Vertuschung?
Ermittlungen gegen Meloni nach Freilassung von gesuchtem Libyer
Ein international gesuchter Libyer wird in Italien verhaftet und dann nach Tripolis ausgeflogen. Das bringt nun Regierungschefin Meloni in Bedrängnis. Es steht ein Verdacht im Raum: Wollte man ein Prozess verhindern, der dunkle Machenschaften in der Flüchtlingspolitik zutage gebracht hätte?
Donnerstag, 30.01.2025, 14:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 30.01.2025, 14:22 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Gegen Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni sind wegen der Freilassung eines vom Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) gesuchten Libyers (wir berichteten) Ermittlungen eingeleitet worden. Dies teilte die Politikerin selbst in einer Videobotschaft in den sozialen Medien mit. Sie erklärte, gegen sie werde wegen mutmaßlicher Beihilfe zu einer Straftat und Begünstigung ermittelt.
Meloni erklärte in der Videobotschaft, einen sogenannten Ermittlungsbescheid von der Staatsanwaltschaft Rom erhalten zu haben. Die italienische Nachrichtenagentur Ansa zitierte die Richtervereinigung Associazione Nazionale Magistrati (ANM), es handele sich bei dem Schreiben um die Benachrichtigung über die Eintragung in das Register der Verdächtigen.
Osama Almasri Najeem, Chef der libyschen Kriminalpolizei, wurde vergangene Woche freigelassen, nachdem er wenige Tage zuvor aufgrund eines IStGH-Haftbefehls wegen des Vorwurfs der Kriegsverbrechen in Turin festgenommen worden war. Zeugenberichten zufolge soll er auch verantwortlich sein für massive Menschenrechtsverletzungen an Geflüchteten. Das Gericht in Den Haag erklärte, über die Freilassung nicht informiert worden zu sein, und forderte deswegen von Italien eine Erklärung.
Meloni-Regierung mit heftiger Kritik konfrontiert
Melonis Regierung steht seit der Freilassung des Libyers, der zugleich Leiter eines Gefangenenlagers in der libyschen Hauptstadt Tripolis ist, in der Kritik. Mehreren Medienberichten zufolge war Almasri Najeem mit einem italienischen Staatsflugzeug zurück in die libysche Hauptstadt Tripolis geflogen worden.
Der Mann war zunächst wegen eines „juristischen Formfehlers“ freigelassen worden, erklärte die Regierung. Die Polizei, die ihn festgenommen hatte, habe das Justizministerium in Rom nicht wie vorgeschrieben über die Inhaftierung informiert. Nachdem ein Gericht seine Inhaftierung nicht bestätigt hatte, erließ die Regierung wegen seiner „sozialen Gefährlichkeit“ seine Abschiebung.
Meloni fügte hinzu, die Staatsanwaltschaft ermittele auch gegen Justizminister Carlo Nordio und Innenminister Matteo Piantedosi. „Ich lasse mich nicht erpressen und ich lasse mich nicht einschüchtern“, erklärte Meloni in ihrer Videobotschaft. Dass gegen Meloni ermittelt wird, bedeutet nicht, dass zwangsläufig formelle Anklagen gegen sie und die Minister folgen werden.
Italien und Libyen eng verbunden
Italien und die Europäische Union unterhalten enge Beziehungen zu der Regierung Libyens. Immer wieder nimmt die Küstenwache des Landes Geflüchtete, die die Fahrt über das Mittelmeer nach Europa wagen, an Bord und bringt sie zurück nach Libyen, wo die Menschen inhaftiert werden. Menschenrechtler kritisieren menschenunwürdige Haftbedingungen sowie massive Gewalt. Rom beobachtet die Rückführung von Geflüchteten nach Libyen mit Wohlwollen. Durch das Handeln der libyschen Küstenwache werden viele Menschen an der Weiterfahrt und Ankunft an Italiens Küsten gehindert.
Nun steht der Verdacht im Raum, durch die Freilassung des per internationalem Haftbefehl gesuchten Libyers habe Italien eine gerichtliche Prüfung von möglichen Menschenrechtsverletzungen in libyschen Haftlagern verhindern wollen. Das hätte, so der Vorwurf, Italien und die Europäische Union in massive Erklärungsnot bringen können. (dpa/mig) Aktuell Ausland
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