutzgewährungen überprüfen und aufheben, wenn Menschen diesen Schutz in Deutschland nicht mehr brauchen, weil sich die Lage in Syrien stabilisiert hat“, sagte Faeser mit Blick auf den Sturz des Assad-Regimes vor einem Monat. Das werde für diejenigen gelten, „die kein Aufenthaltsrecht aus anderen Gründen wie Arbeit oder Ausbildung haben und nicht freiwillig nach Syrien zurückkehren.“

Faeser betonte: „Wer gut integriert ist, arbeitet, Deutsch gelernt hat und hier eine neue Heimat gefunden hat, der soll in Deutschland bleiben dürfen.“ Als dritte Gruppe nannte sie Menschen, die nach Syrien zurückkehren wollen. Diese wolle man unterstützen und dafür das Programm des Bundes zur freiwilligen Rückkehr erweitern, erklärte die Innenministerin. Zudem sprach sie sich dafür aus, Straftäter und Islamisten schnellstmöglich abzuschieben. „Die rechtlichen Möglichkeiten dafür haben wir stark erweitert und werden sie nutzen, sobald die Lage in Syrien dies zulässt“, sagte Faeser.

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Erstmals nach mehr als einem Jahrzehnt des Terrors und der Gewalt gebe es in Syrien wieder Hoffnung auf Frieden, betonte die Ministerin mit Blick auf die Entmachtung von Präsident Baschar al-Assad Anfang Dezember. „Wenn diese Hoffnung auf Frieden Realität wird, dann können auch viele Geflüchtete zurückkehren.“ Auswärtiges Amt und Bundesinnenministerium arbeiteten gemeinsam daran, ein klareres Lagebild von Syrien zu gewinnen. Dabei stünden vor allem die Sicherheitsfragen im Fokus und Deutschland stimme sich eng mit den europäischen und internationalen Partnern ab.

EU-Asylagentur: 15 Staaten haben Asylverfahren für Syrer ausgesetzt

Zusammen mit Deutschland haben laut EU-Asylagentur bislang 15 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union die Asylverfahren für Menschen aus Syrien ausgesetzt. „Die EU-Staaten sind im Moment ziemlich vorsichtig“, sagte die Direktorin der Behörde, Nina Gregori, im Dezember. Das Aussetzen der Verfahren sei nach den EU-Regeln unter diesen Umständen möglich.

„Wir sehen aber auch schon, dass Syrer zurück nach Syrien gehen – es ist noch keine Massenbewegung, aber es findet viel Beachtung in den sozialen Netzwerken“, erklärte Gregori. „Wir müssen realistisch sein: Ein Teil der Menschen hat sich ein neues Leben in Europa aufgebaut, sie sind integriert, ihre Kinder gehen hier zur Schule“, sagte sie.

Je nach Entwicklung der Lage in Syrien „müssen wir prüfen, ob es jetzt andere Gründe geben wird, die einen Asylantrag rechtfertigen können“, erläuterte Gregori. Längerfristig könnten sich für die EU-Mitgliedsstaaten legale Möglichkeiten eröffnen, für einen Teil der Menschen aus Syrien das Aufenthaltsrecht zu beenden. „Wir beobachten sehr genau, ob sich die Situation in Syrien stabilisiert“, erklärte die Direktorin der Asylagentur EUAA.

Baerbock im Auftrag der EU in Syrien

In welche Richtung sich das Land entwickelt, davon machten sich Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und ihr französischer Amtskollege Jean-Noël Barrot im Auftrag der EU vor Ort ein Bild. Beide waren am Freitag vom De-facto-Herrscher Ahmed al-Scharaa empfangen worden.

Die EU will nach Darstellung von Baerbock bei einer möglichen Unterstützung Syriens genau hinschauen. Wenn jetzt nach Jahren der absoluten Unterdrückung die Chance für eine friedliche und freie Zukunft für alle da sei, dann stehe die EU zur Seite, sagte die Grünen-Politikerin in den ARD-„Tagesthemen“ nach ihrem Besuch in Syrien. „Aber wir werden natürlich nicht als Europa ein Geldgeber für eine Islamisierung einer Gesellschaft sein“, fügte sie hinzu.

Baerbock sagte in der ARD, ihr erster Eindruck sei der einer Zerrissenheit der Gesellschaft gewesen. Es gebe einerseits Hoffnung auf Freiheit für alle nach Jahren von Bürgerkrieg, Folter und Unterdrückung. Auf der anderen Seite sei die Sorge vieler, dass die Hoffnung für Frauen sowie religiöse und ethnische Minderheiten zerplatzen könnte. Das habe man sehr deutlich und klar angesprochen. Zum Ende des Gesprächs habe die andere Seite deutlich unterstrichen, dass sie dies verstanden hätten und auch die Frage der Beteiligung von Frauen berücksichtigen wollten. Man werde die Führung aber an ihren Taten messen, so Baerbock.

Deutschland unterstützt Syrien mit 60 Millionen Euro

Ende Dezember hatte Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) Hilfsprojekte im Umfang von insgesamt 60 Millionen Euro für Syrien in Auftrag gegeben. In dem Land habe sich ein historisches Fenster geöffnet, erklärte Schulze in Berlin: „Wie es weitergeht, ist noch nicht entschieden. Aber die Möglichkeit für eine positive Entwicklung ist da und diese sollten wir jetzt nach Kräften unterstützen.“

Das Entwicklungsministerium verwies auf die katastrophale humanitäre Lage in Syrien. Nach fast 14 Jahren Bürgerkrieg seien weite Teile des Landes zerstört. 90 Prozent der Bevölkerung lebten in Armut und seien auf Hilfe angewiesen. Die Projekte werden den Angaben zufolge nicht mit den neuen syrischen Machthabern, sondern ausschließlich über Hilfswerke der Vereinten Nationen und Nichtregierungsorganisationen umgesetzt.

Debatte über Umgang mit Syrer in Deutschland

In Deutschland wird seit dem Sturz des Assad-Regimes über den Umgang mit neu ankommenden und schon lange im Land lebenden syrischen Geflüchteten diskutiert. Während Unionspolitiker und Rechtspopulisten rasche Ausreise fordern, bemühen sich SPD, Grüne und Linke in Teilen um sachlichere Töne. Auch Migrationsexperten und Menschenrechtler warnen vor einer überhitzten Debatte und realitätsfernen, nicht umsetzbaren Forderungen. (epd/dpa/mig) Leitartikel Politik

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