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Kaum Vielfalt

Migranten und Muslime in Rundfunkräten massiv unterrepräsentiert

Menschen mit Migrationsgeschichte und Muslime sind in den Rundfunkräten massiv unterrepräsentiert – während Juden, politische Parteien und sogar Bauern massiv überrepräsentiert sind. Eine Studie deckt die Schieflage auf.

Sonntag, 02.03.2025, 11:03 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 03.03.2025, 5:46 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Menschen mit Migrationsgeschichte und religiöse Minderheiten sind in den Rundfunkräten der öffentlich-rechtlichen Sender massiv unterrepräsentiert. Das geht aus einer neuen Studie der gewerkschaftsnahen Otto-Brenner-Stiftung hervor. Danach sind Vertreter, die die Interessen von Migranten repräsentieren, mittlerweile zwar in fast allen Gremien vertreten, sie machen allerdings lediglich 2,5 Prozent der Sitze aus. Zum Vergleich: Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung beträgt fast 30 Prozent.

Auch bei der Repräsentation religiöser Gemeinschaften zeigt sich ein ähnliches Ungleichgewicht. Zwar wurde die Vertretung jenseits der christlichen Kirchen in den letzten Jahren ausgebaut – so sind mittlerweile auch muslimische und alevitische Organisationen vertreten. Doch von zwölf Rundfunkanstalten haben bislang acht keine Vertreter von Muslimen in ihren Aufsichtsgremien, obwohl der Islam mit rund 5,5 Millionen Gläubigen etwa 6,5 Prozent der Bevölkerung ausmacht. In den Rundfunkt-Gremien sind mit gerade einmal 0,9 Prozent vertreten. Ein ganz anderes Bild zeigt sich bei Juden. Sie sind mit insgesamt 15 Vertretern, gemessen an ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung mit unter 0,3 Prozent, in den Gremien mit 2,3 Prozent deutlich überrepräsentiert.

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Um das Ungleichgewicht in den Gremien deutlich zu machen, führen die Studienautoren folgende Beispiele aus: Bauern machen lediglich 1 Prozent der Bevölkerung aus, in Rundfunkräten sind sie aber genauso zahlreich vertreten wie Menschen mit Migrationsgeschichte, die fast jeden Dritten der Gesamtbevölkerung stellen; Kirchen bringen es in einem einzelnen Rundfunkrat auf mehr Vertreter als Muslime in allen Gremien zusammen; sogar die Berufsgruppe der Jäger übt zahlenmäßig mehr Einfluss auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk aus als Repräsentanten der nationalen Minderheit der Romnja und Sintizze.

Politische Parteien unterlaufen Vorgaben des Verfassungsgerichts

Übermäßiger Einfluss in Rundfunk- und Verwaltungsräten haben der Studie zufolge auch politische Parteien. Mehr noch: Sie unterlaufen sogar Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts durch die Entsendung ehemaliger Minister in die Gremien. Die Verfassungsrichter hatten entschieden, dass höchstens ein Drittel der Mitglieder der Aufsichtsgremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks staatlich oder staatsnah sein dürfen. Entgegen dieser Vorgabe liege der Anteil der Parteimitglieder deutlich darüber. Insgesamt kommt die Studie zu dem Fazit, dass der reale Einfluss politischer Parteien weit über die unmittelbare Repräsentanz hinausgeht.

Angesichts dieser Ergebnisse bleibt eine zentrale Frage offen: Wie kann der öffentlich-rechtliche Rundfunk, der Vielfalt und gesellschaftliche Breite abbilden soll, glaubwürdig sein, wenn er in seinen Gremien kaum die Stimmen von Migrant:innen und religiösen Minderheiten zulässt – während parteipolitische Interessen offenbar problemlos Übergewicht bekommen? Leitartikel Panorama

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