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Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) (Archiv) © Michaela Stache/AFP

Söder will Asyl-Aus

CSU verschärft Ton in der Migrationspolitik

Zur CSU-Winterklausur gehören traditionell laute Forderungen an die Bundesregierung. Diesmal geht es vor allem um Migrationspolitik. Ein CSU-Plakat dazu empört im Netz – und erinnert an eine Aktion der rechtsextremen NPD. SPD kritisiert die Pläne.

Sonntag, 05.01.2025, 10:55 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 05.01.2025, 11:12 Uhr Lesedauer: 5 Minuten  |  

Knapp acht Wochen vor der Bundestagswahl verschärft die CSU noch einmal den Ton in der Migrationspolitik. Das Bleiberecht für Migranten soll nach ihren Vorstellungen an ein auskömmliches Einkommen geknüpft werden. Wer mehrfach straffällig wird, soll Deutschland verlassen müssen. Und über Zurückweisungen an den Grenzen will die CSU umgehend einen „faktischen Einreisestopp von illegalen Migranten“ umsetzen.

Das geht aus einem Papier für die Klausur der CSU-Bundestagsabgeordneten im oberbayerischen Kloster Seeon hervor. Zahlreiche Punkte finden sich bereits im gemeinsamen Wahlprogramm der Unionsparteien – an einigen Stellen geht die CSU aber etwas weiter oder schlägt nochmals etwas schärfere Töne an: „Wer eine Aufenthaltserlaubnis in Deutschland erhalten möchte, darf seinen Lebensunterhalt nicht durch Sozialleistungen bestreiten müssen. Die Sicherung des Lebensunterhalts muss durch eigene Arbeit gewährleistet werden“, heißt es in dem Papier, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt; zuerst hatte der „Münchner Merkur“ darüber berichtet.

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„Wer straffällig wird, fliegt“

Die CSU bekräftigt zudem die Forderung nach einer Ausweisung von Straftätern und Gefährdern. „Künftig muss das Prinzip gelten: Wer straffällig wird, fliegt“, heißt es in dem Papier. „Wer ein Verbrechen begeht oder vorsätzlich mehrfach straffällig wird, muss unser Land verlassen.“ Und: Wer nicht ausreise oder abgeschoben werden könne, „der muss in unbefristete Abschiebehaft genommen werden können“.

Der nächste Bundesinnenminister soll nach Vorstellung der CSU als erste Maßnahme die Möglichkeit zu Zurückweisungen an Grenzen schaffen: „Um die innere Sicherheit und die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, haben wir das Recht, Zurückweisungen national vorzunehmen, und diese Möglichkeit müssen wir auch wahrnehmen“, heißt es in dem Papier. „Wir wollen damit einen faktischen Einreisestopp von illegalen Migranten umsetzen.“

Als „illegale Migranten“ werden in Teilen der Politik auch Personen bezeichnet, die mangels legaler Fluchtwege ohne gültige Einreisedokumente in das Land kommen, um Asyl zu beantragen. Das Recht auf Asyl ist in internationalen Konventionen und in deutschen Gesetzen verankert, mithin sind Asylbewerber nicht „illegal“ im Land, sondern ihr Aufenthalt ist ausdrücklich legal. Die Bezeichnung „illegale Migration“ ist Kandidat für das „Unwort des Jahres“.

CSU will subsidiären Schutz abschaffen

Bereits vor Weihnachten hatte die CSU eine grundlegende Reform des Grundrechts auf Asyl gefordert. „Wir müssen die Migration wirksam begrenzen. Der individuell einklagbare Anspruch auf Asyl, der muss umgewandelt werden in eine objektive Garantie“, hatte Parteichef und Ministerpräsident Markus Söder der Deutschen Presse-Agentur im Dezember gesagt.

