Oury Jalloh, Demo, Rassismus, Polizei, Mord, Gewahrsam
Gedenkdemonstration zum 14. Todestag von Oury Jalloh in Dessau (Archiv) © Tim Lüddemann @ flickr.com (CC 2.0), bearb. MiG

ARD-Serie in der Mediathek

Tod Oury Jallohs: Linke fordert Aufklärung zum 20. Todestag

Bis heute gibt es aus im Fall Oury Jalloh weder Aufklärung noch Gerechtigkeit. Die Linke will mit einem Untersuchungsausschuss mehr Klarheit schaffen. Die ARD bringt zum 20. Todestag eine sechsteilige Doku-Serie zum ungelösten Fall.

Dienstag, 07.01.2025, 12:52 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 07.01.2025, 13:18 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

20 Jahre nach dem Tod des Asylbewerbers Oury Jalloh fordert die Linke in Sachsen-Anhalt erneut Aufklärung. Der Mann aus Sierra Leone war am 7. Januar 2005 bei einem Feuer in einer Polizeizelle gestorben. „Bis heute gibt es weder Aufklärung, wie ein Mensch unter polizeilicher Aufsicht zu Tode kommen konnte, noch Gerechtigkeit“, teilten die Linke-Landesvorsitzenden Janina Böttger und Hendrik Lange mit.

Viele Fragen zum Tod Jallohs, einem möglichen rassistischen Hintergrund und den Verantwortlichkeiten blieben ungeklärt. Böttger und Lange wiederholten die Forderung ihrer Partei nach einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss im Landtag. Dieser soll den Umgang mit dem Fall in den Behörden neu aufrollen und politische Aufklärung leisten. Auch nach 20 Jahren reiße der Fall eine große Wunde bei den Angehörigen und Freunden, aber auch in das Vertrauen in den Staat und die Sicherheitsbehörden, so die Landesvorsitzenden.

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Todesumstände nicht aufgeklärt

Die Umstände des Todes von Jalloh gelten auch nach zwei Landgerichtsprozessen als nicht aufgeklärt. Nach den Ermittlungen der Behörden soll der Asylbewerber am 7. Januar 2005 in der Gewahrsamszelle einen Brand selbst gelegt haben, obwohl er in dem Raum an Händen und Füßen gefesselt war, auf einer feuerfesten Matratze lag und gar kein Feuerzeug besitzen durfte. Mehrere Brandgutachten kommen zu dem Schluss, dass der Brand ohne Zutun von Brandbeschleunigern nicht möglich ist. Er war zu dem Zeitpunkt betrunken und stand unter Drogen.

Mehrere Initiativen, Freunde und Familie des Gestorbenen sprechen von „Mord“ und von „offensichtlichen Missständen und Widersprüchen im Bereich der Polizeiarbeit.“ Sie fordern Ermittlungen gegen verdächtige Polizisten. Die Staatsanwaltschaft Halle hatte die Ermittlungen im Oktober 2018 beendet. Die Generalstaatsanwaltschaft bestätigte bei einer Überprüfung, dass Ermittlungen nicht wieder aufgenommen werden müssten.

Klage vor dem EU-Gerichtshof wegen Fristverstreichung abgelehnt

Im Februar 2023 hatte das Bundesverfassungsgericht eine Beschwerde des Bruders gegen das Einstellen der Ermittlungen nicht zur Entscheidung angenommen. Die Familie reichte daraufhin im Juli 2023 Klage beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ein. Sie berief sich unter anderem auf widersprüchliche Zeugenaussagen, ein unerklärliches Brandbild und zahlreiche nicht verfolgte Spuren und offene Fragen – Beispiel: Warum wurde der Feueralarm, der durch den Brand in der Zelle ausgelöst wurde, abgeschaltet?

Wie die „Intiative in Gedenken an Oury Yalloh“ am Dienstag mitteilte, wurde die Klage vom EGMR inzwischen abgelehnt. Den Angaben zufolge wurde die Klage am 3. Juli 2023 eingereicht. Die Frist endete jedoch bereits am 2. Juli 2023, die allerdings auf einen Sonntag fiel. Im deutschen Recht enden Fristen, die auf einen Sonntag Fallen, am nächsten Werktag. Beim EGMR sei dies nicht der Fall, weshalb die Frist verstrichen sei. Das habe man nicht gewusst.

Wie die Initiative weiter mitteilt, ist der Fall Jalloh damit juristisch abgeschlossen. Aber „Mord verjährt nicht“, erklärte die Initiative. Die Ermittlungen müssten wieder aufgenommen werden, sobald es neue Beweise gibt. Diese gebe es im Fall von Hans-Jürgen Rose, der nach Angaben der Initiative nach einem Aufenthalt im denselben Dessauer Polizeirevier an den Folgen einer schweren körperlichen Misshandlung starb. Sein ungeklärter Tod sei Teil des Oury Jalloh Komplexes. Dort seien unter anderem Beweise für die Manipulation der Ermittlungsakte aufgetaucht. Familie Rose habe Anzeige wegen Mordes gegen vier der damaligen Dessauer Polizeibeamten gestellt, das derzeit untersucht werde.

ARD zeigt sechsteilige Doku-Serie zum Tod

Zu sehen ist dieser ungelöste Fall seit Montag in der sechsteiligen Doku-SerieWarum verbrannte Oury Jalloh?“ in der ARD-Mediathek. Sie wirft einen tiefgehenden Blick auf die Ereignisse und stellt die drängende Frage: Kann es sein, dass Oury Jalloh von Polizisten getötet wurde?

Die aufwändig recherchierte Serie ist nach eigener Darstellung die erste umfassende, filmische Auseinandersetzung mit dem Fall Oury Jalloh. In Interviews kommen Freunde, Anwälte, Rechtsmediziner und Feuerwehrleute zu Wort. Erstmals äußert sich ein leitender Polizeibeamter des Reviers Dessau öffentlich. (dpa/mig) Aktuell Panorama

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