Trumps Flüchtlingspolitik
„Spürbarer Angst in der Community“
Donald Trump will Abschiebungen forcieren, Grenzen schließen und Einwanderung erschweren. Das Weiße Haus erklärt Menschen ohne Papiere sogar zu Kriminellen. Die Umsetzbarkeit der harten migrationspolitischen Vorhaben bleibt aber fraglich.
Von Konrad Ege Mittwoch, 29.01.2025, 12:26 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 29.01.2025, 12:29 Uhr Lesedauer: 4 Minuten |
Am Tag seiner Amtseinführung am 20. Januar hat Donald Trump mit seiner harten Flüchtlingspolitik begonnen. Das Ziel des US-Präsidenten ist es, Menschen ohne Papiere abzuschieben, Grenzen dichtzumachen und Einwanderung und Asyl zu erschweren. Aus seiner Sicht verbreiten „illegale“ Menschen Gewalt und Verbrechen. Es muss sich zeigen, wie viele seiner Vorhaben der neue Präsident tatsächlich umsetzen kann.
Die größte Abschiebeaktion der Geschichte sei in vollem Gange, schrieb Trumps Pressesprecherin Karoline Leavitt kurz nach Amtseinführung auf der Plattform X. Leavitt publizierte Fotos von Männern, die zu einem Militärtransportflugzeug geführt wurden. Am Sonntag nahm die „Immigration and Customs Enforcement“-Einwanderungsbehörde ICE 956 Personen fest, teilte die Behörde auf X mit. Wie die „Washington Post“ berichtete, haben Verantwortliche der Regierung die Behörde ICE angewiesen, pro Tag 1.200 bis 1.500 Personen festzunehmen.
Laut Medienberichten führte die ICE am Sonntag und Montag in mehreren Städten Razzien durch, darunter in San Antonio und Austin in Texas, Miami, Chicago, Los Angeles und Denver. Fotos und Videos zeigten bewaffnete Beamte mit schusssicheren Westen. CNN berichtete, mancherorts seien Beamte angewiesen worden, angesichts des Medieninteresses entsprechende Kleidung zu tragen. In manchen Städten weigert sich die örtliche Polizei, an den Operationen teilzunehmen.
Trumps Sprecherin: Migranten ohne Papiere sind Kriminelle
Die Sprecherin des Weißen Hauses unter US-Präsident Donald Trump hat klargestellt, dass alle illegal eingereisten Migranten für die Regierung Kriminelle sind. „Wenn Sie als ausländischer Staatsangehöriger illegal in die Vereinigten Staaten einreisen, sind Sie per Definition ein Krimineller“, sagte Karoline Leavitt bei ihrer ersten Pressekonferenz im Weißen Haus. Das gelte auch für Menschen, die ihr Visum überziehen. Sie würden als „illegale Einwanderer“ gelten und müssten mit einer Abschiebung rechnen.
Ein Reporter hatte Klarstellung zur Zahl zu festgenommenen Migranten erfragt und gesagt, dass nach Informationen seines Mediums etwa die Hälfte der Menschen zwar keine Aufenthaltsgenehmigung besitzen, aber auch keine Straftaten begangen haben. Zudem erinnerte er daran, dass Trump und Vertreter der Regierung derzeit immer wieder sagen, man werde sich bei den geplanten Abschiebungen zuerst auf „die Schlimmsten“ – nämlich auf Gewalttäter – fokussieren. Leavitt machte nun aber deutlich, dass jeder Mensch ohne Aufenthaltspapiere die Abschiebung fürchten muss. „Sie haben illegal die Gesetze unseres Landes gebrochen und sind daher Kriminelle“, sagte Leavitt.
„Spürbarer Angst in der Community“
Für Aufsehen sorgte zuletzt die Konfrontation zwischen den USA und Kolumbien. Der Präsident des südamerikanischen Landes, Gustavo Petro, hatte am Sonntag zwei US-MiIlitärtransportmaschinen mit Abgeschobenen zurückgewiesen. Die Regierung von Donald Trump drohte mit Zöllen. Das Weiße Haus teilte später mit, dass Kolumbien nachgegeben hat. Die Ereignisse des Tages machten der Welt klar, „dass Amerika wieder respektiert wird“, erklärte Pressesprecherin Leavitt.
