Hilfsorganisation
Kampf gegen Schleuser trifft häufig Flüchtlinge
Der Kampf gegen Schleuser trifft oft die Geflüchteten selbst. Schuld daran ist eine ungenaue EU-Definition von Schleuserei. Die Hilfsorganisation medico kritisiert eine geplante weitere EU-Verschärfung. In Deutschland rückt derweil die Polizei mit Großaufgebot an.
Von Marlene Brey Donnerstag, 30.01.2025, 12:59 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 30.01.2025, 13:03 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Der Kampf der Europäischen Union gegen Schleuser-Netzwerke führt nach Ansicht der Migrationsexpertin Leonie Jantzer häufig zur Kriminalisierung von Menschen auf der Flucht. „Die EU behauptet, kriminelle Netzwerke ins Visier zu nehmen, doch in der Praxis werden Geflüchtete zu Kriminellen erklärt, weil sie etwa ein Flüchtlingsboot gesteuert haben, ohne daraus Profit zu schlagen“, sagte die Referentin für Migration und Flucht bei der Hilfsorganisation medico international dem „Evangelischen Pressedienst“.
Nach Jantzers Worten verzerren solche Festnahmen und Narrative das öffentliche Bild. „Es wird nicht klar zwischen kriminellen Netzwerken und Menschen unterschieden, die lediglich versuchen, ihr Recht auf Asyl wahrzunehmen.“ Den festgenommenen Geflüchteten drohten oftmals lange Haftstrafen und hohe Geldstrafen.
Die Referentin der in Frankfurt am Main ansässigen Organisation kritisierte die Definition von Schleuserei in der EU scharf. Die EU ziehe keine klare Linie zwischen Menschenhandel, der auf Ausbeutung und Gewalt basiere, und Schleuserei, die häufig mit der Not von Migranten verbunden sei. Dasselbe berichtet auch die medico-Partnerorganisation Maldusa, die auf der sizilianischen Insel Lampedusa Gewalt gegen Geflüchtete beobachtet und dokumentiert.
Medico kritisiert geplante Richtlinien-Verschärfung
Die EU arbeitet derzeit an einer Verschärfung der Richtlinie zur Bekämpfung der Beihilfe zur illegalen Einreise, um Menschen abzuschrecken. Hilfsorganisationen wie medico international betrachten diese Überarbeitung kritisch.
Um betroffenen Geflüchteten zu helfen, hat medico international gemeinsam mit dem Verein de:criminalize einen spendenbasierten „Fonds für Bewegungsfreiheit“ ins Leben gerufen. Dieser Fonds unterstützt Menschen, die aus Sicht der Organisationen zu Unrecht der Schleuserei beschuldigt werden. Die Gelder sollen für Rechtsberatungen sowie für grundlegende Bedürfnisse wie Hygieneartikel, Kleidung und Telefonkarten für Inhaftierte verwendet werden. Darüber hinaus plant die Hilfsorganisation, diese Fälle stärker ins öffentliche Bewusstsein zu rücken.
Razzia gegen Schleuserbande in fünf Bundesländern
Im Kampf gegen Schleuser geht es aber auch um die Zerschlagung von kriminellen Netzwerken, wie ein Fall aus Deutschland zeigt. Bei einer Groß-Razzia gegen eine Schleuserbande in mehreren Bundesländern hat die Polizei am Mittwoch fünf Männer festgenommen. Insgesamt rückten etwa 400 Einsatzkräfte der Polizei zu Durchsuchungen von 17 Objekten aus. Alle Festgenommenen sind den Angaben zufolge irakische Staatsbürger und zwischen 25 und 41 Jahre alt.
Es stehe der Verdacht im Raum, Strukturen für das gewerbs- und bandenmäßige Einschleusen von Ausländern aufgebaut zu haben – und das auf unmenschliche und erniedrigende Weise, wie es in einer Mitteilung hieß. Die Schleuser sollen die Menschen über mehrere Stunden auf verschlossenen Ladeflächen in Lastwagen und Kleintransportern eingepfercht haben – ohne Frischluft, ohne Sicherheitssysteme und ohne Versorgung. Die Verdächtigen sollen für eine Schleusung nach Deutschland pro Person 2.000 bis 3.000 Euro verlangt haben. Bundespolizei und Staatsanwaltschaft wiesen darauf hin, dass bis zu einer rechtmäßigen Verurteilung für die festgenommenen Männer die Unschuldsvermutung gilt. (epd/dpa/mig) Aktuell Panorama
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