
Abschiebung & Integration
Verhandlungsexpertise beschleunigt Entscheidungsprozess
Politik will Menschen ohne Bleibeperspektive abschieben, die Wirtschaft beklagt Arbeitskräftemangel. Diese gegenseitigen Interessen gehören auf den Verhandlungstisch – und bedürfen einer kritischen Selbstreflexion aller Beteiligten.
Mittwoch, 19.03.2025, 0:54 Uhr|zuletzt aktualisiert: Freitag, 21.03.2025, 12:07 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
In den überfüllten Fluren deutscher Ausländerbehörden herrscht Hochbetrieb. Während draußen politische Stimmen immer lauter nach schnelleren Abschiebungen rufen, suchen Unternehmer verzweifelt nach Fachkräften. Deutschland steckt in einem Dilemma: Einerseits sollen ausreisepflichtige Personen das Land verlassen, andererseits fehlen überall Arbeitskräfte. In diesem Spannungsfeld werden Entscheidungen oft zu langsam getroffen – mit erheblichen Kosten für alle Beteiligten.
Das Paradoxon: Abschiebedruck versus Fachkräftemangel
Die politische Debatte in Deutschland hat sich verschärft. Konservative Kräfte fordern konsequentere Rückführungen, während Wirtschaftsvertreter vor den Folgen eines rigiden Vorgehens warnen. Experten warnen: Deutschland könne es sich nicht leisten, potenzielle Arbeitskräfte zu verlieren, während gleichzeitig 1,7 Millionen Stellen unbesetzt bleiben.
Diese Pattsituation führt zu langwierigen Verfahren, in denen weder schnell abgeschoben noch zügig integriert wird. Stattdessen verharren Menschen oft jahrelang in der Schwebe – ein Zustand, der niemandem nützt.
Verhandlung als Schlüsselkompetenz im migrationspolitischen Dickicht
Der Kern des Problems liegt in festgefahrenen Positionen und mangelnder Kommunikation zwischen den beteiligten Akteuren. Hier setzt moderne Verhandlungsexpertise an. Bei komplexen gesellschaftlichen Herausforderungen brauche es mehr als nur politische Entscheidungen – es brauche strukturierte Verhandlungsprozesse zwischen allen Stakeholdern, mahnen Verhandlungsexperten an.
Professionelle Verhandlungsführung könnte den Durchbruch bringen. Experten von The Gap Partnership, einem führenden Beratungsunternehmen für Verhandlungsstrategien, können bei verhärteten Fronten den Durchbruch erzielen. Der Ansatz: Interessen statt Positionen in den Mittelpunkt stellen und gemeinsame Lösungsräume identifizieren.
Von der Theorie zur Praxis: Beschleunigte Entscheidungsprozesse
Wie könnte das konkret aussehen? Zunächst müssten alle relevanten Akteure an einen Tisch gebracht werden: Staatliche Vertreter, Arbeitgeberverbände, Gewerkschaften, Flüchtlingsorganisationen und natürlich Betroffene selbst in Form von Vertretungen. In moderierten Verhandlungsrunden könnten dann die tatsächlichen Interessen hinter den verhärteten Positionen herausgearbeitet werden.
In solchen Runden, konstatieren Experten, werde oft festgestellt, dass die eigentlichen Ziele der verschiedenen Parteien gar nicht so weit auseinanderliegen, wie es zunächst scheint. Wenn die Wirtschaft qualifizierte Arbeitskräfte sucht und die Politik geordnete Verfahren will, ließen sich diese Interessen durchaus vereinbaren.
Ein konkreter Ansatz könnte die Einrichtung beschleunigter Entscheidungskorridore sein: Ausreisepflichtige Personen, die bestimmte Kriterien erfüllen – etwa eine Arbeitsplatzzusage in einem Mangelberuf vorweisen können – erhielten die Möglichkeit, in ein vereinfachtes Arbeitsvisumsverfahren zu wechseln. Gleichzeitig würden die Verfahren für Personen ohne Bleibeperspektive beschleunigt.
Digitalisierung und klare Prozesse als Verhandlungsergebnis
Eine Kernfrage in solchen Verhandlungsprozessen wäre die Digitalisierung und Vereinfachung der Verwaltungsabläufe. In Verhandlungstrainings sehen man immer wieder, dass komplexe Probleme oft durch übermäßige Bürokratie verschärft werden, berichten Experten. Hier müssten alle Beteiligten bereit sein, ihre eigenen Prozesse kritisch zu hinterfragen.
Konkrete Ergebnisse einer erfolgreichen Verhandlung könnten sein:
- Digitale Fallakten, auf die alle beteiligten Behörden zugreifen können
- Verbindliche Bearbeitungsfristen für jeden Verfahrensschritt
- Klare Kriterienkataloge für verschiedene Entscheidungswege
- Gemeinsame Task-Forces aus Behörden und Wirtschaftsvertretern
Langfristige Vorteile strukturierter Verhandlungslösungen
Der größte Vorteil eines solchen Ansatzes wäre die Planbarkeit für alle Beteiligten. Unternehmen wüssten schneller, ob sie mit bestimmten Arbeitskräften planen können. Behörden könnten ihre Ressourcen gezielter einsetzen. Und nicht zuletzt hätten betroffene Menschen schneller Klarheit über ihre Zukunft.
Das Schlimmste in Verhandlungssituationen ist oft die Ungewissheit. Wenn man es schafft, durch professionelle Verhandlungsführung die Entscheidungsprozesse zu beschleunigen, profitieren letztlich alle Seiten.
Der Weg aus der migrationspolitischen Sackgasse führt insofern über den Verhandlungstisch. Es wird Zeit, dass Deutschland diesen Weg beschreitet – mit dem Willen aller Beteiligten, über ideologische Gräben hinweg praktikable Lösungen zu finden. (bg) Panorama
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