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Kostendeckung & Abschreckung
Baden-Württemberg will Flüchtlingen Geld und Schmuck abnehmen
Im Südwesten sollen Geflüchtete bald Bargeld und Wertsachen abgeben müssen. Das Land will damit die Asylkosten decken und abschrecken. Ein Gesetz dazu gibt es bereits. Kritiker halten die Umsetzung für reine Schikane. Das Ministerium will aber noch viel mehr.
Dienstag, 11.02.2025, 12:03 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 11.02.2025, 12:06 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Asylbewerbern in Baden-Württemberg sollen künftig flächendeckend bei ihrer Ankunft Geld und Wertsachen wie Schmuck abgenommen werden, um einen Teil der Verfahrenskosten zu begleichen. Ein Vorhaben, das aus Sicht des baden-württembergischen Flüchtlingsrats zwar gesetzlich seit langer Zeit geregelt ist, in Teilen von den Asylsuchenden aber auch als reine Schikane gesehen werden kann.
„Viele fliehende Menschen haben bei ihrer Ankunft in Deutschland kaum mehr als ihre Kleidung am Leib“, sagte die Co-Geschäftsführerin des Flüchtlingsrates, Anja Bartel, der Deutschen Presse-Agentur. Würden sie systematisch durchsucht und nähme man ihnen persönliche Gegenstände ab, so könne das leicht als Akt der Willkür wahrgenommen werden. Das trage sicher nicht dazu bei, dass sich Menschen willkommen geheißen fühlten, sagte Bartel.
Kritik: Menschen kommen ohnehin Mittellos
Die Regelung ist im Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) aus den frühen 1990er Jahren und im Paragrafen 7 festgeschrieben: Demnach muss erst eigenes Vermögen und Einkommen aufgebraucht werden, bevor staatliche Leistungen greifen. Das ist vergleichbar mit der Bürgergeld-Regelung, wo der Leistungsbezug auch mit dem Vermögen verrechnet wird.
Bereits im Jahr 2016 seien Behörden aber reihenweise zu dem Schluss gekommen, dass ein Großteil der fliehenden Menschen ohnehin nicht über erwähnenswerte Mittel verfügten, die eingezogen werden könnten, sagte Bartel. „Die jüngsten Vorschläge aus dem Justizministerium sind ein weiteres Beispiel dafür, wie im aktuellen Kontext migrationspolitische Härte demonstriert werden soll – und zwar relativ losgelöst von den faktischen Rahmenbedingungen“, kritisierte sie. Sie stelle aber nicht infrage, dass ein eventuelles Vermögen berücksichtigt werden müsse, wenn Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz berücksichtigt würden muss.
Ministerium: Das wird die Zugangszahlen senken
Gentges und ihr Migrationsstaatssekretär Siegfried Lorek (CDU) hatten angekündigt, ankommende Asylbewerber in den Erstaufnahmezentren des Landes bei der Registrierung konsequent auf mitgebrachte Wertgegenstände wie Bargeld oder Schmuck zu überprüfen und entsprechende Wertgegenstände einzubehalten, um einen Teil der Asyl-Verfahrenskosten zu begleichen. Dabei gehe es etwa um Schmuck, sagte ein Ministeriumssprecher.
„Was wir bislang im Ankunftszentrum Heidelberg machen, werden wir auch in den Erstaufnahmeeinrichtungen der übrigen Regierungspräsidien praktizieren und diesen Ansatz im Land damit in die Fläche bringen“, sagte Gentges dem „Südkurier“. „Die Rahmenbedingungen werden wir zeitnah umsetzen.“ Laut Lorek durchsuchen die Dänen Asylbewerber und konfiszieren Bargeld, Schmuck und Wertgegenstände abzüglich eines kleinen Selbstbehalts. Einbehalten würden Werte im Bereich zwischen 200 und 5.000 Euro. Lorek zeigte sich überzeugt, wenn sich das auch in Deutschland herumspreche, würden die Zugangszahlen sinken.
Gentges will Debatte zu Klagemöglichkeiten für Asylbewerber
Mit Blick auf das dänische Vorgehen in der Asylpolitik will Gentges auch darüber diskutieren, ob der Rechtsweg bei einem abgelehnten Bescheid verkürzt werden kann. „Wir brauchen den Rechtsstaat und bekennen uns zu ihm, aber wir brauchen keinen ausufernden Rechtswegestaat“, sagte die CDU-Politikerin der „Stuttgarter Zeitung“ und „Stuttgarter Nachrichten“ bei einem Besuch in Kopenhagen.
Hintergrund ist, dass Asylsuchende in Deutschland mehrere Möglichkeiten haben, gegen abgelehnte Asylanträge und schließlich auch gegen eine Abschiebung vorzugehen. Die Gerichtsverfahren ziehen sich teils lange hin und über mehrere Instanzen. In vielen Fällen lohnt sich der Rechtsweg für die Schutzsuchenden, weil Gerichte ablehnende Asylbescheid einkassieren. In Dänemark ist dem Bericht zufolge nur ein Widerspruch gegen einen abgelehnten Asylantrag möglich. Dieser werde von einer Behörde, und nicht von den ordentlichen Gerichten verhandelt.
In Dänemark gebe es zudem bis zu 3.500 Euro, wenn abgelehnte Asylbewerber auf einen Widerspruch verzichten. Insofern sollte man laut Gentges auch hierzulande darüber sprechen, für freiwillige Ausreisen mehr zu zahlen. Solche Maßnahmen müssten allerdings vom Bund beschlossen werden. (dpa/mig) Leitartikel Panorama
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