Der Direktor eines Hilfsverbandes in Houston in Texas, Cesar Espinoza, sprach in einem örtlichen Fernsehsender von „spürbarer Angst in der Community“. Es gebe auch viel Missinformation über Razzien. Binnen 24 Stunden habe sie Hunderte Telefonanrufe bekommen, erklärte Rechtsanwältin Mana Yegani in Houston.
Elf Millionen Menschen ohne Aufenthaltsgenehmigung
Geschätzte elf Millionen Menschen leben in den USA ohne Aufenthaltsgenehmigung. Auf Anweisung des Heimatschutzministeriums darf die Einwanderungsbehörde Menschen ohne Papiere künftig auch in Schulen und Kirchen festnehmen. Das schlage „Angst in das Herz unserer Community“, protestierte der römisch-katholische Bischof der texanischen Grenzstadt El Paso, Mark Seitz.
Trump will die Grenzen „versiegeln“. Die Auswirkungen sind bereits drastisch. Die Grenzschutzbehörde „Customs and Border Protection“ (CPB) hat die App der Regierung abgeschaltet, mit der Migranten und Asylsuchende im Ausland Termine mit Behörden vereinbaren konnten. Alle vereinbarten Termine seien gestrichen worden, teilte CPB mit. Tausende Migranten stecken ohne die „CBP One“-App in Mexiko fest. Trump kündigte in einem Dekret an, er wolle die Grenze mit Hilfe von Militär und Nationalgarde sichern und die Grenzmauer zu Mexiko weiter bauen.
Hilfsorganisationen entsetzt
Hilfsorganisationen zeigen sich entsetzt über Trumps Dekret, die Aufnahme von Asylsuchenden unter dem „U.S. Refugee Admissions Program“ zu suspendieren. Dieses Programm unterstützt ausgesuchte und überprüfte Flüchtlinge beim Resettlement. Verfolgte Menschen, die geduldig auf eine Chance gewartet haben, befänden sich nun „im Limbo“, also einem Zwischenraum zwischen Himmel und Hölle, sagte die Präsidentin der Organisation „Global Refuge“, Krish O’Mara Vignarajah.
Starken Gegenwind erfährt Trump beim Vorstoß, einen Verfassungszusatz zu kippen, demzufolge in den USA Geborene automatisch die Staatsbürgerschaft erhalten. Dieser 14. Verfassungszusatz wurde 1868 eingeführt. Alle Personen, „die in den Vereinigten Staaten geboren oder eingebürgert sind und ihrer Gesetzeshoheit unterstehen“, sind Bürger der Vereinigten Staaten, heißt es in dem Zusatz. In einem seiner ersten Dekrete hat Trump behauptet, der Zusatz gelte nicht, wenn die Eltern ohne gültige Papiere in den USA seien.
Trumps Dekret sei „eklatant verfassungswidrig“
Rund 20 Bundesstaaten haben gegen Trumps Dekret geklagt. Ein Bundesrichter im Staat Washington hat jüngst der Klage stattgegeben. Trumps Dekret sei „eklatant verfassungswidrig“. Trumps Regierung will Berufung einlegen. Bereits in seiner ersten Amtsperiode hatte Trump sich über „Geburtentourismus“ erregt, bei dem schwangere Frauen wegen der Staatsbürgerschaft in die USA kämen.
Donald Trump rechtfertigt seine Maßnahmen gegen Migranten mit der Falschbehauptung, diese kämen häufig aus „Gefängnissen und Irrenhäusern“. Studien widerlegen das. Migranten mit und ohne Papiere verübten weniger Straftaten als in den USA Geborene, fasste der Think Tank „American Immigration Council“ zusammen. (epd/dpa/mig) Ausland Panorama
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