
Engagement „im Keim erstickt“
Organisationen fordern mehr Geld für Projekte gegen rechts
Die liberale Demokratie steht unter Druck. Zivilgesellschaftliche Organisationen fordern deshalb eine Verdopplung der Mittel für das Bundesprogramm „Demokratie leben!“. Die Union warnen sie vor einer weiteren Diskursverschiebung.
Donnerstag, 20.03.2025, 10:40 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 20.03.2025, 10:40 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Angesicht des steigenden Drucks auf zivilgesellschaftliche Akteure fordern mehrere Organisationen eine Verdopplung der Mittel für das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ auf mindestens 364 Millionen Euro. Derzeit umfasst das Programm rund 180 Millionen Euro. Zudem müssten die künftigen Koalitionäre aus Union und SPD die Demokratieförderung des Bundes dauerhaft in Gesetzesform verankern, heißt in einem am Mittwoch in Berlin vorgestellten Papier „Fünf Forderungen für eine starke Zivilgesellschaft“.
Autoren sind neben der Kampagnenplattform Campact und der Berliner Amadeu Antonio Stiftung, die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) und die Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“. Immer wieder sei in den vergangenen Wochen die Zivilgesellschaft öffentlichkeitswirksam angegriffen, bedroht und der Versuch unternommen worden, ihre Bedeutung für eine funktionierende Demokratie infrage zu stellen, kritisieren die Organisationen: „Nicht nur von der rechtsextremen AfD, sondern auch von Friedrich Merz und seiner Fraktion.“
Demokratisches Engagement „im Keim erstickt“
Plädiert wird auch für längerfristige Förderperioden von fünf bis zehn Jahren. Derzeit müssten Demokratie-Projekte teils im Ein-Jahres-Turnus neu beantragt werden. „Das schafft Verunsicherung und behindert die Planung von wichtigen, langfristig angelegten Projekten“, sagte Campact-Vorstand Felix Kolb.
Weiterhin müsse rechtlich klargestellt werden, dass sich gemeinnützige Organisationen auch außerhalb ihrer Satzungszwecke zu tagespolitischen Themen äußern können. Rechtsextreme Akteure wie die AfD nutzten die aktuellen Rechtsunsicherheiten, um Organisationen den Gemeinnützigkeitsstatus zu entziehen. Viele Organisationen gingen deshalb in die Selbstzensur, um Risiken zu vermeiden. So werde wichtiges demokratisches Engagement „im Keim erstickt“.
Stiftung beklagt Misstrauenserklärung der Union „ohne Substanz“
Die Kommunikationsleiterin in der Gesellschaft für Freiheitsrechte, Maria Scharlau, betonte, ein besonders von rechten Akteuren gestreutes Neutralitätsgebot gelte in erster Linie nur für die Verwaltung, nicht für zivilgesellschaftliche Organisationen. „Die Debatte darum ist bereits eine Diskursverschiebung“, warnte die Juristin.
Der geschäftsführende Vorstand der Amadeu Antonio Stiftung, Timo Reinfrank, betonte, „wir sind auch die Zivilgesellschaft der Union“. Den 551 Fragen-Katalog der CDU/CSU-Bundestagsfraktion an die Bundesregierung nannte er eine „Misstrauenserklärung ohne Substanz“. Hier sollte die Union ein Zeichen setzen, dass sie das mittlerweile verstanden habe.
Desinformationen in sozialen Medien größte Herausforderung
Reinfrank nannte die in- und ausländischen Desinformationen in den sozialen Medien die aktuell größte Herausforderung für die liberale Demokratie. Die künftigen Koalitionäre müssten deshalb ein mit fünf Millionen Euro ausgestattetes Programm zur Förderung von Informations- und Medienkompetenz schaffen.
Ferner müsse ein Soforthilfefonds von acht Millionen Euro für Opfer von rechtsextremer Gewalt und Hasskriminalität eingerichtet werden. Menschen, die sich für die Demokratie einsetzen, gerieten zunehmend ins Visier rechtsextremer Akteure. „Sie wirksam zu unterstützen, ist Aufgabe der Bundesregierung“, sagte Reinfrank. (epd/mig) Aktuell Gesellschaft
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