Malcolm X, USA, Rassismus, Diskriminierung, Geschichte
Malcolm X © de.depositphotos.com

Schwarze Revolution

Vor 60 Jahren wurde Malcolm X ermordet

Malcolm X war ein muslimischer Aktivist, der von einer schwarzen Revolution in den USA sprach. Vor 100 Jahren wurde er geboren, vor 60 Jahren erschossen. Die Hintergründe des Mordes werfen noch immer Fragen auf.

Von Donnerstag, 20.02.2025, 12:02 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 20.02.2025, 12:04 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

Erst kamen Todesdrohungen, dann geschah der Mord. Der radikale US-Bürgerrechtler Malcolm X, intensiv überwacht von FBI und Polizei, wurde vor 60 Jahren erschossen. Er starb am 21. Februar 1965, als er sich in New York auf eine Rede vorbereitete.

Der 39-Jährige, der sich zu dem Zeitpunkt El-Hajj Malik El-Shabazz nannte, wollte an diesem Tag über seine neue „Organisation für Afro-Amerikanische Einheit“ sprechen. Es ging darum, Schwarze zusammenzubringen, um politische Macht zu erlangen und gegen Ausbeutung zu kämpfen. Rassismus wollte er als Menschenrechtsverstoß bei den Vereinten Nationen anprangern.

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Der erste Schuss auf ihn kam aus einer abgesägten Schrotflinte, weitere Schüsse aus Pistolen. Drei Männer aus dem Umfeld der religiös-politischen „Nation of Islam“ wurden wegen des Mordes zu langen Haftstrafen verurteilt. Die Organisation betrachtete Malcolm X als Verräter. Er war einer ihrer wichtigsten Wortführer gewesen, bevor er 1964 mit ihr brach.

2021 entschuldigte sich der Staatsanwalt von New York City bei zwei der Verurteilten: Es sei ein Fehlurteil gewesen. Der dritte, Mujahid Abdul Halim, ein früheres Mitglied der „Nation“, hatte sich schuldig bekannt.

Schwerwiegende Vorwürfe gegen das US-Sicherheitsapparat

Vor wenigen Monaten, im November 2024, reichten dann Malcolm Xs Töchter Ilyasah Shabazz, Gamilah-Lumumba Shabazz und Malaak Shabazz eine Klageschrift mit schwerwiegenden Vorwürfen ein: Die Ermittlungsbehörde FBI, der Geheimdienst CIA und die Polizei von New York City hätten von den Mordplänen gewusst oder seien sogar daran beteiligt gewesen.

Malcolm X war mehr als ein Jahrzehnt lang beschattet worden. Zwischen den Mördern und den Behörden habe es über Jahre hinweg eine „korrupte, gesetzwidrige und verfassungswidrige“ Beziehung gegeben, heißt es in der Klageschrift. Die Polizei habe ein paar Tage vor dem Attentat zwei von Malcolms Personenschützern unter einem Vorwand festgenommen. 1964 befahl FBI-Direktor J. Edgar Hoover dem FBI-Büro in New York City: „Tut etwas zu Malcolm X.“

2025 ist auch das Jahr seines 100. Geburtstages: Er kam am 19. Mai 1925 als Malcolm Little in Nebraska zur Welt. Nach seinem Tod wurde er zu einer Ikone der „Black Power“-Bewegung, die für schwarzes Selbstbewusstsein stand. Hip-Hop-Gruppen feierten ihn, 1992 kam Spike Lees dreistündiger Kinofilm „X“ mit Denzel Washington als Hauptdarsteller heraus, 2020 die Netflix-Serie „Wer hat Malcolm X umgebracht?“.

Charismatischer Meister einprägsamer Worte

Der Mord geschah in einer Zeit des Aufruhrs. Präsident John F. Kennedy wurde 1963 ermordet, Malcolm X reagierte hämisch. Martin Luther King hielt im selben Jahr seine „I have a Dream“-Rede. Die damaligen Erfolge der Bürgerrechtsbewegung gelten heute als Triumph der Gewaltlosigkeit. Damals hatten jedoch viele junge Menschen Zweifel an der Strategie. Malcolm X urteilte, Kings „Marsch auf Washington“ sei ein „Zirkus“ gewesen ohne radikale Elemente.

Er war nach einer harten Kindheit und dem frühen Tod des Vaters mehrere Jahre wegen Kleinkriminalität im Gefängnis gewesen, bevor er zum Islam konvertierte und Sprecher der „Nation of Islam“ wurde. Die Organisation predigte „rechtschaffenes Leben“ – und die Lehre, Schwarze und Weiße seien getrennt erschaffen worden, Schwarze müssten sich von Weißen abgrenzen. Malcolm X war ein charismatischer Meister der einprägsamen Worte. Er sprach von einer schwarzen Revolution: „by any means necessary“, mit allen notwendigen Mitteln, müsse man kämpfen.

Im März 1964, rund ein Jahr vor seiner Ermordung, hat Malcolm X die „Nation of Islam“ verlassen und Kritik an Nation-Anführer Elijah Muhammad laut gemacht. Dieser habe zahlreiche Affären gehabt, sagte er in einem Fernsehinterview, acht Kinder von sechs jungen Frauen. Diese Beschuldigung war gefährlich. Die „Nation“ werde ihn umbringen, sagte Malcolm X selbst einmal. „Sie können es sich nicht leisten, mich leben zu lassen. Ich weiß, wo die Leichen begraben sind.“

Brüderlichkeit unter „Menschen aller Hautfarben“

Malcolm X begab sich danach auf eine Pilgerreise nach Mekka, das habe ihn zum Umdenken gezwungen, schrieb er in einem Brief. Er habe „den überwältigenden Geist wahrer Brüderlichkeit“ unter „Menschen aller Hautfarben und Rassen“ erlebt. In Afrika wurde er von mehreren Staatschefs empfangen.

Mit dem späteren Friedensnobelpreisträger Martin Luther King, dem Protagonisten der gewaltfreien US-Bürgerrechtler, ist er nur einmal zusammengetroffen. Ein Foto vom März 1964 zeigt die beiden, anscheinend freundlich, doch auf Distanz. Im Sommer 1963 hatte Malcolm X einen Brief an King geschrieben, aus dem später die „Washington Post“ zitierte: In der „Rassenkrise“ drohe eine „unkontrollierbare Explosion“. Eine vereinte Front aller Schwarzen Gruppen und Führer müsse zusammenkommen.

King bedauerte den Mord als „große Tragödie“. Er sei zu einer Zeit geschehen, in der Malcolm X sich zu einem „besseren Verständnis der gewaltfreien Bewegung und größerer Toleranz für Weiße“ hinbewegt habe, zitierte ihn Autor David Garrow in seinem Buch „Bearing the Cross“. Im Jahr 1968 wurde auch Martin Luther King ermordet. (epd/mig) Aktuell Feuilleton

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