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Kongolesische Familien auf der Flucht wegen Kämpfen im Osten der DR Kongo © Luis Tato/AFP

Vom Partner zur Fluchtursache

Bundesregierung schränkt Zusammenarbeit mit Ruanda ein

Großbritanniens umstrittenes Asyl-Abkommen mit Ruanda war ein teures Fiasko. Dennoch weckte es Begehrlichkeiten - auch in Deutschland. Nun zeigt sich: Das Land, das Geflüchtete aufnehmen sollte, ist selbst Fluchtursache. Die Bundesregierung reagiert.

Donnerstag, 06.03.2025, 10:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 06.03.2025, 8:42 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Ruanda machte in den letzten Jahren vor allem Schlagzeilen als möglicher Partner europäischer Länder in Asylfragen. Die britische Regierung etwa schloss mit dem afrikanischen Land ein Asylpakt. Schutzsuchende sollten nach Ruanda geflogen werden, wo über ihr Asylantrag entschieden wird. Eine Option auf Rückkehr nach Großbritannien war auch im Falle einer positiven Asylentscheidung nicht vorgesehen. London zahlte Ruanda insgesamt 700 Millionen Pfund Steuergelder. Ruanda wiederum versprach faire Asylverfahren und Einhaltung von Menschenrechten.

Dennoch scheiterte das international höchst umstrittene und von Menschenrechtlern massiv kritisierte Vorhaben vor britischen und europäischen Gerichten. Auch der Versuch der britischen Regierung, Ruanda als „sicheres Land“ einzustufen, schlug fehl. Die neue britische Regierung beerdigte das Projekt, ohne dass je ein Flieger Richtung Ruanda abhob.

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CDU- und FDP-Politiker forderten Ruanda-Modell für Deutschland

Sogleich meldeten sich Unionspolitiker zu Wort und forderten die Bundesregierung auf, die in Ruanda freigewordenen Kapazitäten für Deutschland zu nutzen. Die ruandische Regierung halte an der Zusammenarbeit mit Europäern fest, und in Ruanda stünden „jetzt umso mehr Kapazitäten für uns bereit“, sagte CDU-Politiker Alexander Throm, im Juli 2024. „Wir sollten an dem Projekt festhalten und die Vorarbeit unserer britischen Partner nutzen“, ergänzte er.

Zuvor hatte auch CDU-Politiker Jens Spahn sowie FDP-Politiker für ein Abkommen Deutschlands mit Ruanda geworben. Warnungen der Vereinten Nationen, Ruanda könne zu einem globalen Präzedenzfall und zu einem Dammbruch für das international verbriefte Recht auf Asyl werden, wurden lange ignoriert.

Bundesregierung schränkt Zusammenarbeit mit Ruanda ein

Nun zeigt, sich, wie falsch ein Asyl-Pakt mit Ruanda gewesen wäre. Wie die Bundesregierung am Dienstag mitteilte, wurde die entwicklungspolitische Zusammenarbeit mit dem ostafrikanischen Land eingeschränkt. Neue finanzielle Verpflichtungen würden ausgesetzt, teilte das Bundesentwicklungsministerium mit. Auch die bestehende entwicklungspolitische Zusammenarbeit soll den Angaben zufolge überprüft werden.

Ruanda wird vorgeworfen, die M23-Miliz bei ihrem Vormarsch im Osten der Demokratischen Republik Kongo zu unterstützen – UN bestätigte Ruandas Rolle. Der Miliz werden massive Menschenrechtsverstöße vorgeworfen. Seit Januar sind die M23-Rebellen im Ostkongo auf dem Vormarsch und haben unter anderem die Provinzhauptstädte Goma und Bukavu unter ihre Kontrolle gebracht. Seit Jahren kämpfen Rebellen und Armee in dem Gebiet um die Macht und die Kontrolle der reichen Bodenschätze.

Tausende Tote, 80.000 Geflüchtete

Die Kämpfe haben seit Jahresbeginn Tausenden Menschen das Leben gekostet. Nahezu 80.000 Menschen sind in Nachbarländer geflüchtet, laut dem Hilfswerk UNHCR sind es Hunderttausende. Allein in Burundi hätten 61.000 Menschen aus dem Kongo Zuflucht gesucht. Die Mehrheit der Flüchtlinge seien Frauen und Kinder. Viele Menschen litten unter sexueller Gewalt, Plünderungen und Zerstörungen. Die Region sei Schauplatz einer der schlimmsten humanitären Krisen der Welt.

Damit dürfte ein trauriges und scheinheiliges Kapitel europäischer und deutscher Migrationspolitik ein Ende gefunden haben – und ironischer könnte es kaum sein: Ein Land, Ruanda, das als sicherer Hafen für Geflüchtete verkauft wurde, ist nun selbst Fluchtursache. Es trägt maßgeblich dazu bei, dass Menschenrechte massiv verletzt und Menschen getötet und zur Flucht gezwungen werden. (epd/mig) Aktuell Panorama

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