„Den subsidiären Schutzstatus möchten wir abschaffen“, sagte Söder. Durch die Reform werde auch die Trennung von Flucht und Arbeitsmigration erleichtert. „Der Staat muss festlegen, welche Fachkräfte das Land für die Wirtschaft braucht und aus welchem Land Deutschland im Rahmen europäischer Regelungen Flüchtlinge aufnimmt.“

Asyl ist Grundrecht

Subsidiär schutzberechtigt sind Menschen, die stichhaltige Gründe dafür vorbringen, dass ihnen in ihrem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht – etwa durch eine Vollstreckung der Todesstrafe oder drohende Folter. Nach dem Grundgesetz ist das Asylrecht eindeutig ein sogenanntes individuelles Recht. Das bedeutet, dass die Gewährung einer Aufenthaltserlaubnis nicht quantitativen oder finanziellen Vorbehalten untergeordnet werden darf.

Die CSU hatte diesen Grundsatz schon in früheren Jahren mit dem Argument, es drohe eine Überforderung des Staates, infrage gestellt. So sorgte einst die Forderung nach einer Obergrenze infolge der Fluchtbewegung 2015 für einen heftigen Streit zwischen der damaligen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und dem früheren CSU-Chef Horst Seehofer. Erst nach jahrelangem Streit einigten sich die beiden Unionsparteien schließlich auf eine Flüchtlings-Obergrenze mit dem Ziel, maximal 200.000 Flüchtlinge pro Jahr aufzunehmen.

Zahl der Asylanträge deutlich gesunken

Söder nannte das Ansinnen seiner Partei eine „grundlegende Änderung“. „Wir spüren, dass unser Land an der Grenze der Aufnahmefähigkeit ist – finanziell, logistisch und auch kulturell.“

Wie Berichte für das Vorjahr zeigen, ist die Zahl der neu gestellten Asylanträge zuletzt deutlich gesunken. 2024 wurden rund 230.000 Asylerstanträge in Deutschland gestellt. Im Vergleich zu 2023 (329.000) ist das ein Rückgang von 30 Prozent. Dieser Trend macht sich auch in den Aufnahmeeinrichtungen bemerkbar. In den sieben Ankerzentren in Bayern etwa waren zuletzt von 12.900 Plätzen rund 10.250 belegt – das sind 1.250 weniger als ein Jahr zuvor.

CSU-Plakat erinnert an NPD-Wahlspruch

Flankiert werden die Forderungen der „Christsozialen“ in der Migrationspolitik von einem CSU-Plakat, das im Netz Empörung auslöst. „Abgelehnte Asylbewerber konsequent abschieben“, steht darauf in großen Lettern. Darunter ist ein Flugzeug abgebildet, mit der Asylbewerber offenbar außer Landes gebracht werden sollen. Claus-Peter Beringer sieht in dem CSU-Plakat deutliche Ähnlichkeiten mit einem Slogan der rechtsextremen NPD aus dem Jahr 2016. Auch damals war auf einem Plakat ein Flugzeug abgebildet; darüber stand: „Konsequent abschieben“.

Beringer kritisiert das CSU-Plakat auf X scharf: „Wenn die Grenzen zwischen einer rechtsextremen Partei und der ‘bürgerlichen Mitte’ der CSU verschwimmen. Populismus und Hetze werden salonfähig gemacht – ein fatales Signal für die Demokratie. Ehrlich gesagt, das ist erbärmlich @CSU“

Wiese: Anbiederung an AfD

SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese kritisierte die CSU-Pläne. „Die CSU schießt wieder einmal weit über das Ziel hinaus und biedert sich der AfD an“, sagte er der „Rheinischen Post“. Die Vorschläge seien rechtlich kaum umsetzbar und missachteten Deutschlands humanitäre Verpflichtungen. Zudem bezweifle er, „ob man es mit diesen undurchdachten Vorschlägen für Fach- und Arbeitskräfte attraktiver macht, nach Deutschland zu kommen“.

Die Klausur der CSU-Landesgruppe beginnt am Montag (6. Januar) und dauert bis Mittwoch. Als Gast wird am letzten Tag unter anderem Unions-Kanzlerkandidat und CDU-Chef Friedrich Merz erwartet. (dpa/epd/mig) Aktuell Politik

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