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Menschen nehmen Abschied vom getötetem 2-Jährigen © Kirill Kudryavtsev/AFP

Warnung vor Hass und Hetze

Gebet in Moschee für Opfer von Aschaffenburg

Drei Tage nach dem Mord an einem Zweijährigen in Aschaffenburg hat die Familie mit einer Trauerfeier Abschied genommen – und Tausende demonstrierten gegen die Instrumentalisierung der Gewalttat.

Sonntag, 26.01.2025, 15:10 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 26.01.2025, 15:14 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Rund 1.000 Menschen haben nach Polizeiangaben bei einem Totengebet Abschied von den in Aschaffenburg getöteten kleinen Jungen und einem erwachsenen Mann genommen, der den Kindern zu Hilfe eilte. Das Gebet fand am Nachmittag in einer Moschee in Frankfurt statt. Die in Aschaffenburg lebende Familie des Jungen habe sich für die Moschee in Frankfurt entschieden, da ihre Moschee in Aschaffenburg zu klein sei. „Schenke den Herzen seiner Eltern Ruhe und Erleichterung und erleichtere Ihnen ihren Verlust“, heißt es in der Einladung zu dem Totengebet, die der Frankfurter Islamische Verein Tarik ben Ziad bei der Plattform Instagram veröffentlichte.

Etwa zeitgleich zu dem Totengebet in Frankfurt demonstrierten in Aschaffenburg Tausende Menschen gegen den Rechtsruck in Politik und Gesellschaft und die politische Instrumentalisierung der Tat. Nach Angaben der Polizei kamen 3.000 Teilnehmer zu der Demonstration, zu der das Bündnis „Aschaffenburg ist bunt“ aufgerufen hatte. Das Motto war „Aschaffenburg steht zusammen.“ Alles blieb friedlich, die Polizei meldete keinerlei Zwischenfälle. Auch bei anderen, deutlich kleineren Versammlungen blieb es ruhig.

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Besonders bewegt reagierte die Menge bei der größten Aschaffenburger Demonstration an diesem Tag, als eine afghanische Schülerin ans Mikrofon trat und davon berichtete, wie es ihr geht, seitdem ein Afghane mutmaßlich einen kleinen Jungen und einen erwachsenen Mann erstochen hat. Sie entschuldigte sich für die mutmaßliche Tat ihres Landsmannes und betonte, nicht alle Afghanen seien böse.

Zentrale Gedenkfeier in Aschaffenburg

Auch Tage nach dem Messerangriff ist die Trauer in Aschaffenburg ungebrochen und sichtbar. Weiterhin kommen in dem Park, wo die Tat geschah, zahlreiche Menschen zusammen. Blumen wurden niedergelegt, Kerzen aufgestellt. Bei der zentralen Gedenkfeier am Sonntag warnte der Geistliche und Aschaffenburgs Oberbürgermeister Jürgen Herzing (SPD) eindringlich davor, die schreckliche Tat politisch zu instrumentalisieren und zu Hass und gesellschaftlicher Spaltung beizutragen.

Der Aschaffenburger Imam Zischan Mehmood würdigte den zweifachen Familienvater, der dazwischenging, als der Täter am Mittwoch eine Kindergartengruppe attackierte und diese Zivilcourage mit seinem Leben bezahlte. „Er hat versucht, Menschenleben zu retten und ist damit zum Sinnbild der Menschlichkeit geworden“, sagte er. Unsere Aufgabe sei es nun, diese Menschlichkeit zu bewahren – frei von Hass und Spaltung.

„Leider wurde diese Tragödie von manchen Gruppen ausgenutzt, um Hass und Spaltung zu fördern“, kritisierte er. „Mitgefühl, Solidarität und Zusammenhalt sind wichtiger denn je, denn um uns herum gibt es viele Spalter und Scharfmacher“, sagte Mehmood. „Wir dürfen niemals zulassen, dass Trauer und Schmerz uns nun auseinanderreißen.“

Glockenläuten zur Tatzeit

Auch Bundesinnenminister Nancy Faeser (SPD) nahm an der Trauerfeier teil. Zuvor hatte sie gemeinsam mit Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) den Tatort besucht und Kränze niedergelegt. Von 11.45 bis 11.50 Uhr, der Tatzeit am vergangenen Mittwoch, wurde die Trauerfeier unterbrochen, die Glocken aller Aschaffenburger Kirchen läuteten. Zahlreiche Menschen verfolgten den Gottesdienst und die anschließenden Reden auf dem Stiftsplatz auf einer Leinwand.

Am Mittwochmittag soll ein 28 Jahre alter Afghane in einem Park ihm offensichtlich unbekannte Menschen mit einem Messer angegriffen haben. Der Verdächtige befindet sich inzwischen in einer psychiatrischen Einrichtung. Der 28-Jährige hätte nach Behördenangaben schon vor geraumer Zeit abgeschoben werden sollen. Die Tat hatte zuletzt zu Schuldzuweisungen zwischen Bayern und dem Bund geführt und zu einer weiteren Verschärfung der Zuwanderungsdebatte. (dpa/mig) Aktuell Gesellschaft

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