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Soziale Medien unter der Lupe (Symbolfoto) © de.depositphotos.com

Zeit für eXit

Wie Staat und Politik Elon Musk unterstützen

Politik und Staat tragen Verantwortung – auch auf Social Media. Deshalb ist es Zeit für sie, X zu verlassen. Alles andere verschafft Elon Musk mehr Reichweite, Geld und Macht, die er gegen die Demokratie einsetzt.

Von Mittwoch, 15.01.2025, 12:10 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 15.01.2025, 12:17 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

Die Plattform X, ehemals Twitter, ist nicht mehr der Marktplatz demokratischer Debatten. Vielmehr hat sie sich zur Troll-Hochburg mit rechtsextremem Hausmeister entwickelt. Unter Elon Musk hat sich die Plattform in ein Biotop für Hetze, Desinformation und rechte Netzwerke verwandelt. Jüngstes Beispiel: Die offensichtliche Unterstützung von X-Eigentümer Musk für die AfD. Doch das eigentliche Problem ist nicht Musk allein: Es sind wir, die weiterhin auf X bleiben und ihm damit Legitimität verleihen.

Behörden und Ministerien nutzen X, um über ihre Arbeit zu informieren. Das ist an sich sinnvoll – doch in der aktuellen Situation ist es problematisch. Jeder Tweet einer Behörde verschafft X Legitimation. Gleichzeitig verdient X sein Geld durch die Einblendung von Werbung, und jeder Post trägt dazu bei, dass mehr Anzeigen geschaltet und eingeblendet werden können. Der Staat sorgt mit seiner Präsenz und seinen Aktivitäten auf X also dafür, dass ein Unternehmer, der Rechtsextremisten hofiert, noch mehr Geld verdient.

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Äußerst problematisch ist es, dass Menschen, die in Ämtern, Behörden und Ministerin, ihre mit Steuergeldern finanzierte Arbeitszeit darauf verwenden, Inhalte auf eine Plattform zu stellen, die Rechtspopulismus und Rechtsextremismus befeuert. Damit unterstützt der Staat ein Unternehmen, das Hass und Hetze nicht nur toleriert, sondern zu seinem Geschäftsmodell macht. Gleichzeitig sendet er das fatale Signal: „Es ist okay, X zu nutzen, trotz allem.“ Das ist schlichtweg inakzeptabel. Ein demokratischer Staat darf sich nicht auf einer Plattform präsentieren, die seine grundlegenden Werte untergräbt.

Politiker in der Pflicht

„Wer als Politiker X nutzt, öffnet dieser Plattform die Tür zu den politischen Diskursen, die sie nicht verdient. Es geht hier um mehr als Kommunikation: Es geht um moralische Integrität.“

Auch die Rolle der Politiker ist nicht zu unterschätzen. Sie sind nicht nur Privatpersonen, sondern Träger eines politischen Mandats. Ihr Verhalten hat eine Vorbildfunktion. Wer als Politiker X nutzt, öffnet dieser Plattform die Tür zu den politischen Diskursen, die sie nicht verdient. Es geht hier um mehr als Kommunikation: Es geht um moralische Integrität. Während X zum Instrument rechtsextremer Mobilisierung wird, können demokratische Politiker nicht so tun, als sei alles in Ordnung.

Elon Musk hat gezeigt, dass er kein neutraler Akteur ist. Er ist der Funke am Streichholz in einer Trockenlandschaft. Seine Entscheidungen, etwa die Wiedereinsetzung von Nutzern, die zuvor wegen Hassrede gesperrt wurden, sprechen Bände. Politiker, die auf X aktiv bleiben, machen sich mitverantwortlich für die Normalisierung von Hetze und Rechtsextremismus.

Zahlreiche NGOs, Personen des öffentlichen Lebens, Prominente, Sportvereine und sogar einige staatliche Stellen, wie die Antidiskriminierungsstelle des Bundes, haben X bereits den Rücken gekehrt. Sie beweisen damit, dass es durchaus Alternativen gibt – und dass ein Leben ohne X nicht nur möglich, sondern vielleicht sogar besser ist.

Der Wert des Umstiegs

Ja, denn es gibt Alternativen. Sicher, sie haben (noch) nicht die Reichweite von X. Doch genau das ist der Punkt: Diese Reichweite kann nur durch einen kollektiven Umstieg erreicht werden. Wer diese Alternativen nicht nutzt, ist also selbst schuld, wenn X weiterhin so reichweitenstark bleibt. Man stelle sich vor, sämtliche öffentlichen Stellen und demokratische Politiker würden wechseln – das würde einen Sog weiterer Wechsler bewirken. Wer würde dann noch bei X lesen? Ihre Nutzung wäre ein klares Zeichen: Wir unterstützen keine Plattform, die Hass und Hetze toleriert.

„Bisher beschweren sich Politiker über Musk und seine Unterstützung – auf X! Wie viel Widerspruch ist in der Politik überhaupt erlaubt?“

Bisher beschweren sich Politiker über Musk und seine Unterstützung – auf X! Wie viel Widerspruch ist in der Politik überhaupt erlaubt? Soziale Netzwerke leben von ihrer Reichweite, die Nutzer überhaupt ermöglichen. Sind sie nicht mehr da, verliert auch die Plattform ihre Bedeutung und Macht. Wer also weiterhin Inhalte liefert, stärkt genau das, was er eigentlich kritisiert. Es ist, als würde man versuchen, ein Feuer mit Benzin zu löschen.

Die Entscheidung fällt nicht auf X – sie fällt auch bei uns. Bleiben wir tatenlos, bleibt X das Sprachrohr der Spaltung. Verlassen wir es, senden wir ein klares Signal. Sicher, vielen Nutzern wird es schwerfallen, eine mühsam und über Jahre aufgebaute Community hinter sich zu lassen. Aber Demokratie war noch nie ein Wohlfühlprogramm – Haltung kostet in diesem Fall Follower. Doch gerade in solchen Momenten zeigt sich wahre Haltung und Entschlossenheit. Es geht um viel mehr als Reichweite oder Bequemlichkeit, sondern um Verantwortung. Demokratie braucht keine Schwurbler, sondern Verteidiger. Jetzt. Wie viel ist uns unsere Demokratie also wert? Es ist Zeit, diese Frage zu beantworten. (mig) Meinung

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